Johann Shiller
Wallensteins Lager
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Erster Jäger. Ei, wer wird nach dem andern fragen! Erster Kürassier. Und weil sich's nun einmal so gemacht, Daß das Glück dem Soldaten lacht, Laßt's uns mit beiden Händen fassen, Lang werden sie's uns nicht so treiben lassen. Der Friede wird kommen über Nacht, Der dem Wesen ein Ende macht; Der Soldat zäumt ab, der Bauer spannt ein, Eh' man's denkt, wird's wieder das alte sein. Jetzt sind wir noch beisammen im Land, Wir haben's Heft noch in der Hand; Lassen wir uns auseinandersprengen, Werden sie uns den Brotkorb höher hängen. Erster Jäger. Nein, das darf nimmermehr geschehn! Kommt, laßt uns alle für einen stehn. Zweiter Jäger. Ja, laßt uns Abrede nehmen, hört! Erster Arkebusier (ein ledernes Beutelchen ziehend, zur Marketenderin). Gevatterin, was hab ich verzehrt? Marketenderin. Ach! es ist nicht der Rede wert! (Sie rechnen.) Trompeter. Ihr tut wohl, daß ihr weitergeht, Verderbt uns doch nur die Sozietät. (Arkebusier gehen ab.) Erster Kürassier. Schad um die Leut'! Sind sonst wackre Brüder. Erster Jäger. Aber das denkt wie ein Seifensieder. Zweiter Jäger. Jetzt sind wir unter uns, laßt hören, Wie wir den neuen Anschlag stören. Trompeter. Was? wir gehen eben nicht hin. Erster Kürassier. Nichts, ihr Herrn, gegen die Disziplin! Jeder geht jetzt zu seinem Korps, Trägt's den Kameraden vernünftig vor, Daß sie's begreifen und einsehn lernen . Wir dürfen uns nicht so weit entfernen . Für meine Wallonen sag ich gut. So, wie ich, jeder denken tut. Wachtmeister. Terschkas Regimenter zu Roß und Fuß Stimmen alle in diesen Schluß. Zweiter Kürassier (stellt sich zum ersten). Der Lombard' sich nicht vom Wallonen trennt. Erster Jäger. Freiheit ist Jägers Element. Zweiter Jäger. Freiheit ist bei der Macht allein: Ich leb und sterb bei dem Wallenstein. Erster Scharfschütz. Der Lothringer geht mit der großen Flut, Wo der leichte Sinn ist und lustiger Mut. Dragoner. Der Irländer folgt des Glückes Stern. Zweiter Scharfschütz. Der Tiroler dient nur dem Landesherrn. Erster Kürassier. Also laßt jedes Regiment Ein Pro memoria reinlich schreiben: Daß wir zusammen wollen bleiben, Daß uns keine Gewalt noch List Von dem Friedländer weg soll treiben, Der ein Soldatenvater ist. Das reicht man in tiefer Devotion Dem Piccolomini--ich meine den Sohn-- Der versteht sich auf solche Sachen, Kann bei dem Friedländer alles machen, Hat auch einen großen Stein im Brett Bei des Kaisers und Königs Majestät. Zweiter Jäger. Kommt! Dabei bleibt's! Schlagt alle ein! Piccolomini soll unser Sprecher sein. Trompeter, Dragoner, Erster Jäger, Zweiter Kürassier, Scharfschützen (zugleich) Piccolomini soll unser Sprecher sein. (Wollen fort.) Wachtmeister. Erst noch ein Gläschen, Kameraden! (Trinkt.) Des Piccolomini hohe Gnaden! Marketenderin (bringt eine Flasche). Das kommt nicht aufs Kerbholz. Ich geb es gern. Gute Verrichtung, meine Herrn! Kürassiere. Der Wehrstand soll leben! Beide Jäger. Der Nährstand soll geben! Dragoner und Scharfschützen. Die Armee soll florieren! Trompeter und Wachtmeister. Und der Friedländer soll sie regieren. Zweiter Kürassier (singt). Wohl auf, Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd! Ins Feld, in die Freiheit gezogen! Im Felde, da ist der Mann noch was wert, Da wird das Herz noch gewogen. Da tritt kein anderer für ihn ein, Auf sich selber steht er da ganz allein. (Die Soldaten aus dem Hintergrund haben sich während des Gesangs herbeigezogen und machen den Chor.) Chor. Da tritt kein anderer für ihn ein, Auf sich selber steht er da ganz allein. Dragoner. Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist, Man sieht nur Herren und Knechte, Die Falschheit herrschet, die Hinterlist Bei dem feigen Menschengeschlechte. Der dem Tod ins Angesicht schauen kann, Der Soldat allein ist der freie Mann. Chor. Der dem Tod ins Angesicht schauen kann, Der Soldat allein ist der freie Mann. Erster Jäger. Des Lebens Ängsten, er wirft sie weg, Hat nicht mehr zu fürchten, zu sorgen, Er reitet dem Schicksal entgegen keck, Trifft's heute nicht, trifft es doch morgen. Und trifft es morgen, so lasset uns heut Noch schlürfen die Neige der köstlichen Zeit. Chor. Und trifft es morgen, so lasset uns heut Noch schlürfen die Neige der köstlichen Zeit. (Die Gläser sind aufs neue gefüllt worden, sie stoßen an und trinken.) Wachtmeister. Von dem Himmel fällt ihm sein lustig Los, Braucht's nicht mit Müh' zu erstreben, Der Fröner, der sucht in der Erde Schoß, Da meint er den Schatz zu erheben. Er gräbt und schaufelt, solang er lebt, Und gräbt, bis er endlich sein Grab sich gräbt. Chor. Er gräbt und schaufelt, solang er lebt, Und gräbt, bis er endlich sein Grab sich gräbt. Erster Jäger. Der Reiter und sein geschwindes Roß, Sie sind gefürchtete Gäste, Es flimmern die Lampen im Hochzeitschloß, Ungeladen kommt er zum Feste. Er wirbt nicht lange, er zeiget nicht Gold, Im Sturm erringt er den Minnesold. Chor. Er wirbt nicht lange, er zeiget nicht Gold, Im Sturm erringt er den Minnesold. Zweiter Kürassier. Warum weint die Dirn' und zergrämet sich schier? Laß fahren dahin, laß fahren! Er hat auf Erden kein bleibend Quartier, Kann treue Lieb' nicht bewahren. Das rasche Schicksal, es treibt ihn fort, Seine Ruhe läßt er an keinem Ort. Chor. Das rasche Schicksal, es treibt ihn fort, Seine Ruhe läßt er an keinem Ort. Erster Jäger (faßt die zwei Nächsten an der Hand, die übrigen ahmen es nach; alle, welche gesprochen, bilden einen großen Halbkreis) Drum frisch, Kameraden, den Rappen gezäumt, Die Brust im Gefechte gelüftet! Die Jugend brauset, das Leben schäumt, Frisch auf! eh' der Geist noch verdüftet. Und setzet ihr nicht das Leben ein, Nie wird euch das Leben gewonnen sein. Chor. Und setzet ihr nicht das Leben ein, Nie wird euch das Leben gewonnen sein. (Der Vorhang fällt, ehe der Chor ganz ausgesungen.)
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