Johann Shiller

Die Piccolomini
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Die Piccolomini

Friedrich Schiller

In Fünf Aufzügen

Personen

Wallenstein, Herzog zu Friedland, kaiserlicher Generalissimus
im Dreißigjährigen Kriege
Octavio Piccolomini, Generalleutnant
Max Piccolomini, sein Sohn, Oberst bei einem Kürassierregiment
Graf Terzky, Wallensteins Schwager,Chef mehrerer Regimenter
Illo Feldmarschall, Wallensteins Vertrauter
Isolani, General der Kroaten
Buttler, Chef eines Dragonerregiments
Tiefenbach, Chef eines Dragonerregiments
Don Maradas, General unter Wallenstein
Götz, General unter Wallenstein
Colalto, General unter Wallenstein
Rittmeister Neumann, Terzkys Adjutant
Kriegsrat von Questenberg vom Kaiser gesendet
Baptista Seni, Astrolog
Herzogin von Friedland, Wallensteins Gemahlin
Thekla, Prinzessin von Friedland, ihre Tochter
Gräfin Terzky, der Herzogin Schwester
Ein Kornet
Kellermeister des Grafen Terzky
Ein Kornet
Friedländische Pagen und Bediente und Hoboisten
Mehrere Obersten und Generale




Erster Aufzug

Ein alter gotischer Saal auf dem Rathause zu Pilsen, mit Fahnen
und anderm Kriegsgeräte dekoriert.



Erster Auftritt

Illo mit Buttler, und Isolani.


Illo.
     Spät kommt Ihr--Doch Ihr kommt!  Der weite Weg,
     Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.

Isolani.
     Wir kommen auch mit leeren Händen nicht!
     Es ward uns angesagt bei Donauwerth,
     Ein schwedischer Transport sei unterwegs
     Mit Proviant, an die sechshundert Wagen.-
     Den griffen die Kroaten mir noch auf,
     Wir bringen ihn.

Illo.
     Er kommt uns grad zupaß,
     Die stattliche Versammlung hier zu speisen.

Buttler.
     Es ist schon lebhaft hier, ich seh's.

Isolani.
     Ja, ja,
     Die Kirchen selber liegen voll Soldaten,
(sich umschauend)
     Auch auf dem Rathaus, seh ich, habt ichr euch
     Schon ziemlich eingerichtet--Nun!  nun!  der Soldat
     Behilft und schickt sich, wie er kann!

Illo.
     Von dreißig Regimentern haben sich
     Die Obersten zusammen schon gefunden,
     Colalto, Götz, Maradas, Hinnersam,
     Auch Sohn und Vater Piccolomini--
     Ihr werdet manchen alten Freund begrüßen.
     Nur Gallas fehlt uns noch und Altringer.

Buttler.
     Auf Gallas wartet nicht.

Illo.  (stutzt)
     Wieso?  Wißt Ihr--

Isolani.  (unterbricht ihn)
     Max Piccolomini hier?  Oh!  führt mich zu ihm.
     Ich seh ihn noch--es sind jetzt zehen Jahr--
     Als wir bei Dessau mit dem Mansfeld schlugen,
     Den Rappen sprengen von der Brücke herab
     Und zu dem Vater, der in Nöten war,
     Sich durch der Elbe reißend Wasser schlagen.
     Da sproßt' ihm kaum der erste Flaum ums Kinn,
     Jetzt, hör ich, soll der Kriegsheld fertig sein.

Illo.
     Ihr sollt ihn heut noch sehn.  Er führt aus Kärnten
     Die Fürstin Friedland her und die Prinzessin,
     Sie treffen diesen Vormittag noch ein.

Buttler.
     Auch Frau und Tochter ruft der Fürst hieher?
     Er ruft hier viel zusammen.

Isolani.
     Desto besser.
     Erwartet' ich doch schon von nichts als Märschen
     Und Batterien zu hören und Attacken;
     Und siehe da!  der Herzog sorgt dafür,
     Daß auch was Holdes uns das Aug' ergötze.

Illo.

(der nachdenkend gestanden, zu Buttlern, den er ein wenig auf
     die Seite führt)

Wie wißt Ihr, daß Graf Gallas außen bleibt?

Buttler.  (mit Bedeutung)
     Weil er auch mich gesucht zurückzuhalten.

Illo.  (warm)
     Und Ihr seid fest geblieben?

(Drückt ihm die Hand.)

Wackrer Buttler!

Buttler.
     Nach der Verbindlichkeit, die mir der Fürst
     Noch kürzlich aufgelegt--

Illo.
     Ja, Generalmajor!  Ich gratuliere!

Isolani.
     Zum Regiment, nicht wahr, das ihm der Fürst
     Geschenkt?  Und noch dazu dasselbe, hör ich,
     Wo er vom Reiter hat heraufgedient?
     Nun, das ist wahr!  dem ganzen Korps gereicht's
     Zum Sporn, zum Beispiel, macht einmal ein alter
     Verdienter Kriegsmann seinen Weg.

Buttler.
     Ich bin verlegen,
     Ob ich den Glückwunsch schon empfangen darf,
     --Noch fehlt vom Kaiser die Bestätigung.

Isolani.
     Greif zu!  greif zu!  Die Hand, die ihn dahin
     Gestellt, ist stark genug, Ihn zu erhalten,
     Trotz Kaisern und Ministern.

Illo.
     Wenn wir alle
     So gar bedenklich sein wollten!
     Der Kaiser gibt uns nichts--vom Herzog
     Kommt alles, was wir hoffen, was wir haben.

Isolani.  (zu Illo)
     Herr Bruder!  Hab ich's schon erzählt?  Der Fürst
     Will meine Kreditoren kontenieren.
     Will selber mein Kaiser sein künftighin,
     Zu einem ordentlichen Mann mich machen.
     Und das ist nun das dritte Mal, bedenk' Er!
     Daß mich der Königlichgesinnte vom
     Verderben rettet und zu Ehren bringt.

Illo.
     Könnt' er nur immer, wie er gerne wollte!
     Er schenkte Land und Leut an die Soldaten.
     Doch wie verkürzen sie in Wien ihm nicht den Arm,
     Beschneiden, wo sie können, ihm die Flügel!--
     Da!  diese neuen, saubern Forderungen,
     Die dieser Questenberger bringt!

Buttler.
     Ich habe mir
     Von diesen kaiserlichen Forderungen auch
     Erzählen lassen--doch ich hoffe,
     Der Herzog wird in keinem Stücke weichen.

Illo.
     Von seinem Recht gewißlich nicht, wenn nur nicht
     --Vom Platze!

Buttler.  (betroffen)
     Wißt Ihr etwas?  Ihr erschreckt mich.

Isolani.  (zugleich)
     Wir wären alle ruiniert!

Illo.
     Brecht ab!
     Ich sehe unsern Mann dort eben kommen
     Mit Gen'ralleutnant Piccolomini.

Buttler.  (den Kopf bedenklich schüttelnd)
     Ich fürchte,
     Wir gehn nicht von hier, wie wir kamen.



Zweiter Auftritt

Vorige.  Octavio Piccolomini.  Questenberg.


Octavio.  (noch in der Entfernung)
     Wie?  Noch der Gäste mehr?  Gestehn Sie, Freund!
     Es brauchte diesen tränenvollen Krieg,
     So vieler Helden ruhmgekrönter Häupter
     In eines Lagers Umkreis zu versammeln.

Questenberg.
     In kein Friedländisch Heereslager komme,
     Wer von dem Kriege Böses denken will.
     Beinah vergessen hätt' ich seine Plagen,
     Da mir der Ordnung hoher Geist erschienen,
     Durch die er, weltzerstörend, selbst besteht,
     Das Große mir erschienen, das er bildet.

Octavio.
     Und siehe da!  ein tapfres Paar, das würdig
     Den Heldenreihen schließt: Graf Isolan
     Und Obrist Buttler.--Nun, da haben wir
     Vor Augen gleich das ganze Kriegeshandwerk.

(Buttlern und Isolani präsentierend.)

Es ist die Stärke, Freund, und Schnelligkeit.

Questenberg.  (zu Octavio)
     Und zwischen beiden der erfahrne Rat.

Octavio.  (zu Questenbergen an jene vorstellend).
     Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
     Den Überbringer kaiserlicher Befehle,
     Der Soldaten großen Gönner und Patron
     Verehren wir in diesem würdigen Gaste.

(Allgemeines Stillschweigen.)

Illo.  (nähert sich Questenbergen)
     Es ist das erste Mal nicht, Herr Minister,
     Daß Sie im Lager uns die Ehr' erweisen.

Questenberg.
     Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.

Illo.
     Und wissen Sie, wo das gewesen ist?
     Zu Znaym war's, in Mähren, wo Sie sich
     Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
     Um Übernahm' des Regiments zu flehen.

Questenberg.
     Zu flehn, Herr General?  So weit ging weder
     Mein Auftrag, daß ich wüßte, noch mein Eifer.

Illo.
     Nun!  Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen.  Ich
     Erinnre mich's recht gut--Graf Tilly war
     Am Lech aufs Haupt geschlagen--offen stand
     Das Bayerland dem Feind--nichts hielt ihn auf,
     Bis in das Herz von Östreich vorzudringen.
     Damals erschienen Sie und Werdenberg
     Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend
     Und mit der kaiserlichen Ungnad' drohend,
     Wenn sich der Fürst des Jammers nicht erbarme.

Isolani.  (tritt dazu)
     Ja, ja!  's ist zu begreifen, Herr Minister,
     Warum Sie sich bei Ihrem heut'gen Auftrag
     An jenen alten just nicht gern erinnern.

Questenberg.
     Wie sollt' ich nicht!  Ist zwischen beiden doch
     Kein Widerspruch!  Damalen galt es, Böhmen
     Aus Feindes Hand zu reißen, heute soll ich's
     Befrein von seinen Freunden und Beschützern.

Illo.
     Ein schönes Amt!  Nachdem wir dieses Böhmen,
     Mit unserm Blut, dem Sachsen abgefochten,
     Will man zum Dank uns aus dem Lande werfen.

Questenberg.
     Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
     Vertauscht soll haben, muß das arme Land
     Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit sein.

Illo.
     Ei was!  Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
     Schon wieder geben.

Questenberg.
     Ja, wenn Sie von Herden
     Und Weideplätzen reden, Herr Feldmarschall--

Isolani.
     Der Krieg ernährt den Krieg.  Gehn Bauern drauf,
     Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.

Questenberg.
     Und wird um so viel Untertanen ärmer!

Isolani.
     Pah!  Seine Untertanen sind wir alle!

Questenberg.
     Mit Unterschied, Herr Graf!  Die einen füllen
     Mit nützlicher Geschäftigkeit den Beutel,
     Und andre wissen nur ihn brav zu leeren.
     Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
     Der Pflug ist's, der ihn wieder stärken muß.

Buttler.
     Der Kaiser wär' nicht arm, wenn nicht so viel
     --Blutigel saugten an dem Mark des Landes.

Isolani.
     So arg kann's auch nicht sein.  Ich sehe ja,

(indem er sich vor ihm hinstellt und seinen Anzug mustert)

Es ist noch lang nicht alles Gold gemünzt.

Questenberg.
     Gottlob!  Noch etwas weniges hat man
     Geflüchtet--vor den Fingern der Kroaten.

Illo.
     Da!  der Slawata und der Martinitz,
     Auf die der Kaiser, allen guten Böhmen
     Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft--
     Die sich vom Raube der vertriebnen Bürger mästen--
     Die von der allgemeinen Fäulnis wachsen,
     Allein im öffentlichen Unglück ernten--
     Mit königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
     Hohnsprechen--die und ihresgleichen laßt
     Den Krieg bezahlen, den verderblichen,
     Den sie allein doch angezündet haben.

Buttler.
     Und diese Ladenschmarutzer, die die Füße
     Beständig unterm Tisch des Kaisers haben,
     Nach allen Benefizen hungrig schnappen,
     Die wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
     Das Brot vorschneiden und die Rechnung streichen.

Isolani.
     Mein Lebtag denk ich dran, wie ich nach Wien
     Vor sieben Jahren kam, um die Remonte
     Für unsre Regimenter zu betreiben,
     Wie sie von einer Antecamera
     Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter
     Den Schranzen stehen lassen, stundenlang,
     Als wär' ich da, ums Gnadenbrot zu betteln.
     Zuletzt--da schickten sie mir einen Kapuziner,
     Ich dacht', es wär' um meiner Sünden willen!
     Nein doch, das war der Mann, mit dem
     Ich um die Reiterpferde sollte handeln.
     Ich mußt' auch abziehn unverrichteter Ding'.
     Der Fürst nachher verschaffte mir in drei Tagen,
     Was ich zu Wien in dreißig nicht erlangte.

Questenberg.
     Ja, ja!  Der Posten fand sich in der Rechnung,
     Ich weiß, wir haben noch daran zu zahlen.

Illo.
     Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
     Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln, alles
     Läßt sich nicht schonen.  Wollte man's erpassen,
     Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig Übeln
     Das kleinste ausgewählt, man paßte lange!
     --Frisch mitten durchgegriffen, das ist besser!
     Reiß' dann, was mag!--Die Menschen, in der Regel,
     Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln
     Und finden sich in ein verhaßtes Müssen
     Weit besser als in eine bittre Wahl.

Questenberg.
     Ja, das ist wahr!  Die Wahl spart uns der Fürst.

Illo.
     Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen,
     Wir sehen, wie's der Kaiser mit uns meint.

Questenberg.
     Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz
     Und kann den einen nicht dem andern opfern.

Isolani.
     Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
     Um seine teuren Schafe zu behüten.

Questenberg.  (mit Hohn)
     Herr Graf!  Dies Gleichnis machen Sie--nicht ich.

Illo.
     Doch wären wir, wofür der Hof uns nimmmt,
     Gefährlich war's, die Freiheit uns zu geben.

Questenberg.  (mit Ernst)
     Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben,
     Drum tut es not, den Zaum ihr anzulegen.

Illo.
     Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.

Questenberg.
     Ein beßrer Reiter wird's besänftigen.

Illo.
     Es trägt den einen nur, der es gezähmt.

Questenberg.
     Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.

Illo.
     Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.

Questenberg.
     Sie kümmre nur die Pflicht und nicht der Name.

Buttler. (der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit
     sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher)

Herr Präsident!  Dem Kaiser steht in Deutschland
     Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
     In diesem Königreich wohl dreißigtausend ,
     Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;
     Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,
     Am Rhein und Main; in Schwaben bieten sechs,
     In Bayern zwölf den Schwedischen die Spitze.
     Nicht zu gedenken der Besatzungen,
     Die an der Grenz' die festen Plätze schirmen.
     All dieses Volk gehorcht Friedländischen
     Hauptleuten.  Die's befehligen, sind alle
     In eine Schul' gegangen, eine Milch
     Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.
     Fremdlinge stehn sie da auf diesem Boden,
     Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.
     Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,
     Denn Tausende, wie mich, gebar die Fremde.
     Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam
     Aus fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,
     Gleichgültig, unterm Doppeladler fechtend
     Wie unterm Löwen und den Lilien.
     Doch alle führt an gleich gewalt'gem Zügel
     Ein einziger, durch gleiche Lieb' und Furcht
     Zu einem Volke sie zusammenbindend.
     Und wie des Blitzes Funke sicher, schnell,
     Geleitet an der Wetterstange, läuft,
     Herrscht sein Befehl vom letzten fernen Posten,
     Der an die Dünen branden hört den Belt,
     Der in der Etsch fruchtbare Täler sieht,
     Bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus
     Hat aufgerichtet an der Kaiserburg.

Questenberg.
     Was ist der langen Rede kurzer Sinn?

Buttler.
     Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,
     Das uns dem Friedland unterwürfig macht,
     Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,
     Den uns der Hof aus Wien herübersendet.
     Und ist in treuem Angedenken noch,
     Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.
     War's etwa kaiserliche Majestät,
     Die ein gemachtes Heer ihm übergab,
     Den Führer nur gesucht zu ihren Truppen?
     --Noch gar nicht war das Heer.  Erschaffen erst
     Mußt' es der Friedland, er empfing es nicht,
     Er gab's dem Kaiser!  Von dem Kaiser nicht
     Erhielten wir den Wallenstein zum Feldherrn.
     So ist es nicht, so nicht!  Vom Wallenstein
     Erhielten wir den Kaiser erst zum Herrn,
     Er knüpft uns, er allein, an diese Fahnen.

Octavio.  (tritt dazwischen)
     Es ist nur zur Erinnerung, Herr Kriegsrat,
     Daß Sie im Lager sind und unter Kriegern.-
     Die Kühnheit macht, die Freiheit den Soldaten.-
     Vermöcht' er keck zu handeln, dürft' er nicht
     Keck reden auch?--Eins geht ins andre drein.-
     Die Kühnheit dieses würd'gen Offiziers,
(auf Buttlern zeigend)
     Die jetzt in ihrem Ziel sich nur vergriff,
     Erhielt, wo nichts als Kühnheit retten konnte,
     Bei einem furchtbarn Aufstand der Besatzung
     Dem Kaiser seine Hauptstadt Prag.
(Man hört von fern eine Kriegsmusik)

Illo.
     Das sind sie!
     Die Wachen salutieren--Dies Signal
     Bedeutet uns, die Fürstin sei herein.

Octavio.  (zu Questenberg)
     So ist auch mein Sohn Max zurück.  Er hat sie
     Aus Kärnten abgeholt und hergeleitet.

Isolani.  (zu Illo)
     Gehn wir zusammen hin, sie zu begrüßen?

Illo.
     Wohl!  Laßt uns gehen.  Oberst Buttler, kommt!

(zum Octavio.)

Erinnert Euch, daß wir vor Mittag noch
     Mit diesem Herrn beim Fürsten uns begegnen.



Dritter Auftritt

Octavio und Questenberg, die zurückbleiben.


Questenberg.  (mit Zeichen des Erstaunens)
     Was hab ich hören müssen, Gen'ralleutnant!
     Welch zügelloser Trotz!  Was für Begriffe!
     --Wenn dieser Geist der allgemeine ist--

Octavio.
     Drei Viertel der Armee vernahmen Sie.

Questenberg.
     Weh uns!  Wo dann ein zweites Heer gleich finden,
     Um dieses zu bewachen!--Dieser Illo, fürcht ich,
     Denkt noch viel schlimmer, als er spricht.  Auch dieser Buttler
     Kann seine böse Meinung nicht verbergen.

Octavio.
     Empfindlichkeit--gereizter Stolz--nichts weiter!-
     Diesen Buttler geb ich noch nicht auf; ich weiß,
     Wie dieser böse Geist zu bannen ist.

Questenberg.  (voll Unruh' auf und ab gehend)
     Nein!  das ist schlimmer, oh!  viel schlimmer, Freund!
     Als wir's in Wien uns hatten träumen lassen.
     Wie sahen's nur mit Höflingsaugen an,
     Die von dem Glanz des Throns geblendet waren;
     Den Feldherrn hatten wir noch nicht gesehn,
     Den allvermögenden, in seinem Lager.
     Hier ist's ganz anders!
     Hier ist kein Kaiser mehr.  Der Fürst ist Kaiser!
     Der Gang, den ich an Ihrer Seite jetzt
     Durchs Lager tat, schlägt meine Hoffnung nieder.

Octavio.
     Sie sehn nun selbst, welch ein gefährlich Amt
     Es ist, das Sie vom Hof mir überbrachten--
     Wie mißlich die Person, die ich hier spiele.
     Der leiseste Verdacht des Generals,
     Er würde Freiheit mir und Leben kosten
     Und sein verwegenes Beginnen nur
     Beschleunigen.

Questenberg.
     Wo war die Überlegung,
     Als wir dem Rasenden das Schwert vertraut
     Und solche Macht gelegt in solche Hand!
     Zu stark für dieses schlimmverwahrte Herz
     War die Versuchung!  Hätte sie doch selbst
     Dem bessern Mann gefährlich werden müssen!
     Er wird sich weigern, sag ich Ihnen,
     Der kaiserlichen Ordre zu gehorchen.--
     Er kann's und wird's.--Sein unbestrafter Trotz
     Wird unsre Ohnmacht schimpflich offenbaren.

Octavio.
     Und glauben Sie, daß er Gemahlin, Tochter
     Umsonst hieher ins Lager kommen ließ,
     Gerade jetzt, da wir zum Krieg uns rüsten?
     Daß er die letzte Pfänder seine Treu'
     Aus Kaisers Landen führt, das deutet uns
     Auf einen nahen Ausbruch der Empörung.

Questenberg.
     Weh uns!  und wie dem Ungewitter stehn,
     Das drohend uns umzieht von allen Enden?
     Der Reichsfeind an den Grenzen, Meister schon
     Vom Donaustrom, stets weiter um sich greifend--
     Im innern Land des Aufruhrs Feuerglocke--
     Der Bauer in Waffen--alle Stände schwürig--
     Und die Armee, von der wir Hilf' erwarten,
     Verführt, verwildert, aller Zucht entwohnt--
     Vom Staat, von ihrem Kaiser losgerissen,
     Vom Schwindelnden die schwindelnde geführt,
     Ein furchtbar Werkzeug, dem verwegensten
     Der Menschen blind gehorchend hingegeben--

Octavio.
     Verzagen wir auch nicht zu früh, mein Freund!
     Stets ist die Sprache kecker als die Tat,
     Und mancher, der in blindem Eifer jetzt
     Zu jedem Äußersten entschlossen scheint,
     Findet unerwartet in der Brust ein Herz,
     Spricht man des Frevels wahren Namen aus.
     Zudem--ganz unverteidigt sind wir nicht.
     Graf Altringer und Gallas, wissen Sie ,
     Erhalten in der Pflicht ihr kleines Heer--
     Verstärken es noch täglich.--Überraschen
     Kann er uns nicht, Sie wissen, daß ich ihn
     Mit meinen Horchern rings umgeben habe;
     Vom kleinsten Schritt erhalt ich Wissenschaft
     Sogleich--Ja, mir entdeckt's sein eigner Mund.

Questenberg.
     Ganz unbegreiflich ist's, daß er den Feind nicht merkt
     An seiner Seite.

Octavio.
     Denken Sie nicht etwa,
     Daß ich durch Lügenkünste, gleisnerische
     Gefälligkeit in seine Gunst mich stahl,
     Durch Heuchelworte sein Vertrauen nähre.
     Befiehlt mir gleich die Klugheit und die Pflicht,
     Die ich dem Reich, dem Kaiser schuldig bin,
     Daß ich mein wahres Herz vor ihm verberge,
     Ein falsches hab ich niemals ihm geheuchelt!

Questenberg.
     Es ist des Himmels sichtbarliche Fügung.

Octavio.
     Ich weiß nicht, was es ist-was ihn an mich
     Und meinen Sohn so mächtig zieht und kettet.
     Wir waren immer Freunde, Waffenbrüder;
     Gewohnheit, gleichgeteilte Abenteuer
     Verbanden uns schon frühe-doch ich weiß
     Den Tag zu nennen, wo mit einemmal
     Sein Herz mir aufging, sein Vertrauen wuchs.
     Es war der Morgen vor der Lützner Schlacht--
     Mich trieb ein böser Traum, ihn aufzusuchen,
     Ein ander Pferd zur Schlacht ihm anzubieten.
     Fern von den Zelten, unter einem Baum
     Fand ich ihn eingeschlafen.  Als ich ihn
     Erweckte, mein Bedenken ihm erzählte,
     Sah er mich lange staunend an; drauf fiel er
     Mir um den Hals und zeigte eine Rührung,
     Wie jener kleine Dienst sie gar nicht wert war.
     Seit jenem Tag verfolgt mich sein Vertrauen
     In gleichem Maß, als ihn das meine flieht.

Questenberg.
     Sie ziehen Ihren Sohn doch ins Geheimnis?

Octavio.
     Nein!

Questenberg.
     Wie?  auch warnen wollen Sie ihn nicht,
     In welcher schlimmen Hand er sich befinde?

Octavio.
     Ich muß ihn seiner Unschuld anvertrauen.
     Verstellung ist der offnen Seele fremd,
     Unwissenheit allein kann ihm die Geistesfreiheit
     Bewahren, die den Herzog sicher macht.

Questenberg.  (besorglich)
     Mein würd'ger Freund!  Ich hab die beste Meinung
     Vom Oberst Piccolomini--doch--wenn--
     Bedenken Sie--

Octavio.
     Ich muß es darauf wagen--Still!  Da kommt er.



Vierter Auftritt

Max Piccolomini.  Octavio Piccolomini.  Questenberg.


Max.
     Da ist er ja gleich selbst.  Willkommen, Vater!
(Er umarmt ihn.  Wie er sich umwendet, bermerkt er Questenbergen
     und tritt kalt zurück.)
     Beschäftigt, wie ich seh?  Ich will ihn nicht stören.

Octavio.
     Wie, Max?  Sieh diesen Gast doch näher an.
     Aufmerksamkeit verdient ein alter Freund;
     Ehrfurcht gebührt dem Boten deines Kaisers.

Max.  (trocken)
     Von Questenberg!  Willkommen, wenn was Gutes
     Ins Hauptquartier Sie herführt.

Questenberg.  (hat seine Hand gefaßt)
     Ziehen Sie
     Die Hand nicht weg, Graf Piccolomini,
     Ich fasse sie nicht bloß von meinetwegen,
     Und nichts Gemeines will ich damit sagen.
(Beider Hände fassend.)
     Octavio--Max Piccolomini!
     Heilbringend, vorbedeutungsvolle Namen!
     Nie wird das Glück von Österreich sich wenden,
     Solang zwei solche Sterne, segenreich
     Und schützend, leuchten über seinen Heeren.

Max.
     Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister,
     Nicht Lobens wegen sind Sie hier, ich weiß,
     Sie sind geschickt, zu tadeln und zu schelten--
     Ich will voraus nichts haben vor den andern.

Octavio.  (zu Max)
     Er kommt vom Hofe, wo man mit dem Herzog
     Nicht ganz so wohl zufrieden ist als hier.

Max.
     Was gibt's aufs neu denn an ihm auszustellen?
     Daß er für sich allein beschließt, was er
     Allein versteht?  Wohl!  daran tut er recht,
     Und wird's dabei auch sein Verbleiben haben.-
     Er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
     Geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
     Es geht ihm wider die Natur, er kann's nicht.
     Geworden ist ihm eine Herrscherseele,
     Und ist gestellt auf einen Herrscherplatz.
     Wohl uns, daß es so ist!  Es können sich
     Nur wenige regieren, den Verstand
     Verständig brauchen--Wohl dem Ganzen, findet
     Sich einmal einer, der ein Mittelpunkt
     Für viele Tausend wird, ein Halt;--sich hinstellt
     Wie eine feste Säul', an die man sich
     Mit Lust mag schließen und mit Zuversicht.
     So einer ist der Wallenstein, und taugte
     Dem Hof ein andrer besser--der Armee
     Frommt nur ein solcher.

Questenberg.
     Der Arme!  Jawohl!

Max.
     Und eine Lust ist's, wie er alles weckt
     Und stärkt und neu belebt um sich herum,
     Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe
     Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!
     Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,
     Die eigentümliche, und zieht sie groß,
     Läßt jeden ganz das bleiben, was er ist,
     Er wacht nur drüber, daß er's immer sei
     Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen
     Vermögen zu dem seinigen zu machen.

Questenberg.
     Wer spricht ihm ab, daß er die Menschen kenne,
     Sie zu gebrauche wisse!  Überm Herrscher
     Vergißt er nur den Diener ganz und gar,
     Als wär' mit seiner Würd' er schon geboren.

Max.
     Ist er's denn nicht?  Mit jeder Kraft dazu
     Ist er's, und mit der Kraft noch obendrein,
     Buchstäblich zu vollstrecken die Natur,
     Dem Herrschtalent den Herrschplatz zu erobern.

Questenberg.
     So kommt's zuletzt auf seine Großmut an,
     Wieviel wir überall noch gelten sollen!

Max.
     Der seltne Mann will seltenes Vertrauen.
     Gebt ihm den Raum, das Ziel wird er sich setzen.

Questenberg.
     Die Proben geben's.

Max.
     Ja!  so sind sie!  Schreckt
     Sie alles gleich, was eine Tiefe hat;
     Ist ihnen nirgends wohl, als wo's recht flach ist.

Octavio.  (zu Questenberg)
     Ergeben Sie sich nur in gutem, Freund!
     Mit dem da werden Sie nicht fertig.

Max.
     Da rufen sie den Geist an in der Not,
     Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.
     Das Ungemeine soll, das Höchste selbst
     Geschehn wie das Alltägliche.  Im Feld,
     Da dringt die Gegenwart--Persönliches
     Muß herrschen, eignes Auge sehn.  Es braucht
     Der Feldherr jedes Große der Natur,
     So gönne man ihm auch, in ihren großen
     Verhältnissen zu leben.  Das Orakel
     In seinem Innern, das lebendige--
     Nicht tote Bücher, alte Ordnungen,
     Nicht modrigte Papiere soll er fragen.

Octavio.
     Mein Sohn!  Laß uns die alten, engen Ordnungen
     Gering nicht achten!  Köstlich unschätzbare
     Gewichte sind's, die der bedrängte Mensch
     An seiner Dränger raschen Willen band;
     Denn immer war die Willkür fürchterlich--
     Der Weg der Ordnung, ging' er auch durch Krümmmen,
     Er ist kein Umweg.  Grad aus geht des Blitzes,
     Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad--
     Schnell, auf dem nächsten Wege, langt er an,
     Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
     Mein Sohn!  Die Straße, die der Mensch befährt,
     Worauf der Segen wandelt, diese folgt
     Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
     Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,
     Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend--
     So führt sie später, sicher doch zum Ziel.

Questenberg.
     Oh!  hören Sie den Vater--hören Sie
     Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.

Octavio.
     Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.
     Ein fünfzehnjähr'ger Krieg hat dich erzogen,
     --Du hast den Frieden nie gesehn!  Es gibt
     Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen;
     Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.
     Die großen, schnellen Taten der Gewalt,
     Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,
     Die sind es nicht, die das Beglückende,
     Das ruhig, mächtig Dauernde erzeugen.
     In Hast und Eile bauet der Soldat
     Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
     Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
     Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
     Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
     Doch eines Morgens plötzlich siehet man
     Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
     Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
     Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
     Und um des Jahres Ernte ist's getan.

Max.
     Oh!  laß den Kaiser Friede machen, Vater!
     Den blut'gen Lorbeer geb ich hin mit Freuden
     Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
     Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.

Octavio.
     Wie wird dir?  Was bewegt dich so auf einmal?

Max.
     Ich hab den Frieden nie gesehn?--Ich hab ihn
     Gesehen, alter Vater , eben komm ich--
     Jetzt eben davon her--er führte mich
     Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht
     hingekommen--oh!  das Leben, Vater,
     Hat Reize, die wir nie gekannt.--Wir haben
     Des schönen Lebens öde Küste nur
     Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
     Das, in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
     Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
     Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
     Wo es die Diebeslandung wagen darf.
     Was in den innern Tälern Köstliches
     Das Land verbirgt, oh!  davon--davon ist
     Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.

Ocatvio.  (wird aufmerksam)
     Und hätt' es diese Reise dir gezeigt?

Max.
     Es war die erste Muße meines Lebens.
     Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
     Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
     Das Herz mir öde ließ und unerquickt
     Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
     Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
     Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
     Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
     Die Waffenübung, das Kommandowort--
     Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
     Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft--
     Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.

Octavio.
     Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!

Max.
     O schöner Tag!  wenn endlich der Soldat
     Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
     Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
     Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
     Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
     Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
     Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
     Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen;
     Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
     Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen--
     Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
     Des blut'gen Tages frohe Vesper schlagend.
     Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
     Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
     Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd--
     Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,
     Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.
     Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
     Das längstverlaßne, ein; mit breiten Ästen
     Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,
     Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
     Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,
     Die er einst an der Amme Brust verließ.
     Oh!  glücklich, wem dann auch sich eine Tür,
     Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen--

Questenberg.  (gerührt)
     Oh!  daß Sie von so ferner, ferner Zeit,
     Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!

Max.  (mit Heftigkeit sich zu ihm wendend)
     Wer sonst ist schuld daran als ihr in Wien?--
     Ich will's nur frei gestehen, Questenberg!
     Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte
     Der Unmut mir das Innerste zusammen--
     Ihr seid es, die den Frieden hinder, ihr!
     Der Krieger ist's, der ihn erzwingen muß.
     Dem Fürsten macht ihr's Leben sauer, macht
     Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an--
     Warum?  Weil an Europas großem Besten
     Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,
     Die Östreich mehr hat oder weniger--
     Ihr macht ihn zum Empörer und, Gott weiß!
     Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,
     Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,
     Das doch der einz'ge Weg zum Frieden ist;
     Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,
     Woher soll Friede kommen?--Geht nur, geht!
     Wie ich das Gute liebe, haß ich euch--
     Und hier gelob ich's an, verspritzen will ich
     Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,
     Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh' daß
     Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!
(Er geht ab.)



Fünfter Auftritt

Questenberg.  Octavio Piccolomini.


Questenberg.
     O weh uns!  Steht es so?
(Dringend und ungeduldig.)
     Freund, und wir lassen ihn in diesem Wahn
     Dahingehn, rufen ihn nicht gleich
     Zurück, daß wir die Augen auf der Stelle
     Ihm öffnen?

Octavio.  (aus einem tiefen Nachdenken zu sich kommend)
     Mir hat er sie jetzt geöffnet,
     Und mehr erblick ich, als mich freut.

Questenberg.
     Was ist es, Freund?

Octavio.
     Fluch über diese Reise!

Questenberg.
     Wieso!  Was ist es?

Octavio.
     Kommen Sie!  Ich muß
     Sogleich die unglückselige Spur verfolgen,
     Mit meinen Augen sehen--Kommen Sie--

(Will ihn fortführen.)

Questenberg.
     Was denn?  Wohin?

Octavio.  (pressiert)
     Zu ihr!

Questenberg.
     Zu--

Octavio.  (korrigiert sich)
     Zum Herzog!  Gehn wir.  Oh!  ich fürchte alles.
     Ich seh' das Netz geworfen über ihn,
     Er kommt mir nicht zurück, wie er gegangen.

Questenberg.
     Erklären Sie mir nur--

Octavio.
     Und konnt' ich's nicht
     Vorhersehn?  Nicht die Reise hintertreiben?
     Warum verschwieg ich's ihm?--Sie hatten recht,
     Ich mußt' ihn warnen--Jetzo ist's zu spät.

Questenberg.
     Was ist zu spät?  Besinnen Sie sich, Freund,
     Daß Sie in lauter Rätseln zu mir reden.

Octavio.  (gefaßter).
     Wir gehn zum Herzog.  Kommen Sie.  Die Stunde
     Rückt auch heran, die er zur Audienz
     Bestimmt hat.  Kommen Sie!--
     Verwünscht!  dreimal verwünscht sei diese Reise!
(Er führt ihn weg.  Der Vorhang fällt.)




Zweiter Aufzug

Saal beim Herzog von Friedland



Erster Auftritt

Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus.  Gleich
     darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor
     schwarz und etwas phantastisch gekleidet.  Er tritt in die
     Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er
     die Himmelsgegenden bezeichnet.


Bedienter.  (mit einem Rauchfaß herumgehend)
     Greift an!  Macht, daß ein Ende wird!  Die Wache
     Ruft ins Gewehr.  Sie werden gleich erscheinen.

Zweiter Bedienter.
     Warum denn aber ward die Erkerstube,
     Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?

Erster Bedienter.
     Da frag den Mathematikus.  Der sagt,
     Es sei ein Unglückszimmer.

Zweiter Bedienter.
     Narrenspossen!
     Das heißt die Leute scheren.  Saal ist Saal.
     Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?

Seni.  (mit Gravität)
     Mein Sohn!  Nichts in der Welt ist unbedeutend.
     Das Erste aber und Hauptsächlichste
     Bei allem ird'schen Ding ist Ort und Stunde.

Dritter Bedienter.
     Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.
     Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.

Seni.  (zählt die Stühle)
     Eilf!  Eine böse Zahl.  Zwölf Stühle setzt,
     Zwölf Zeichen hat der Tierkreis; Fünf und Sieben,
     Die heil'gen Zahlen, liegen in der Zwölfe.

Zweiter Bedienter.
     Was habt Ihr gegen Eilf?  Das laßt mich wissen.

Seni.
     Eilf ist die Sünde.  Eilfe überschreitet
     Die zehn Gebote.

Zweiter Bedienter.
     So?  Und warum nennt Ihr
     Die Fünfe eine heil'ge Zahl?

Seni.
     Fünf ist
     Des Menschen Seele.  Wie der Mensch aus Gutem
     Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
     Die erste Zahl aus Grad' und Ungerade.

Erster Bedienter.
     Der Narr!

Dritter Bedienter.
     Ei, laß ihn doch!  Ich hör ihm gerne zu,
     Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.

Zweiter Bedienter.
     Hinweg!  Sie kommen!  Da!  zur Seitentür hinaus.

(Sie eilen fort.  Seni folgt langsam.)



Zweiter Auftritt

Wallenstein.  Die Herzogin.


Wallenstein.
     Nun, Herzogin?  Sie haben Wien berührt,
     Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?

Herzogin.
     Der Kaiserin auch.  Bei beiden Majestäten
     Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.

Wallenstein.
     Wie nahm man's auf, daß ich Gemahlin, Tochter
     Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?

Herzogin.
     Ich tat nach Ihrer Vorschrift, führte an,
     Sie hätten über unser Kind bestimmt
     Und möchten gern dem künftigen Gemahl
     Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.

Wallenstein.
     Mutmaßte man die Wahl, die ich getroffen?

Herzogin.
     Man wünschte wohl, sie möch' auf keinen fremden
     Noch lutherischen Herrn gefallen sein.

Wallenstein.
     Was wünschen Sie , Elisabeth?

Herzogin.
     Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.

Wallenstein.  (nach einer Pause)
     Nun--Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe?
(Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.)
     Verbergen Sie mir nichts--Wie war's damit?

Herzogin.
     Oh!  mein Gemahl--Es ist nicht alles mehr
     Wie sonst--Es ist ein Wandel vorgegangen.

Wallenstein.
     Wie?  Ließ man's an der alten Achtung fehlen?

Herzogin.
     Nicht an der Achtung.  Würdig und voll Anstand
     War das Benehmen--aber an die Stelle
     Huldreich vertraulicher Herablassung
     War feierliche Förmlichkeit getreten.
     Ach!  und die zarte Schonung, die man zeigte,
     Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
     Nein!  Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
     Graf Harrachs edle Tochter, hätte so--
     Nicht eben so empfangen werden sollen!

Wallenstein.
     Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?

Herzogin.
     O hätte man's getan!--Ich bin's von lang her
     Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
     Zu sprechen die entrüsteten Gemüter--
     Nein, niemand schalt Sie--Man verhüllte sich
     In ein so lastend feierliches Schweigen.
     Ach!  hier ist kein gewöhnlich Mißverständnis, keine
     Vorübergehende Empfindlichkeit--
     Etwas unglücklich, unersetzliches ist
     Geschehn--Sonst pflegte mich die Königin
     Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
     Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.

Wallenstein.
     Jetzt unterließ sie's?

Herzogin.  (ihre Tränen trocknend, nach einer Pause)
     Sie umarmte mich,
     Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
     Der Türe zuging, kam sie auf mich zu,
     Schnell, als besänne sie sich erst, und drückte
     Mich an den Busen, mehr mit schmerzlicher
     Als zärtlicher Bewegung.

Wallenstein.  (ergreift ihre Hand)
     Fassen Sie sich!--
     Wie war's mit Eggenberg, mit Lichtenstein
     Und mit den andern Freunden?

Herzogin.  (den Kopf schüttelnd)
     Keinen sah ich.

Wallenstein.
     Und der hispanische Conte Ambassador,
     Der sonst so warm für mich zu sprechen pflegte?

Herzogin.
     Er hatte keine Zunge mehr für Sie.

Wallenstein.
     Die Sonnen also scheinen uns nicht mehr,
     Fortan muß eignes Feuer uns erleuchten.

Herzogin.
     Und wär' es?  Teurer Herzog, wär's an dem,
     Was man am Hofe leise flüstert, sich
     Im Lande laut erzählt--was Pater Lamormain
     Durch einige Winke--

Wallenstein.  (schnell)
     Lamormain!  Was sagt der?

Herzogin.
     Man zeihe Sie verwegner Überschreitung
     Der anvertrauten Vollmacht, freventlicher
     Verhöhnung höchster, kaiserlicher Befehle.
     Die Spanier, der Bayern stolzer Herzog
     Stehen auf als Kläger wider Sie--
     Ein Ungewitter zieh' sich über Ihnen
     Zusammen, noch weit drohender als jenes,
     Das Sie vordem zu Regenspurg gestürzt.
     Man spreche, sagt er--ach!  ich kann's nicht sagen--

Wallenstein.  (gespannt).  Nun?
     Herzogin.
     Von einer zweiten--
(Sie stockt.)

Wallenstein.
     Zweiten--

Herzogin.
     Schimpflichern
     --Absetzung.

Wallenstein.
     Spricht man?
(Heftig bewegt durch das Zimmer gehend.)
     Oh!  sie zwingen mich, sie stoßen
     Gewaltsam, wider meinen Willen, mich hinein.

Herzogin.  (sich bittend an ihn schmiegend)
     Oh!  wenn's noch Zeit ist, mein Gemahl--Wenn es
     Mit Unterwerfung, mit Nachgiebigkeit
     Kann abgewendet werden--Geben Sie nach--
     Gewinnen Sie's dem stolzen Herzen ab,
     Es ist Ihr Herr und Kaiser, dem Sie weichen.
     Oh!  lassen Sie es länger nicht geschehn,
     Daß hämische Bosheit Ihre gute Absicht
     Durch giftige, verhaßte Deutung schwärze.
     Mit Siegeskraft der Wahrheit stehen Sie auf,
     Die Lügner, die Verleumder zu beschämen.
     Wir haben so der guten Freunde wenig.
     Sie wissen's!  Unser schnelles Glück hat uns
     Dem Haß der Menschen bloßgestellt--Was sind wir,
     Wann kaiserliche Huld sich von uns wendet!



Dritter Auftritt

Gräfin Terzky, welche die Prinzessin Thekla an der
     Hand führt, zu den Vorigen.


Gräfin.
     Wie, Schwester?  Von Geschäften schon die Rede
     Und, wie ich seh, nicht von erfreulichen,
     Eh' er noch seines Kindes froh geworden?
     Der Freude gehört der erste Augenblick.
     Hier, Vater Friedland!  das ist deine Tochter!
(Thekla nähert sich ihm schüchtern und will sich auf seine
     Hand beugen; er empfängt sie in seinen Armen und bleibt
     einige Zeit in ihrem Anschauen verloren stehen.)

Wallenstein.
     Ja!  Schön ist mir die Hoffnung aufgegangen.
     Ich nehme sie zum Pfande größern Glücks.

Herzogin.
     Ein zartes Kind noch war sie, als Sie gingen,
     Das große Heer dem Kaiser aufzurichten.
     Hernach, als Sie vom Feldzug heimgekehrt
     Aus Pommern, war die Tochter schon im Stifte,
     Wo sie geblieben ist bis jetzt.

Wallenstein.
     Indes
     Wir hier im Feld gesorgt, sie groß zu machen,
     Das höchste Irdische ihr zu erfechten,
     Hat Mutter Natur in stillen Klostermauern
     Das Ihrige getan, dem lieben Kind
     Aus freier Gunst das Göttliche gegeben
     Und führt sie ihrem glänzenden Geschick
     Und meiner Hoffnung schön geschmückt entgegen.

Herzogin.  (zur Prinzessin)
     Du hättest deinen Vater wohl nicht wieder
     Erkannt, mein Kind?  Kaum zähltest du acht Jahre,
     Als du sein Angesicht zuletzt gesehn.

Thekla.
     Doch, Mutter, auf den ersten Blick--mein Vater
     Hat nicht gealtert--Wie sein Bild in mir gelebt,
     So steht er blühend jetzt vor meinen Augen.

Wallenstein.  (zur Herzogin)
     Das holde Kind!  Wie fein bemerkt und wie
     Verständig!  Sieh, ich zürnte mit dem Schicksal,
     Daß mir's den Sohn versagt, der meines Namens
     Und meines Glückes Erbe könnte sein,
     In einer stolzen Linie von Fürsten
     Mein schnell verlöschtes Dasein weiter leiten.
     Ich tat dem Schicksal Unrecht.  Hier auf dieses
     Jungfräulich blühende Haupt will ich den Kranz
     Des kriegerischen Lebens niederlegen;
     Nicht für verloren acht ich's, wenn ich's einst,
     In einen königlichen Schmuck verwandelt,
     Um diese schöne Stirne flechten kann.

(Er hält sie in seinen Armen, wie Piccolomini hereintritt.)



Vierter Auftritt

Max Piccolomini und bald darauf Graf Terzky zu den Vorigen.


Gräfin.
     Da kommt der Paladin, der uns beschützte.

Wallenstein.
     Sei mir willkommen, Max.  Stets warst du mir
     Der Bringer irgendeiner schönen Freude,
     Und, wie das glückliche Gestirn des Morgens,
     Führst du die Lebenssonne mir herauf.

Max.
     Mein General--

Wallenstein.
     Bis jetzt war es der Kaiser,
     Der dich durch meine Hand belohnt.  Heut hast du
     Den Vater dir, den glücklichen, verpflichtet,
     Und diese Schuld muß Friedland selbst bezahlen.

Max.
     Mein Fürst!  Du eiltest sehr, sie abzutragen.
     Ich komme mit Beschämung, ja mit Schmerz;
     Denn kaum bin ich hier angelangt, hab Mutter
     Und Tochter deinen Armen überliefert,
     So wird aus deinem Marstall, reich geschirrt,
     Ein prächt'ger Jagdzug mir von dir gebracht,
     Für die gehabte Müh' mich abzulohnen.
     Ja, ja, mich abzulohnen.  Eine Müh',
     Ein Amt bloß war's!  Nicht eine Gunst, für die
     Ich's vorschnell nahm und dir schon volles Herzens
     Zu danken kam--Nein, so war's nicht gemeint,
     Daß mein Geschäft mein schönstes Glück sein sollte!

(Terzky tritt herein und übergibt dem Herzog Briefe, welche
     dieser schnell erbricht.)

Gräfin.  (zu Max)
     Belohnt er Ihre Mühe?  Seine Freude
     Vergilt er Ihnen.  Ihnen steht es an,
     So zart zu denken; meinem Schwager ziemt's,
     Sich immer groß und fürstlich zu beweisen.

Thekla.
     So müßt' auch ich an seiner Liebe zweifeln,
     Denn seine gütigen Hände schmückten mich,
     Noch eh' das Herz des Vaters mir gesprochen.

Max.
     Ja, er muß immer geben und beglücken!
(er ergreift der Herzogin Hand, mit steigender Wärme.)
     Was dank ich ihm nicht alles--oh!  was sprech ich
     Nicht alles aus in diesem teuren Namen Friedland!
     Zeitlebens soll ich ein Gefangner sein
     Von diesem Namen--darin blühen soll
     Mir jedes Glück und jede schöne Hoffnung--
     Fest, wie in einem Zauberringe, hält
     Das Schicksal mich gebannt in diesem Namen.

Gräfin.  (welche unterdessen den Herzog sorgfältig beobachtet,
     bemerkt, daß er bei den Briefen nachdenkend geworden).
     Der Bruder will allein sein.  Laßt uns gehen.

Wallenstein.  (wendet sich schnell um, faßt sich und spricht
     heiter zur Herzogin.)
     Noch einmal, Fürstin, heiß ich Sie im Feld willkommen.
     Sie sind die Wirtin dieses Hofs--Du, Max,
     Wirst diesmal noch dein altes Amt verwalten,
     Indes wir hier des Herrn Geschäfte treiben.

(Max Piccolomini bietet der Herzogin den Arm, Gräfin führt die
     Prinzessin ab.)

Terzky.  (ihm nachrufend)
     Versäumt nicht, der Versammlung beizuwohnen.



Fünfter Auftritt

Wallenstein.  Terzky.


Wallenstein.  (in tiefem Nachdenken zu sich selbst)
     Sie hat ganz recht gesehn--So ist's und stimmt
     Vollkommen zu den übrigen Berichten--
     Sie haben ihren letzten Schluß gefaßt
     In Wien, mir den Nachfolger schon gegeben.
     Der Ungarn König ist's, der Ferdinand,
     Des Kaisers Söhnlein, der ist jetzt ihr Heiland,
     Das neu aufgehende Gestirn!  Mit uns
     Gedenkt man fertig schon zu sein, und wie
     Ein Abgeschiedner sind wir schon beerbet.
     Drum keine Zeit verloren!

(Indem er sich umwendet, bermerkt er den Terzky und gibt ihm
     einen Brief.)

Graf Altringer läßt sich entschuldigen,
     Auch Gallas--Das gefällt mir nicht.

Terzky.
     Und wenn du
     Noch länger säumst, bricht einer nach dem andern.

Wallenstein.
     Der Altringer hat die Tiroler Pässe,
     Ich muß ihm einen schicken, daß er mir
     Die Spanier aus Mailand nicht hereinläßt.
     --Nun!  der Sesin, der alte Unterhändler,
     Hat sich ja kürzlich wieder blicken lassen.
     Was bringt er uns vom Grafen Thurn?

Terzky.
     Der Graf entbietet dir,
     Er hab' den schwed'schen Kanzler aufgesucht
     Zu Halberstadt, wo jetzo der Konvent ist:
     Der aber sagt' , er sei es müd und wolle
     Nichts weiter mehr mit dir zu schaffen haben.

Wallenstein.
     Wieso?

Terzky.
     Es sei dir nimmer Ernst mit deinen Reden,
     Du wollst die Schweden nur zum Narren haben,
     Dich mit den Sachsen gegen sie verbinden,
     Am Ende sie mit einem elenden Stück Geldes
     Abfertigen.

Wallenstein.
     So!  Meint er wohl, ich soll ihm
     Ein schönes deutsches Land zum Raube geben,
     Daß wir zuletzt auf eignem Grund und Boden
     Selbst nicht mehr Herren sind?  Sie müssen fort,
     Fort, fort!  Wir brauchen keine solche Nachbarn.

Terzky.
     Gönn ihnen doch das Fleckchen Land, geht's ja
     Nicht von dem deinen!  Was bekümmert's dich,
     Wenn du das Spiel gewinnest, wer es zahlt.

Wallenstein.
     Fort, fort mit ihnen--das verstehst du nicht.
     Es soll nicht von mir heißen, daß ich Deutschland
     Zerstücket hab', verraten an den Fremdling,
     Um meine Portion mir zu erschleichen.
     Mich soll das Reich als seinen Schirmer ehren,
     Reichsfürstlich mich erweisend, will ich würdig
     Mich bei des Reiches Fürsten niedersetzen.
     Es soll im Reiche keine fremde Macht
     Mir Wurzel fassen, und am wenigsten
     Die Goten sollen's, diese Hungerleider,
     Die nach dem Segen unsers deutschen Landes
     Mit Neidesblicken raubbegierig schauen.
     Beistehen sollen sie mir in meinen Planen
     Und dennoch nichts dabei zu fischen haben.

Terzky.
     Doch mit den Sachsen willst du ehrlicher
     Verfahren?  Sie verlieren die Geduld,
     Weil du so krumme Wege machst--
     Was sollen alle diese Masken?  sprich!
     Die Freunde zweifeln, werden irr an dir--
     Der Oxenstirn, der Arnheim, keiner weiß,
     Was er von deinem Zögern halten soll.
     Am End' bin ich der Lügner, alles geht
     Durch mich.  Ich hab nicht einmal deine Handschrift.

Wallenstein.
     Ich geb nichts Schriftliches von mir, du weißt's.

Terzky.
     Woran erkennt man aber deinen Ernst,
     Wenn auf das Wort die Tat nicht folgt?  Sag selbst,
     Was du bisher verhandelt mit dem Feind,
     Hätt' alles auch recht gut geschehn sein können,
     Wenn du nichts mehr damit gewollt, als ihn
     Zum besten haben.

Wallenstein.  (nach einer Pause, indem er ihn scharf ansieht)
     Und woher weißt du, daß ich ihn nicht wirklich
     Zum besten habe?  Daß ich nicht euch alle
     Zum besten habe?  Kennst du mich so gut?
     Ich wüßte nicht, daß ich mein Innerstes
     Dir aufgetan--Der Kaiser, es ist wahr,
     Hat übel mich behandelt!--Wenn ich wollte,
     Ich könnt' ihm recht viel Böses dafür tun.
     Es macht mir Freude, meine Macht zu kennen;
     Ob ich sie wirklich brauchen werde, davon, denk ich,
     Weißt du nicht mehr zu sagen als ein andrer.

Terzky.
     So hast du stets dein Spiel mit uns getrieben!



Sechster Auftritt

Illo zu den Vorigen.


Wallenstein.
     Wie steht es draußen?  Sind sie vorbereitet?

Illo.
     Du findest sie in der Stimmung, wie du wünschest.
     Sie wissen um des Kaisers Forderungen
     Und toben.

Wallenstein.
     Wie erklärt sich Isolan?

Illo.
     Der ist mit Leib und Seele dein, seitdem du
     Die Pharobank ihm wieder aufgerichtet.

Wallenstein.
     Wie nimmt sich der Colalto?  Hast du dich
     Des Deodat und Tiefenbach versichert?

Illo.
     Was Piccolomini tut, das tun sie auch.

Wallenstein.
     So,meinst du, kann ich was mit ihnen wagen?

Illo.
     --Wenn du der Piccolomini gewiß bist.
                
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