ErsterMörder.
Was machte dich zum blut'gen Diener denn,
Als, hold erwachsend, jener Fürstensproß,
Plantagenet, von dir erschlagen ward?
Clarence.
Die Bruderliebe, Satan, und mein Grimm.
ErsterMörder.
Dein Bruder, unsre Pflicht und dein Vergehn
Berufen jetzt uns her, dich zu erwürgen.
Clarence.
Ist euch mein Bruder lieb, so haßt mich nicht:
Ich bin sein Bruder, und ich lieb ihn treu.
Seid ihr um Lohn gedungen, so kehrt um
Und wendet euch an meinen Bruder Gloster;
Der wird euch besser lohnen für mein Leben
Als Eduard für die Zeitung meines Todes.
ZweiterMörder.
Ihr irrt Euch sehr, Eu'r Bruder Gloster haßt Euch.
Clarence.
O nein! Er liebt mich und er hält mich wert.
Geht nur von mir zu ihm.
Beide.
Das woll'n wir auch.
Clarence.
Sagt ihm, als unser edler Vater York
Uns drei gesegnet mit siegreichem Arm
Und herzlich uns beschworen, uns zu lieben,
Gedacht' er wenig der getrennten Freundschaft.
Mahnt Glostern daran nur, und er wird weinen.
ErsterMörder.
Mühlsteine, ja, wie er uns weinen lehrte.
Clarence.
O nein! verleumd ihn nicht, denn er ist mild.
ErsterMörder.
Recht! Wie Schnee der Frucht. Geht, Ihr betrügt Euch selbst:
Er ist's, der uns gesandt, Euch zu vertilgen.
Clarence.
Es kann nicht sein: er weinte um mein Unglück,
Schloß in die Arme mich und schwor mit Schluchzen,
Mir eifrig meine Freiheit auszuwirken.
ErsterMörder.
Das tut er ja, da aus der Erde Knechtschaft
Er zu des Himmels Freuden Euch erlöst.
ZweiterMörder.
Herr, söhnt Euch aus mit Gott, denn Ihr müßt sterben.
Clarence.
Hast du die heil'ge Regung in der Seele,
Daß du mit Gott mich auszusöhnen mahnst,
Und bist der eignen Seele doch so blind,
Daß du, mich mordend, Gott bekriegen willst?
Ach Leute! denkt, daß, der euch angestiftet,
Die Tat zu tun, euch um die Tat wird hassen.
ZweiterMörder.
Was soll'n wir tun?
Clarence.
Bereut, und schafft eu'r Heil.
Wer von euch, wär' er eines Fürsten Sohn,
Vermauert von der Freiheit, wie ich jetzt,
Wofern zwei solche Mörder zu ihm kämen,
Bät' um sein Leben nicht? So wie ihr bätet,
Wärt ihr in meiner Not--
ErsterMörder.
Bereun? Das wäre memmenhaft und weibisch.
Clarence.
Nicht zu bereun ist viehisch, wild und teuflisch.
Mein Freund, ich spähe Mitleid dir im Blick:
Wofern dein Auge nicht ein Schmeichler ist,
So tritt auf meine Seit' und bitt für mich.
Rührt jeden Bettler nicht ein Prinz, der bittet?
ZweiterMörder.
Seht hinter Euch, Mylord.
ErsterMörder. (ersticht ihn).
Nehmt das und das; reicht alles noch nicht hin,
So tauch ich Euch ins Malvasierfaß draußen.
(Mit der Leiche ab.)
ZweiterMörder.
O blut'ge Tat, verzweiflungsvoll verübt!
Gern, wie Pilatus, wüsch' ich meine Hände
Von diesem höchst verruchten sünd'gen Mord.
(Der erste Mörder kommt zurück.)
ErsterMörder.
Wie nun? was denkst du, daß du mir nicht hilfst?
Bei Gott, der Herzog soll dein Zögern wissen.
ZweiterMörder.
Wüßt' er, daß ich gerettet seinen Bruder!
Nimm du den Lohn und meld ihm, was ich sage;
Denn mich gereut am Herzog dieser Mord.
(Ab.)
ErsterMörder.
Nicht ich; geh, feige Memme, die du bist!--
Ich will in einem Loch die Leiche bergen,
Bis daß der Herzog sie begraben läßt;
Und hab ich meinen Sold, so will ich fort:
Dies kommt heraus, drum meid ich diesen Ort. (Ab.)
ZWEITER AUFZUG
ERSTE SZENE
London. Ein Zimmer im Palast.
(König Eduard wird krank herein geführt; Königin
Elisabeth, Dorset, Rivers, Hastings, Buckingham, Grey und andre
treten auf.)
Eduard.
So recht! ich schafft' ein gutes Tagewerk.--
Ihr Pairs, verharrt in diesem ein'gen Bund!
Ich warte jeden Tag auf eine Botschaft,
Daß mein Erlöser mich erlöst von hier;
Die Seele scheidet friedlich nun zum Himmel,
Da ich den Freunden Frieden gab auf Erden.
Rivers und Hastings, reichet euch die Hände,
Hegt nicht verstellten Haß, schwört Lieb' euch zu.
Rivers.
Beim Himmel, meine Seel' ist rein von Groll,
Die Hand besiegelt meine Herzensliebe.
Hastings.
So geh's mir wohl, wie ich dies wahrhaft schwöre.
Eduard.
Gebt acht! treibt keinen Scherz vor eurem König!
Auf daß der höchste König aller Kön'ge
Die Falschheit nicht zuschanden mach' und jeden
Von euch erseh', des andern Tod zu sein.
Hastings.
Mög' ich gedeihn, wie echte Lieb' ich schwöre!
Rivers.
Und ich, wie ich von Herzen Hastings liebe!
Eduard.
Gemahl, Ihr seid hier selbst nicht ausgenommen;--
Noch Eu'r Sohn Dorset;--Buckingham, noch ihr;--
Ihr waret widerwärtig miteinander.
Frau, liebe Hastings, laß die Hand ihn küssen,
Und was du tust, das tue unverstellt.
Elisabeth.
Hier, Hastings! Nie des vor'gen Hasses denk ich:
So mög' ich samt den Meinigen gedeihn!
Eduard.
Dorset, umarm ihn.--Liebt den Marquis, Hastings.
Dorset.
Ja, dieser Tausch der Lieb', erklär ich, soll
Von meiner Seite unverletzlich sein.
Hastings.
Das schwör auch ich.
(Er umarmt Dorset.)
Eduard.
Nun siegle, edler Buckingham, dies Bündnis:
Umarm auch du die Nächsten meiner Frau,
Und mach in eurer Eintracht mich beglückt.
Buckingham. (zur Königin)
Wenn Buckingham je wendet seinen Haß
Auf Eure Hoheit, nicht mit schuld‘ger Liebe
Euch und die Euren hegt, so straf‘ mich Gott
Mit Haß, wo ich am meisten Lieb' erwarte!
Wann ich am meisten einen Freund bedarf,
Und sichrer bin als je, er sei mein Freund:
Dann grundlos, hohl, verrätrisch, voll Betrug
Mög‘ er mir sein! Vom Himmel bitt ich dies,
Erkaltet meine Lieb‘ Euch und den Euren.
(Er umarmt Rivers und die übrigen.)
Eduard.
Ein stärkend Labsal, edler Buckingham,
Ist meinem kranken Herzen dies dein Wort.
Nun fehlt nur unser Bruder Gloster hier
Zu dieses Friedens segensreichem Schluß.
Buckingham.
Zur guten Stunde kommt der edle Herzog.
Gloster. (tritt auf).
Guten Morgen meinem hohen Fürstenpaar!
Und, edle Pairs, euch einen frohen Tag!
Eduard.
Froh, in der Tat, verbrachten wir den Tag.
Bruder, wir schafften hier ein christlich Werk,
Aus Feindschaft Frieden, milde Lieb‘ aus Haß,
Bei diesen hitzig aufgereizten Pairs.
Gloster.
Gesegnetes Bemühn, mein hoher Herr!
Wenn jemand unter dieser edeln Schar
Auf falschen Argwohn oder Eingebung
Mich hält für seinen Feind;
Wenn ich unwissend oder in der Wut
Etwas begangen, das mir irgendwer,
Hier gegenwärtig, nachträgt: so begehr ich,
In Fried‘ und Freundschaft mich ihm auszusöhnen.
In Feindschaft stehen, ist mein Tod; ich haß es,
Und wünsche aller guten Menschen Liebe.--
Erst, gnäd'ge Frau, erbitt ich wahren Frieden
Von Euch, den schuld‘ger Dienst erkaufen soll;--
Von Euch, mein edler Vetter Buckingham,
Ward jemals zwischen uns ein Groll beherbergt;--
Von Euch, Lord Rivers--und, Lord Grey, von Euch:
Die all ohn‘ Ursach‘ scheel auf mich gesehn;--
Von Euch, Lord Woodville--und, Lord Seales, von Euch;-
Herzöge, Grafen, Edle--ja, von allen.
Nicht einen weiß ich, der in England lebt,
Mit dem mein Sinn den mindsten Hader hätte,
Mehr als ein heute nacht gebornes Kind.
Ich danke meinem Gott für meine Demut.
Elisabeth.
Ein Festtag wird dies künftig für uns sein:
Gott gebe, jeder Zwist sei beigelegt!
Mein hoher Herr, ich bitt Eu‘r Hoheit, nehmt
Zu Gnaden unsern Bruder Clarence an.
Gloster.
Wie? bot ich darum Liebe, gnäd‘ge Frau,
Daß man mein spott‘ in diesem hohen Kreis?
Wer weiß nicht, daß der edle Herzog tot ist?
(Alle fahren zurück.)
Zur Ungebühr verhöhnt Ihr seine Leiche.
Eduard.
Wer weiß nicht, daß er tot ist? Ja, wer weiß es?
Elisabeth.
Allseh‘nder Himmel, welche Welt ist dies!
Buckingham.
Seh ich so bleich, Lord Dorset, wie die andern?
Dorset.
Ja, bester Lord; und niemand hier im Kreis,
Dem nicht die Röte von den Wangen wich.
Eduard.
Starb Clarence? Der Befehl war widerrufen.
Gloster.
Der Arme starb auf Euer erst Geheiß,
Und das trug ein geflügelter Merkur.
Ein lahmer Bote trug den Widerruf,
Der allzuspät, ihn zu begraben, kam.
Geb‘ Gott, daß andre, minder treu und edel,
Näher durch blut‘gen Sinn, nicht durch das Blut,
Nicht mehr verschulden als der arme Clarence
Und dennoch frei umhergehn von Verdacht!
(Stanley tritt auf.)
Stanley.
Herr, eine Gnade für getanen Dienst!
Eduard.
O laß mich, meine Seel‘ ist voller Kummer.
Stanley.
Ich will nicht aufstehn, bis mein Fürst mich hört.
Eduard.
So sag mit eins, was dein Begehren ist.
Stanley.
Herr, das verwirkte Leben meines Dieners,
Der einen wilden Junker heut erschlug,
Vormals in Diensten bei dem Herzog Norfolk.
Eduard.
Sprach meine Zunge meines Bruders Tod
Und spräch nun eines Knechts Begnadigung?
Kein Mord, Gedanken waren sein Vergehn,
Und doch war seine Strafe bittrer Tod.
Wer bat für ihn? wer kniet‘ in meinem Grimm
Zu Füßen mir und hieß mich überlegen?
Wer sprach von Bruderpflicht? wer sprach von Liebe?
Wer sagte mir, wie diese arme Seele
Vom mächt'gen Warwick ließ und für mich focht?
Wer sagte mir, wie er zu Tewkesbury
Mich rettet‘, als mich Oxford niederwarf,
Und sprach: "Leb, und sei König, lieber Bruder"?
Wer sagte mir, als wir im Felde lagen,
Fast totgefroren, wie er mich gehüllt
In seinen Mantel und sich selber preis,
Ganz nackt und bloß, der starren Nachtluft gab?
Dies alles rückte viehisch wilde Wut
Mir sündhaft aus dem Sinn, und euer keiner
War so gewissenhaft, mich dran zu mahnen.
Wenn aber eure Kärrner, eu‘r Gesinde
Totschlag im Trunk verübt und ausgelöscht
Das edle Bildnis unsers teuern Heilands,
Dann seid ihr auf den Knien um Gnade, Gnade,
Und ich muß ungerecht es zugestehn.
Für meinen Bruder wollte niemand sprechen,
Noch sprach ich selbst mir für die arme Seele,
Verstockter! zu. Der Stolzeste von euch
Hatt‘ ihm Verpflichtungen in seinem Leben,
Doch wollte keiner rechten für sein Leben.
o Gott! ich fürchte, dein Gericht vergilt's
An mir und euch, den Meinen und den Euren.--
Komm, Hastings, hilf mir in mein Schlafgemach.
O armer Clarence!
(Der König, die Königin, Hastings, Rivers, Dorset und Grey ab.)
Gloster.
Das ist die Frucht des Jähzorns!--Gabt ihr acht,
Wie bleich der Kön‘gin schuldige Verwandte
Aussahn, da sie von Clarence‘ Tode hörten?
Oh, immer setzten sie dem König zu!
Gott wird es rächen. Wollt ihr kommen, Lords,
Daß wir mit unserm Zuspruch Eduard trösten?
Buckingham.
Zu Euer Gnaden Dienst.
(Alle ab.)
ZWEITE SZENE
Ebendaselbst.
(Die Herzogin von York tritt auf mit des Clarence
Sohn und Tochter.)
Sohn.
Großmutter, sagt uns, ist der Vater tot?
Herzogin.
Nein, Kind.
Tochter.
Was weint Ihr denn so oft und schlagt die Brust?
Und ruft: "O Clarence! Unglücksel‘ger Sohn!"
Sohn.
Was seht Ihr so und schüttelt Euren Kopf
Und nennt uns arme, ausgestoßne Waisen,
Wenn unser edler Vater noch am Leben?
Herzogin.
Ihr art‘gen Kinder mißversteht mich ganz.
Des Königs Krankheit jammr‘ ich, sein Verlust
Macht Sorge mir; nicht eures Vaters Tod:
Verloren wär‘ der Gram um den Verlornen.
Sohn.
So wißt Ihr ja, Großmutter, er sei tot.
Mein Ohm, der König, ist darum zu schelten;
Gott wird es rächen: ich will in ihn dringen
Mit eifrigem Gebet um einzig dies.
Tochter.
Das will ich auch.
Herzogin.
Still, Kinder, still! Der König hat euch lieb;
Unschuldige, harmlose Kleinen ihr,
In eurer Einfalt könnt ihr nicht erraten,
Wer eures Vaters Tod verschuldet hat.
Sohn.
Großmutter, doch! Vom guten Oheim Gloster
Weiß ich, der König, von der Königin
Gereizt, sann Klagen aus, ihn zu verhaften.
Und als mein Oheim mir das sagte, weint' er,
Bedau'rte mich und küßte meine Wange,
Hieß mich auf ihn vertraun als einen Vater,
Er wolle lieb mich haben als sein Kind.
Herzogin.
Ach, daß der Trug so holde Bildung stiehlt
Und Bosheit mit der Tugend Larve deckt!
Er ist mein Sohn, und hierin meine Schmach,
Doch sog er nicht an meiner Brust den Trug.
Sohn.
Denkt Ihr, mein Oheim verstellte sich, Großmutter?
Herzogin.
Ja, Kind.
Sohn.
Ich kann's nicht denken. Horch, was für ein Lärm?
(Königin Elisabeth tritt auf, außer sich; Rivers und Dorset
folgen ihr.)
Elisabeth.
Wer will zu weinen mir und jammern wehren,
Mein Los zu schelten und mich selbst zu plagen?
Bestürmen mit Verzweiflung meine Seele
Und selber meine Feindin will ich sein.
Herzogin.
Wozu der Auftritt wilder Ungeduld?
Elisabeth.
Zu einem Aufzug trag'schen Ungestüms:
Der König, mein Gemahl, dein Sohn, ist tot.
Was blühn die Zweige, wenn der Stamm verging?
Was welkt das Laub nicht, dem sein Saft gebricht?
Wollt ihr noch leben? Jammert! Sterben? Eilt!
Daß unsre Seelen seiner nach sich schwingen,
Ihm folgend wie ergebne Untertanen
Zu einem neuen Reich der ew'gen Ruh'.
Herzogin.
Ach, so viel Teil hab ich an deinem Leiden
Als Anspruch sonst an deinem edlen Gatten.
Ich weint' um eines würd'gen Gatten Tod,
Und lebt' im Anblick seiner Ebenbilder;
Nun sind zwei Spiegel seiner hohen Züge
Zertrümmert durch den bösgesinnten Tod,
Mir bleibt zum Troste nur ein falsches Glas,
Worin ich meine Schmach mit Kummer sehe.
Zwar bist du Witwe, doch du bist auch Mutter,
Und deiner Kinder Trost ward dir gelassen:
Mir riß der Tod den Gatten aus den Armen
Und dann zwei Krücken aus den schwachen Händen,
Clarence und Eduard. Oh, wie hab ich Grund,
Da deins die Hälfte meines Leids nur ist,
Dein Wehgeschrei durch meins zu übertäuben!
Sohn.
Ach, Muhm', Ihr weintet nicht um unsern Vater:
Wie hülfen wir Euch mit verwandten Tränen?
Tochter.
Blieb unsre Waisennot doch unbeklagt;
Sei unbeweint auch Euer Witwengram.
Elisabeth.
O steht mir nicht mit Jammerklagen bei,
Ich bin nicht unfruchtbar, sie zu gebären.
In meine Augen strömen alle Quellen,
Daß ich, hinfort vom feuchten Mond regiert,
Die Welt in Tränenfülle mög' ertränken.
Ach, weh um meinen Gatten, meinen Eduard!
DieKinder.
Um unsern Vater, unsern teuern Clarence!
Herzogin.
Um beide, beide mein, Eduard und Clarence!
Elisabeth.
Wer war mein Halt als Eduard? Er ist hin.
DieKinder.
Wer unser Halt als Clarence? Er ist hin.
Herzogin.
Wer war mein Halt als sie? Und sie sind hin.
Elisabeth.
Nie keine Witwe büßte so viel ein.
DieKinder.
Nie keine Waise büßte so viel ein.
Herzogin.
Nie keine Mutter büßte so viel ein.
Weh mir! ich bin die Mutter dieser Leiden:
Vereinzelt ist ihr Weh, meins allgemein.
Sie weint um einen Eduard, und ich auch;
Ich wein um einen Clarence, und sie nicht;
Die Kinder weinen Clarence, und ich auch;
Ich wein um einen Eduard, und sie nicht.
Ach, gießt ihr drei auf mich dreifach geschlagne
All eure Tränen: Wärterin des Grams,
Will ich mit Jammern reichlich ihn ernähren.
Dorset.
Mut, liebe Mutter! Gott ist ungehalten,
Daß Ihr sein Tun mit Undank so empfangt.
In Weltgeschäften nennt man's undankbar,
Mit trägem Widerwillen Schulden zahlen,
Die eine milde Hand uns freundlich lieh;
Viel mehr, dem Himmel so sich widersetzen,
Weil er von Euch die königliche Schuld
Zurücke fordert, die er Euch geliehn.
Rivers.
Bedenkt als treue Mutter, gnäd'ge Frau,
Den Prinzen, Euren Sohn; schickt gleich nach ihm
Und laßt ihn krönen. In ihm lebt Euer Trost:
Das Leid senkt in des toten Eduard Grab,
Die Last baut auf des blühnden Eduard Thron.
(Gloster, Buckingham, Stanley, Hastings, Ratcliff und andre
treten auf.)
Gloster.
Faßt, Schwester, Euch; wir alle haben Grund,
Um die Verdunklung unsers Sterns zu jammern:
Doch niemand heilt durch Jammern seinen Harm.
Ich bitt Euch um Verzeihung, gnäd'ge Mutter,
Ich sah Eu'r Gnaden nicht. Demütig auf den Knien
Bitt ich um Euren Segen.
Herzogin.
Gott segne dich! und flöße Milde dir,
Gehorsam, Lieb' und echte Treu' ins Herz!
Gloster.
Amen!
Und lass' als guten alten Mann mich sterben!--
(Beiseit.)
Das ist das Hauptziel eines Muttersegens:
Mich wundert, daß Ihr' Gnaden das vergaß.
Buckingham.
Umwölkte Prinzen, herzbeklemmte Pairs,
Die diese schwere Last des Jammers drückt!
Hegt all in eurer Lieb' einander nun.
Ist unsre Ernt' an diesem König hin,
So werden wir des Sohnes Ernte sammeln.
Der Zwiespalt eurer hochgeschwollnen Herzen,
Erst neulich eingerichtet und gefugt,
Muß sanft bewahrt, gepflegt, gehütet werden.
Mir deucht es gut, daß gleich ein klein Gefolg
Von Ludlow her den jungen Prinzen hole,
Als König hier in London ihn zu krönen.
Rivers.
Warum ein klein Gefolg, Mylord von Buckingham?
Buckingham.
Ei, Mylord, daß ein großer Haufe nicht
Des Grolles neugeheilte Wunde reize;
Was um sO mehr gefährlich würde sein,
Je mehr der Staat noch wild und ohne Führer,
Wo jedes Roß den Zügel ganz beherrscht
Und seinen Lauf nach Wohlgefallen lenkt.
Sowohl des Unheils Furcht als wirklich Unheil
Muß, meiner Meinung nach, verhütet werden.
Gloster.
Der König schloß ja Frieden mit uns allen,
Und der Vertrag ist fest und treu in mir.
Rivers.
So auch in mir, und so, denk ich, in allen;
Doch weil er noch so frisch ist, sollte man
Auf keinen Anschein eines Bruchs ihn wagen,
Den viel Gesellschaft leicht befördern könnte.
Drum sag ich mit dem edlen Buckingham,
Daß wen'ge nur den Prinzen holen müssen.
Hastings.
Das sag ich auch.
Gloster.
So sei es denn; und gehn wir, zu entscheiden,
Wer schnell sich auf nach Ludlow machen soll.--
Fürstin, und Ihr, Frau Mutter, wollt Ihr gehn,
Um mitzustimmen in der wicht'gen Sache?
(Alle ab, außer Buckingham und Gloster.)
Buckingham.
Mylord, wer auch zum Prinzen reisen mag,
Um Gottes willen, bleiben wir nicht aus:
Denn unterwegs schaff ich Gelegenheit,
Als Eingang zu dem jüngst besprochnen Handel,
Der Königin hochmüt'ge Vetterschaft
Von der Person des Prinzen zu entfernen.
Gloster.
Mein andres Selbst! Du meine Ratsversammlung,
Orakel und Prophet. Mein lieber Vetter,
Ich folge deiner Leitung wie ein Kind.
Nach Ludlow denn! Wir bleiben nicht zurück.
(Beide ab.)
DRITTE SZENE
Eine Straße.
(Zwei Bürger begegnen sich.)
ErsterBürger.
Guten Morgen, Nachbar! wohin so in Eil'?
ZweiterBürger.
Ich weiß es selber kaum, beteur' ich Euch.
Ihr wißt die Neuigkeit?
ErsterBürger.
Ja, daß der König tot ist.
ZweiterBürger.
Schlimme Neuigkeit,
Bei Unsrer Frauen! Selten kommt was Beßres;
Ich fürcht, ich fürcht, es geht die Welt rundum.
(Ein andrer Bürger kommt.)
DritterBürger.
Gott grüß' euch, Nachbarn!
ErsterBürger.
Geb' Euch guten Tag!
DritterBürger.
Bestätigt sich des guten Königs Tod?
ZweiterBürger.
Ja, ‘s ist nur allzuwahr: Gott steh' uns bei!
DritterBürger.
Dann, Leut', erwartet eine stürm'sche Welt.
ErsterBürger.
Nein, nein! Sein Sohn herrscht nun durch Gottes Gnaden.
DritterBürger.
Weh' einem Lande, das ein Kind regiert!
ZweiterBürger.
Bei ihm ist Hoffnung auf das Regiment,
Daß in der Minderjährigkeit sein Rat,
Und, wann er reif an Jahren ist, er selbst,
Dann und bis dahin gut regieren werden.
ErsterBürger.
So stund der Staat auch, als der sechste Heinrich,
Neun Monat alt, gekrönt ward in Paris.
DritterBürger.
Stund der Staat so? Nein, nein! Gott weiß, ihr Freunde!
Denn dieses Land war damals hoch begabt
Mit würd'ger Staatskunst; und der König hatte
Oheime voll Verdienst zur Vormundschaft.
ErsterBürger.
Die hat er auch vom Vater wie der Mutter.
DritterBürger.
Viel besser war s, sie waren bloß vom Vater,
Oder es wär' vom Vater ihrer keiner.
Denn Eifersucht, der Nächste nun zu sein,
Tritt uns gesamt zu nah, wenn's Gott nicht wendet.
Oh! sehr gefährlich ist der Herzog Gloster,
Der Kön'gin Söhn' und Brüder frech und stolz;
Und würden sie beherrscht und herrschten nicht,
Dies kranke Land gediehe noch wie sonst.
ErsterBürger.
Geht, geht! wir zagen: alles wird noch gut.
DritterBürger.
Wann Wolken ziehn, nimmt man den Mantel um,
Wann Blätter fallen, ist der Winter nah;
Wer harrt der Nacht nicht, wann die Sonne sinkt?
Unzeit'ge Stürme künden Teurung an.
Noch kann es gut gehn: doch, wenn's Gott so lenkt,
Ist's mehr als ich erwart und wir verdienen.
ZweiterBürger.
Wahrlich, der Menschen Herzen sind voll Furcht,
Ihr könnt nicht reden fast mit einem Mann,
Der nicht bedenklich aussieht und voll
Schrecken.
DritterBürger.
So ist es immer vor des Wechsels Tagen.
Auf höhern Antrieb mißtraun die Gemüter
Der kommenden Gefahr; so sehn wir ja
Die Wasser schwellen vor dem wüsten Sturm.
Doch lassen wir das Gotte. Wohin geht's?
ZweiterBürger.
Die Richter haben beid' uns rufen lassen.
DritterBürger.
Mich auch; so will ich euch Gesellschaft leisten.
(Alle ab.)
VIERTE SZENE
Ein Zimmer im Palast.
(Der Erzbischof von York, der junge Herzog von York,
Königin Elisabeth und die Herzogin von York treten auf.)
Erzbischof.
Sie lagen, hör ich, nachts zu Northampton;
Zu Stony Stratford soll'n sie heute sein
Und morgen oder übermorgen hier.
Herzogin.
Von Herzen sehr verlangt mich nach dem Prinzen.
Seit ich ihn sah, ist er gewachsen, hoff ich.
Elisabeth.
Ich höre, nein: sie sagen, mein Sohn York
Hat fast in seinem Wuchs ihn eingeholt.
York.
Ja, Mutter; doch ich wollt', es wär' nicht so.
Herzogin.
Warum, mein Enkel? Wachsen ist ja gut.
York.
Großmutter, einmal speisten wir zu Nacht,
Da sprach mein Oheim Rivers, wie ich wüchse
Mehr als mein Bruder; "Ja", sagt' Oheim Gloster,
"Klein Kraut ist fein, groß Unkraut hat Gedeihn."
Seitdem nun macht ich nicht mit Wachsen eilen,
Weil Unkraut schießt und süße Blumen weilen.
Herzogin.
Fürwahr! fürwahr! das Sprichwort traf nicht zu
Bei ihm, der selbiges dir vorgerückt.
Er war als Kind das jämmerlichste Ding,
Er wuchs so langsam und so spät heran,
Daß, wär' die Regel wahr, er müßte fromm sein.
Erzbischof.
Auch zweifl' ich nicht, das ist er, gnäd'ge Frau.
Herzogin.
Ich hoff, er ist's; doch laßt die Mutter zweifeln.
York.
Nun, meiner Treu, hätt' ich es recht bedacht,
So konnt' ich auch dem gnäd'gen Oheim sticheln
Auf seinen Wachstum, mehr als er auf meinen.
Herzogin.
Wie, junger York? Ich bitte, laß mich's hören.
York.
Ei, wie sie sagen, wuchs mein Ohm so schnell,
Daß er, zwei Stunden alt, schon Rinden nagte;
Zwei volle Jahre hatt' ich keinen Zahn.
Großmutter, beißend wär' der Spaß gewesen.
Herzogin.
Mein art'ger York, wer hat dir das gesagt?
York.
Großmutter, seine Amme.
Herzogin.
Ei, die war tot, eh' du geboren warst.
York.
Wenn sie's nicht war, so weiß ich es nicht mehr.
Elisabeth.
Ein kecker Bursch! Geh, du bist zu durchtrieben.
Erzbischof.
Zürnt nicht mit einem Kinde, gnäd'ge Frau
Elisabeth.
Die Krüge haben Ohren.
(Ein Bote tritt auf.)
Erzbischof.
Da kommt ein Bote, seht.--Was gibt es Neues?
Bote.
Mylord, was anzumelden mich betrübt.
Elisabeth.
Was macht der Prinz?
Bote.
Er ist gesund und wohl.
Herzogin.
Was bringst du sonst?
Bote.
Lord Rivers und Lord Grey sind fort nach Pomfret,
Benebst Sir Thomas Vaughan, als Gefangne.
Herzogin.
Und wer hat sie verhaftet?
Bote.
Die mächt'gen Herzoge, Gloster und Buckingham.
Elisabeth.
Für welch Vergehn?
Bote.
Was ich nur weiß und kann, eröffnet' ich.
Warum, wofür die Herrn verhaftet sind,
Ist gänzlich unbekannt mir, gnäd'ge Fürstin.
Elisabeth.
Weh mir! ich sehe meines Hauses Sturz.
Der Tiger hat das zarte Reh gepackt;
Verwegne Tyrannei beginnt zu stürmen
Auf den harmlosen, ungescheuten Thron.
Willkommen, Blut, Zerstörung, Metzelei!
Ich seh, wie im Abriß, schon das Ende.
Herzogin.
Verfluchte Tage unruhvollen Zanks!
Wie manchen euer sah mein Auge schon!
Mein Gatte ließ sein Leben um die Krone,
Und meine Sühne schwankten auf und ab,
Gewinn, Verlust gab Freude mir und Weh.
Nun, da sie eingesetzt, und Bürgerzwist
Ganz weggeräumt, bekriegen selber sie,
Die Sieger selber sich; Bruder mit Bruder,
Blut mit Blut, Selbst gegen Selbst.--O du verkehrte
Wahnsinn'ge Wut, laß den verruchten Grimm,
Sonst laß mich sterben, nicht den Tod mehr schaun!
Elisabeth.
Komm, komm, mein Kind, wir suchen heil'ge Zuflucht. Gehabt euch
wohl.
Herzogin.
Bleibt noch, ich gehe mit.
Elisabeth.
Ihr habt nicht Ursach'.
Erzbischof. (zur Königin).
Gnäd'ge Fürstin, geht,
Und nehmet Euren Schatz und Güter mit.
Für mein Teil geb ich mein vertrautes Siegel
Eu'r Hoheit ab; und mög' es wohl mir gehn,
Wie ich Euch wohl will und den Euren allen!
Kommt, ich geleit Euch zu der heil' gen Zuflucht.
(Alle ab.)
DRITTER AUFZUG
ERSTE SZENE
London. Eine Straße.
(Trompeten. Der Prinz von Wales, Gloster,
Buckingham, Kardinal Bourchier, Catesby und andre.)
Buckingham.
Willkommen, bester Prinz, in London, Eurer Kammer!
Gloster.
Willkommen, Vetter, meines Sinnes Fürst!--
Der Reis' Ermüdung macht' Euch melancholisch.
Prinz.
Nein, Oheim; der Verdruß nur unterwegs
Hat sie mir schwer gemacht, langweilig, widrig.
Ich misse hier noch Onkel zum Empfang.
Gloster.
Mein Prinz, die reine Tugend Eurer Jahre
Ergründete noch nicht der Welt Betrug.
Ihr unterscheidet nichts an einem Mann
Als seinen äußern Schein; und der, weiß Gott,
Stimmt selten oder niemals mit dem Herzen.
Gefährlich sind die Onkel, die Ihr mißt;
Eu'r Hoheit lauschte ihren Honigworten
Und merkte nicht auf ihrer Herzen Gift.
Bewahr' Euch Gott vor solchen falschen Freunden!
Prinz.
Vor falschen Freunden: ja! Sie waren keine.
Gloster.
Mein Fürst, der Schulz von London kommt zum Willkomm.
(Der Lord Mayor und sein Zug treten auf.)
Mayor.
Gott segn' Eu'r Hoheit mit beglückten Tagen!
Prinz.
Ich dank Euch, bester Lord--und dank Euch allen.
(Der Lord Mayor mir seinem Zuge ab.)
Viel früher, dacht' ich, würde meine Mutter
Und Bruder York uns unterweges treffen.--
Pfui, welche Schneck' ist Hastings! daß er uns
Nicht meldet, oh sie kommen oder nicht.
(Hastings tritt auf.)
Buckingham.
So eher recht kommt der erhitzte Lord.
Prinz.
Willkommen, Mylord! Nun, kommt unsre Mutter?
Hastings.
Auf welchen Anlaß, das weiß Gott, nicht ich,
Nahm Eure Mutter und Eu'r Bruder York
Zuflucht im Heiligtum. Der zarte Prinz
Hätt' Eure Hoheit gern mit mir begrüßt,
Doch seine Mutter hielt ihn mit Gewalt.
Buckingham.
Pfui! welch verkehrtes eigensinn'ges Tun
Ist dies von ihr?--Wollt Ihr, Lord Kardinal,
Die Königin bereden, seinem Bruder,
Dem Prinzen, gleich den Herzog York zu senden?
Verweigert sie's--Lord Hastings, geht Ihr mit,
Entreißt ihn ihrem eifersücht'gen Arm.
Kardinal.
Mylord, wenn meine schwache Redekunst
Der Mutter kann den Herzog abgewinnen,
Erwartet gleich ihn hier. Allein ist sie verhärtet
Für milde Bitten, so verhüte Gott,
Daß wir das teure Vorrecht kränken sollten
Der heil'gen Zuflucht! Nicht um all dies Land
Wollt' ich so schwerer Sünde schuldig sein.
Buckingham.
Ihr seid zu sinnlos eigenwillig, Mylord,
Zu altherkömmlich und zu feierlich.
Erwägt es nach der Gröblichkeit der Welt,
Ihn greifen bricht die heil'ge Zuflucht nicht.
Derselben Gunst wird dem stets zugestanden,
Der durch sein Tun verdienet solchen Platz
Und Witz hat, zu begehren solchen Platz.
Der Prinz hat ihn begehrt nicht, noch verdient
Und kann also, wie mich dünket, ihn nicht haben.
Wenn Ihr von da ihn wegführt, der nicht da ist,
Brecht Ihr kein Vorrecht, keinen Freiheitsbrief.
Oft hört' ich schon von kirchenflücht'gen Männern;
Von kirchenflücht'gen Kindern nie bis jetzt.
Kardinal.
Mylord, Ihr sollt mich diesmal überstimmen.--
Wohlan, Lord Hastings, wollt Ihr mit mir gehn?
Hastings.
Ich gehe, Mylord.
Prinz.
Betreibt dies, liebe Herrn, in aller Eil'.
(Der Kardinal und Hastings ab.)
Sagt, Oheim Gloster, wenn mein Bruder kommt,
Wo sollen wir verbleiben bis zur Krönung?
Gloster.
Wo's gut dünkt Eurer fürstlichen Person.
Wenn ich Euch raten darf, belieb' Eu'r Hoheit
Sich ein paar Tage auszuruhn im Turm;
Dann wo Ihr wollt und es am besten scheint
Für Euer Wohlsein und Gemütsergötzung.
Prinz.
Der Turm mißfällt mir wie kein Ort auf Erden.--
Hat Julius Cäsar ihn gebaut, Mylord?
Gloster.
Er hat, mein gnäd'ger Fürst, den Ort gestiftet,
Den dann die Folgezeiten neu erbaut.
Prinz.
Hat man es schriftlich, oder überliefert
Von Zeit auf Zeiten nur, daß er ihn baute?
Buckingham.
Schriftlich, mein gnäd'ger Fürst.
Prinz.
Doch setzt, Mylord, es wär' nicht aufgezeichnet:
Mich dünkt, die Wahrheit sollte immer leben,
Als wär' sie aller Nachwelt ausgeteilt
Bis auf den letzten Tag der Welt.
Gloster (beiseit).
Klug allzubald, sagt man, wird nimmer alt.
Prinz.
Was sagt Ihr, Oheim?
Gloster.
Ich sage, Mut wird ohne Schriften alt.--
(Beiseit.) So, wie im Fastnachtspiel die Sündlichkeit,
Deut ich zwei Meinungen aus einem Wort.
Prinz.
Der Julius Cäsar war ein großer Mann:
Womit sein Mut begabte seinen Witz,
Das schrieb sein Witz, dem Mute Leben schaffend,
Der Tod besiegte diesen Sieger nicht,
Er lebt im Ruhm noch, obwohl nicht im Leben.--
Wollt Ihr was wissen, Vetter Buckingham?
Buckingham.
Was, mein gnäd'ger Fürst?
Prinz.
Werd ich ein Mann je, so gewinn ich wieder
In Frankreich unser altes Recht; wo nicht,
Sterb ich als Krieger, wie ich lebt' als König.
Gloster (beiseit).
Auf zeit'gen Frühling währt der Sommer wenig.
(York, Hastings und der Kardinal treten auf.)
Buckingham.
Da kommt zu rechter Zeit der Herzog York.
Prinz.
Richard von York!--Wie lebt mein lieber Bruder?
York.
Gut, strenger Herr; so muß ich nun Euch nennen.
Prinz.
Ja, Bruder, mir zum Grame, sowie Euch:
Er starb ja kaum, der diesen Titel führte,
Des Tod ihm viel an Majestät benahm.
Gloster.
Wie geht es unserm edlen Vetter York?
York.
Ich dank Euch, lieber Oheim. Ha, Mylord,
Ihr sagtet, unnütz Kraut, das wachse schnell:
Der Prinz, mein Bruder, wuchs mir übern Kopf.
Gloster.
Ja wohl, Mylord.
York.
Und ist er darum unnütz?
Gloster.
O bester Vetter, das möcht ich nicht sagen.
York.
Dann ist er Euch ja mehr als ich verpflichtet.
Gloster.
Er hat mir zu befehlen, als mein Fürst,
Doch Ihr habt Recht an mir als ein Verwandter.
York.
Ich bitt Euch, Oheim, gebt mir diesen Dolch.
Gloster.
Den Dolch, mein kleiner Vetter? Herzlich gern.
Prinz.
Ein Bettler, Bruder?
York.
Beim guten Oheim, der gewiß mir gibt,
Und um eine Kleinigkeit, die man ohn' Arges gibt.
Gloster.
Wohl Größres will ich meinem Vetter geben.
York.
Wohl Größres? Oh, das ist das Schwert dazu.
Gloster.
Ja, lieber Vetter, wär's nur leicht genug.
York.
Dann seh ich wohl, Ihr schenkt nur leichte Gaben,
Bei Dingen von Gewicht sagt Ihr dem Bettler: nein!
Gloster.
Es hat zu viel Gewicht, für Euch zu tragen.
York.
Für mich hat's kein Gewicht, und wär's noch schwerer.
Gloster.
Wie? wollt Ihr meine Waffen, kleiner Lord?
York.
Ja, und mein Dank soll sein, wie Ihr mich nennt.
Gloster.
Wie?
York.
Klein.
Prinz.
Mylord von York ist stets in Reden keck:
Oheim, Eu'r Gnaden weiß ihn zu ertragen.
York.
Ihr meint, zu tragen, nicht mich zu ertragen.--
Oheim, mein Bruder spottet mein und Euer;
Er denkt, weil ich nur klein bin, wie ein Aff',
Ihr solltet mich auf Euren Schultern tragen.
Buckingham.
Mit welchem scharf versehnen Witz er redet!
Den Spott zu mildern wider seinen Oheim,
Verhöhnt er selbst sich artig und geschickt.
So schlau und noch so jung, ist wunderbar.
Gloster.
Mein gnäd'ger Fürst, beliebt es Euch zu gehn?
Ich und mein guter Vetter Buckingham,
Wir woll'n zu Eurer Mutter und sie bitten,
Daß sie im Turm Euch trifft und Euch bewillkommt.
York.
Wie? denkt Ihr in den Turm zu gehn, Mylord?
Prinz.
Mylord Protektor will es so durchaus.
York.
Ich schlafe sicher nicht mit Ruh' im Turm.
Gloster.
Warum? was könnt Ihr fürchten?
York.
Ei, meines Oheims Clarence zorn'gen Geist;
Großmutter sagt, er wurde da ermordet.
Prinz.
Ich fürchte keinen toten Oheim.
Gloster.
Auch keine, hoff ich, die am Leben sind.
Prinz.
Sind sie's, so hab ich nichts zu fürchten, hoff ich.
Doch kommt, Mylord, und mit beklommnem Herzen,
Ihrer gedenkend, geh ich in den Turm.
(Der Prinz, York, Hastings, Kardinal und Gefolge ab.)
Buckingham.
Glaubt ihr, Mylord, den kleinen Schwätzer York
Nicht aufgereizt von seiner schlauen Mutter,
So schimpflich Euch zu necken und verspotten?
Gloster.
Gewiß, gewiß: oh,,s ist ein schlimmer Bursch!
Keck, rasch, verständig, altklug und geschickt;
Die Mutter ganz vom Wirbel bis zur Zeh'.
Buckingham.
Gut, laßt das sein.--Komm hieher, Catesby Du schwurst
So gründlich auszurichten unsre Zwecke,
Als heimlich zu bewahren unsre Winke;
Du hörtest unsre Gründe unterwegs:
Was meinst du? sollt' es nicht ein leichtes sein,
William Lord Hastings unsers Sinns zu machen
Für die Erhebung dieses edlen Herzogs
Auf dieser weltberühmten Insel Thron?
Catesby.
Er liebt den Prinzen so des Vaters halb,
Er läßt zu nichts sich wider ihn gewinnen.
Buckingham.
Was denkst du denn vom Stanley? läßt nicht der?
Catesby.
Der wird in allem ganz wie Hastings tun.
Buckingham.
Nun wohl, nichts mehr als dies: geh, lieber Catesby,
Und wie von fern erforsche du Lord Hastings,
Wie er gesinnt ist gegen unsre Absicht;
Und lad ihn ein auf morgen in den Turm,
Der Krönung wegen mit zu Rat zu sitzen.
Wenn du für uns geschmeidig ihn verspürst,
So muntr' ihn auf und sag ihm unsre Gründe.
Doch ist er bleiern, frostig, kalt, unwillig,
So sei du's auch: brich das Gespräch so ab,
Und gib uns Nachricht über seine Neigung.
Denn morgen halten wir besondern Rat,
Worin wir höchlich dich gebrauchen wollen.
Gloster.
Empfiehl mich dem Lord William: sag ihm, Catesby,
Daß seiner Todfeind' alte Rotte morgen
In Pomfret-Schloß zur Ader wird gelassen;
Heiß' meinen Freund, für diese Neuigkeit
Frau Shore ein Küßchen mehr aus Freuden geben.
Buckingham.
Geh, guter Catesby, richt es tüchtig aus.
Catesby.
Ja, werte Lords, mit aller Achtsamkeit.
Gloster.
Wird man von Euch vor Schlafengehn noch hören?
Catesby.
Gewiß, Mylord.
Gloster.
In Crosby-Hof, da findet Ihr uns beide.
(Catesby ab.)
Buckingham.
Nun, Mylord, was soll'n wir tun, wenn wir verspüren,
Daß Hastings unsern Planen sich nicht fügt?
Gloster.
Den Kopf ihm abhaun, Freund:--was muß geschehn.
Und wenn ich König bin, dann fordre du
Die Grafschaft Hereford und alles fahrende Gut,
Was sonst der König, unser Bruder, hatte.
Buckingham.
Ich will mich auf Eu'r Hoheit Wort berufen.
Gloster.
Es soll dir freundlichst zugestanden werden.
Komm, speisen wir zu Abend, um hernach
In unsern Anschlag Gestalt zu bringen.
(Beide ab.)
ZWEITE SZENE
Vor Lord Hastings' Hause.
(Ein Bote tritt auf.)
Bote (klopft).
Mylord! Mylord!
Hastings (von innen).
Wer klopft?
Bote.
Jemand von Lord Stanley.
Hastings (von innen).
Was ist die Uhr?
Bote.
Vier auf den Schlag.
(Hastings tritt auf.)
Hastings.
Kann nicht dein Herr die langen Nächte schlafen?
Bote.
So scheint's, nach dem, was ich zu sagen habe.
Zuerst empfiehlt er sich Eu'r Herrlichkeit.
Hastings.
Und dann?
Bote.
Und dann läßt er Euch melden, daß ihm träumte,
Der Eber stoße seinen Helmbusch ab.
Auch, sagt er, werde doppelt Rat gehalten,
Und daß man leicht beschließen könn' im einen,
Was ihn und Euch bekümmern könnt' im andern.
Drum schickt er, Eu'r Belieben zu erfahren,
Ob Ihr sogleich mit ihm aufsitzen wollt
Und ohne Säumen nach dem Norden jagen,
Um die Gefahr zu meiden, die ihm schwant.
Hastings.
Geh, geh, Gesell, zurück zu deinem Herrn,
Heiß' ihn nicht fürchten den getrennten Rat:
Sein' Edeln und ich selbst sind bei dem einen,
Catesby, mein guter Freund, ist bei dem andern,
Woselbst nichts vorgehn kann, was uns betrifft,
Wovon mir nicht die Kundschaft würd' erteilt.
Sag ihm, die Furcht sei albern, sonder Anlaß;
Und wegen seines Traums, da wundr' es mich,
Wie er doch nur so töricht könne sein,
Zu traun der Neckerei unruh'gen Schlummers.
Den Eber fliehn, bevor der Eber nachsetzt,
Das hieß' den Eber reizen, uns zu folgen
Und Jagd zu machen, wo er's nicht gemeint.
Heiß' deinen Herrn aufstehn und zu mir kommen,
Dann wollen wir zusammen hin zum Turm,
Wo, du sollst sehn, der Eber freundlich sein wird.
Bote.
Ich geh, Mylord, und will ihm das bestellen.
(Ab.)
(Catesby tritt auf.)
Catesby.
Vielmals guten Morgen meinem edlen Lord!
Hastings.
Guten Morgen, Catesby! Ihr seid früh bei Wege.
Was gibt's, was gibt's in unserm Wankestaat?
Catesby.
Die Welt ist schwindlicht, in der Tat, Mylord,
Und, glaub ich, wird auch niemals aufrecht stehn,
Bevor nicht Richard trägt des Reiches Kranz.
Hastings.
Wieso? des Reiches Kranz? meinst du die Krone?
Catesby.
Ja, bester Lord.
Hastings.
Man soll das Haupt mir schlagen von den Schultern,
Eh' ich die Krone seh so schnöd entwandt.
Doch kannst du raten, daß er darnach zielt?
Catesby.
So wahr ich lebe, und er hofft Euch wirksam
Für ihn zu finden, selb'ge zu gewinnen;
Und hierauf schickt er Euch die gute Botschaft,
Daß Eure Feinde diesen selben Tag,
Der Königin Verwandt', in Pomfret sterben.
Hastings.
Um diese Nachricht traur' ich eben nicht,
Denn immer waren sie mir Widersacher.
Doch daß ich stimmen sollt' auf Richards Seite,
Den echten Erben meines Herrn zum Nachteil,
Gott weiß, das tu ich nicht bis in den Tod.
Catesby.
Gott schütz' Eu'r Gnaden bei dem frommen Sinn!
Hastings.
Doch das belach ich wohl noch übers Jahr,
Daß ich erlebe deren Trauerspiel,
Die mich bei meinem Herrn verhaßt gemacht.
Hör, Catesby, eh' ein vierzehn Tag' ins Land gehn,
Schaff ich noch ein'ge fort, die's jetzt nicht denken.
Catesby.
Ein häßlich Ding, zu sterben, gnäd'ger Herr,
Unvorbereitet und sich nichts versehend.
Hastings.
O greulich! greulich! Und so geht es nun
Mit Rivers, Vaughan, Grey; und wird so gehn
Mit andern noch, die sich so sicher dünken
Wie du und ich, die dem durchlauchten Richard
Und Buckingham doch wert sind, wie du weißt.
Catesby.
Die Prinzen beide achten Euch gar hoch.--
(Beiseit.) Sie achten seinen Kopf schon auf der Brücke.
Hastings.
Ich weiß es wohl und hab's um sie verdient.
(Stanley tritt auf.)
Wohlan, wohlan! Wo ist Eu'r Jagdspieß, Freund?
Ihr scheut den Eber und geht ungerüstet?
Stanley.
Mylord, guten Morgen! guten Morgen, Catesby!
Ihr mögt nur spaßen, doch, beim heil'gen Kreuz,
Ich halte nichts von dem getrennten Rat,
Hastings.
Mylord, Mein Leben halt ich wert wie Ihr das Eure,
Und nie in meinem Leben, schwör ich Euch,
War es mir kostbarer als eben jetzt.
Denkt Ihr, wüßt' ich nicht unsre Lage sicher,
Ich wär' so triumphierend, wie ich bin?
Stanley.
Die Lords zu Pomfret ritten wohlgemut
Aus London, glaubten ihre Lage sicher
Und hatten wirklich keinen Grund zum Mißtraun:
Doch seht Ihr, wie der Tag sich bald bewölkt.
Ich fürchte diesen raschen Streich des Grolls;
Gott gebe, daß ich notlos zaghaft sei!
Nun, wollen wir zum Turm? Der Tag vergeht.
Hastings.
Kommt, kommt, seid ruhig! Wißt Ihr was, Mylord?
Heut werden die erwähnten Lords enthauptet.
Stanley.
Für Treu' stünd' ihnen besser wohl ihr Haupt,
Als manchen, die sie angeklagt, ihr Hut.
Kommt, Mylord, laßt uns gehn.
(Ein Heroldsdiener tritt auf.)
Hastings.
Geht nur voran,
Ich will mit diesem wackern Manne reden.
(Stanley und Catesby ab.)
He, Bursch, wie steht's mit dir?
Heroldsdiener.
Um desto besser,
Weil Eure Herrlichkeit geruht zu fragen.
Hastings.
Ich sag dir, Freund, mit mir steht's besser jetzt,
Als da du neulich eben hier mich trafst.
Da ging ich als Gefangner in den Turm
Auf Antrieb von der Königin Partei;
Nun aber sag ich dir (bewahr's für dich),
Heut werden meine Feinde hingerichtet,
Und meine Lag' ist besser als zuvor.
Heroldsdiener.
Erhalt' sie Gott nach Euer Gnaden Wunsch!
Hastings.
Großen Dank, Bursche! Trink das auf mein Wohl.
(Wirft ihm seinen Beutel zu.)
Heroldsdiener.
Ich dank Eu'r Gnaden. (Ab.)
(Ein Priester tritt auf.)
Priester.
Mylord, mich freut's, Eu'r Gnaden wohl zu sehn.
Hastings.
Ich danke dir von Herzen, mein Sir John.
Ich bin Eu'r Schuldner für die letzte Übung;
Kommt nächsten Sabbat, und ich will's vergüten.
(Buckingham tritt auf.)
Buckingham.
Ihr sprecht mit Priestern, wie, Herr Kämmerer?
Den Priester brauchen Eure Freund' in Pomfret,
Eu'r Gnaden hat mit Beichten nichts zu tun.
Hastings.
Fürwahr, da ich den würd'gen Mann hier sah,
Da fielen die, wovon Ihr sprecht, mir ein.
Sagt, geht Ihr in den Turm?
Buckingham.
Ja, Mylord, doch ich kann nicht lang da bleiben,
Ich geh vor Euer Edeln wieder fort.
Hastings.
Vielleicht, weil ich zum Mittagessen bleibe.
Buckingham (beiseit).
Zum Abendessen auch, weißt du's schon nicht.--
Kommt, wollt Ihr gehn?
Hastings.
Eu'r Gnaden aufzuwarten.
(Ab.)
DRITTE SZENE
Zu Pomfret, vor der Burg.
(Ratcliff tritt auf mir einer Wache, welche Rivers,
Vaughan und Grey zur Hinrichtung führt.)
Ratcliff.
Kommt, führt die Gefangnen vor.
Rivers.
Sir Richard Ratcliff, laß dir sagen dies:
Heut wirst du einen Untertan sehn sterben,
Den Treu' und Pflicht und Biederkeit
verderben.
Grey.
Gott schütz' den Prinzen nur vor eurer Rotte!
Verdammter Hauf' ihr alle von Blutsaugern!
Vaughan.
Ihr, die ihr lebt, wehklagt hierum noch künftig.
Ratcliff.
Macht fort, denn eures Lebens Ziel ist da.
Rivers.
O Pomfret! Pomfret! O du blut'ger Kerker,
Verhängnisvoll und tödlich edlen Pairs!
Im sünd'gen Umfang deiner Mauern ward
Richard der Zweite hier zu Tod gehaun;
Und deinem grausen Sitz zu fernerm Schimpf
Gibt man dir unser schuldlos Blut zu trinken.
Grey.
Nun fällt Margrethas Fluch auf unser Haupt,
Ihr Racheschrei, weil Hastings, Ihr und ich
Zusahn, als Richard ihren Sohn erstach.
Rivers.
Da fluchte sie Hastings, da fluchte sie Buckingham,
Da fluchte sie Richard: Gott, gedenke des!
Hör ihr Gebet für sie, wie jetzt für uns!
Für meine Schwester und für ihre Prinzen
Genüg' unser treues Blut dir, teurer Gott,
Das ungerecht, du weißt's, vergossen wird!
Ratcliff.
Eilt euch, die Todesstund' ist abgetan.
Rivers.
Komm, Grey! komm, Vaughan! umarmen wir uns hier:
Lebt wohl, bis wir uns wiedersehn im Himmel.
(Alle ab.)
VIERTE SZENE
London. Ein Zimmer im Turm.
(Buckingham, Stanley, Hastings, der Bischof von Ely,
Lovel und andre, an einer Tafel sitzend; Ratsbediente hinter ihnen
stehend.)
Hastings.
Nun, edle Pairs, was uns versammelt, ist,
Die Krönung festzusetzen: in Gottes Namen,
Sprecht denn, wann ist der königliche Tag?
Buckingham.
Ist alles fertig für dies Königsfest?
Stanley.
Ja, und es fehlt die Anberaumung nur.
Ely.
So acht' ich morgen einen guten Tag.
Buckingham.
Wer kennt des Lord Protektors Sinn hierin?
Wer ist Vertrautester des edlen Herzogs?
Ely.
Eu'r Gnaden kennt wohl seinen Sinn am ersten.
Buckingham.
Wir kennen von Gesicht uns: doch die Herzen,
Da kennt er meins nicht mehr, als Eures ich;
Noch seines ich, Mylord, als meines Ihr.--
Lord Hastings, Ihr und er seid nah vereint.
Hastings.
Ich weiß, er will mir wohl, Dank Seiner Gnaden.
Doch über seine Absicht mit der Krönung
Hab ich ihn nicht erforscht, noch er darin
Sein gnäd'ges Wohlgefallen mir eröffnet.
Ihr mögt, mein edler Lord, die Zeit wohl nennen,
Und ich will stimmen an des Herzogs Statt,
Was, wie ich hoff, er nicht verübeln wird.
(Gloster tritt auf.)
Ely.
Zu rechter Zeit kommt da der Herzog selbst.
Gloster.
Ihr edlen Lords und Vetter, guten Morgen!
Ich war ein Langeschläfer; doch ich hoffe,
Mein Absein hat kein groß Geschäft versäumt,
Das meine Gegenwart beschlossen hätte.
Buckingham.
Kamt Ihr auf Euer Stichwort nicht, Mylord,
So sprach William Lord Hastings Eure Rolle:
Gab Eure Stimme, mein ich, für die Krönung.
Gloster.
Niemand darf dreister sein als Mylord Hastings;
Sein' Edeln kennt mich wohl und will mir wohl.--
Mylord von Ely, jüngst war ich in Holborn
Und sah in Eurem Garten schöne Erdbeern:
Laßt etliche mir holen, bitt ich Euch.
Ely.
Das will ich, Mylord, und von Herzen gern. (Ab.)
Gloster.
Vetter von Buckingham, ein Wort mit Euch.
(Er nimmt ihn beiseit.)
Catesby hat Hastings über unsern Handel
Erforscht und findt den starren Herrn so hitzig,
Daß er den Kopf daran wagt, eh' er leidet,
Daß seines Herrn Sohn, wie er's ehrsam nennt,
An Englands Thron das Erbrecht soll verlieren.
Buckingham.
Entfernt ein Weilchen Euch, ich gehe mit.
(Gloster und Buckingham ab.)
Stanley.
Noch Setzten wir dies Jubelfest nicht an;
Auf morgen, wie mich dünkt, das wär' zu plötzlich,
Denn ich bin selber nicht so wohl versehn,
Als ich es wär', wenn man den Tag verschöbe.
(Der Bischof von Ely kommt zurück.)
Ely.
Wo ist der Lord Protektor?
Ich sandt' aus Nach diesen Erdbeern.
Hastings.
Heut sieht Sein' Hoheit mild und heiter aus:
Ihm liegt etwas im Sinn, das ihm behagt,
Wenn er sO munter guten Morgen bietet.
Ich denke, niemand in der Christenheit
Kann minder bergen Lieb' und Haß wie er;
Denn sein Gesicht verrät Euch gleich sein Herz.
Stanley.
Was nahmt Ihr im Gesicht vom Herzen wahr,
Durch irgendeinen Anschein, den er wies?
Hastings.
Ei, daß er wider niemand hier was hat,
Denn, wäre das, er zeigt' es in den Mienen.
(Gloster und Buckingham treten auf.)
Gloster.
Ich bitt euch alle, sagt, was die verdienen,
Die meinen Tod mit Teufelsränken suchen
Verdammter Hexerei und meinen Leib
Mit ihrem höllischen Zauber übermannt?
Hastings.
Die Liebe, die ich zu Eu'r Hoheit trage,
Drängt mich in diesem edlen Kreis vor allen
Die Schuld'gen zu verdammen; wer sie sei'n,
Ich sage, Mylord, sie sind wert des Tods.
Gloster.
Sei denn eu'r Auge ihres Unheils Zeuge:
Seht nur, wie ich behext bin! Schaut, mein Arm
Ist ausgetrocknet wie ein welker Sproß.
Und das ist Eduards Weib, die arge Hexe,
Verbündet mit der schandbarn Metze Shore,
Die so mit Hexenkünsten mich gezeichnet.
Hastings.
Wenn sie die Tat getan, mein edler Herr--
Gloster.
Wenn! Du Beschützer der verdammten Metze!
Kommst du mit Wenn mir? Du bist ein Verräter.--
Den Kopf ihm ab! Ich schwöre bei Sankt Paul,
Ich will nicht speisen, bis ich den gesehn.--
Lovel und Catesby, sorgt, daß es geschieht;--
Und wer mich liebt, steh' auf und folge mir!
(Der Staatsrat mit Gloster und Buckingham ab.)
Hastings.
Weh, weh um England! Keineswegs um mich.
Ich Tor, ich hätte dies verhüten können:
Denn Stanley träumte, daß der Eber ihm
Den Helmbusch abstieß, aber nur gering
Hab ich's geachtet und versäumt zu fliehn.
Dreimal gestrauchelt hat mein Leibpferd heute
Und hat gescheut, wie es den Turm erblickt,
Als trüg' es ungern in das Schlachthaus mich.
Oh! jetzt brauch ich den Priester, den ich sprach;
Jetzt reut es mich, daß ich dem Heroldsdiener
Zu triumphierend sagte, meine Feinde
In Pomfret würden blutig heut geschlachtet,
Derweil ich sicher wär' in Gnad' und Gunst.
O jetzt, Margretha, trifft dein schwerer Fluch
Des armen Hastings unglücksel'gen Kopf.
Catesby.
Macht fort, Mylord! Der Herzog will zur Tafel;
Beichtet nur kurz: ihm ist's um Euren Kopf.
Hastings.
O flücht'ge Gnade sterblicher Geschöpfe,
Wonach wir trachten vor der Gnade Gottes!
Wer Hoffnung baut in Lüften eurer Blicke,
Lebt wie ein trunkner Schiffer auf dem Mast,
Bereit, bei jedem Ruck hinabzutaumeln
In der verderbenschwangern Tiefe Schoß.
Lovel.
Wohlan, macht fort!,s ist fruchtlos weh zu rufen.
Hastings.
O blut'ger Richard! Unglücksel'ges England!
Ich prophezeie grause Zeiten dir,
Wie die bedrängte Welt sie nie gesehn.--
Kommt, führt mich hin zum Block! bringt ihm mein Haupt!
Bald wird, wer meiner spottet, hingeraubt.
(Alle ab.)
FÜNFTE SZENE
Innerhalb der Mauern des Turms.
(Gloster und Buckingham in rostigem Harnisch und
einem sehr entstellenden Aufzuge.)
Gloster.
Komm, Vetter, kannst du zittern, Farbe wechseln?
Mitten im Worte deinen Atem würgen,
Dann wiederum beginnen, wieder stocken,
Wie außer dir und irr im Geist vor Schrecken?
Buckingham.
Pah! ich tu's dem Tragödienspieler nach,
Red und seh hinter mich und späh umher,
Beb und fahr auf, wenn sich ein Strohhalm rührt,
Als tiefen Argwohn hegend; grause Blicke
Stehn zu Gebot mir, wie erzwungnes Lächeln,
Und beide sind bereit in ihrem Dienst
Zu jeder Zeit zugunsten meiner Ränke.
Doch sag, ist Catesby fort?
Gloster.
Ja, und sieh da, er bringt den Schulzen mit.
(Der Lord Mayor und Catesby treten auf.)
Buckingham.
Laßt mich allein ihn unterhalten.--Lord Mayor
Gloster.
Gebt auf die Zugbrück' acht.
Buckingham.
Horch! eine Trommel.
Gloster.
Catesby, schau von der Mauer.
Buckingham.
Lord Mayor, der Grund, warum wir nach Euch sandten-–
Gloster.
Sieh um dich, wehr dich, es sind Feinde hier.
Buckingham.
Bewahr' und schirm' uns Gott und unsre Unschuld!
(Ratcliff und Lovel treten auf mit Hastings
Kopfe.)
Gloster.
Sei ruhig! Freunde sind's, Ratcliff und Lovel.
Lovel.
Hier ist der Kopf des schändlichen Verräters,
Des tückischen und unverdächt'gen Hastings.
Gloster.
Ich war so gut ihm, daß ich weinen muß.
Ich hielt ihn für das redlichste Geschöpf,
Das lebt' auf Erden unter Christenseelen;
Macht' ihn zum Buch, in welches meine Seele
Die heimlichsten Gedanken niederschrieb.
So glatt betüncht' er mit dem Schein der Tugend
Sein Laster, daß, bis auf sein offenbares
Vergehn, den Umgang mein ich mit Shores Weib,
Er rein sich hielt von jeglichem Verdacht.
Buckingham.
Ja, ja, er war der schleichendste Verräter,
Der je gelebt.--Seht Ihr, Mylord Mayor,
Solltet Ihr's denken oder glauben selbst,
Falls wir nicht wunderbar errettet lebten,
Es zu bezeugen, daß der Erzverräter
Heut angezettelt hatt', im Saal des Rats
Mich und den guten Herzog zu ermorden?
Mayor.
Wie? hatt' er das?
Gloster.
Was? denkt Ihr, wir sei'n Türken oder Heiden
Und würden, wider alle Form des Rechts
So rasch verfahren mit des Schurken Tod,
Wo nicht die dringende Gefahr des Falls,
Der Frieden Englands, unsre Sicherheit
Uns diese Hinrichtung hätt' abgenötigt?
Mayor.
Ergeh's Euch wohl! Erbat den Tod verdient,
Und beid' Eu'r Gnaden haben wohl getan,
Verräter vor dergleichen Tun zu warnen.
Ich habe nie mir Guts von ihm versehn,
Seit er sich einmal einließ mit Frau Shore.
Buckingham.
Doch war nicht unsre Absicht, daß er stürbe,
Bis Euer Edeln käm', es anzusehn;
Was dieser unsrer Freund' ergebne Eil'
In etwas gegen unsern Sinn, verhindert.
Wir wollten, Mylord, daß Ihr den Verräter
Selbst hörtet reden und verzagt bekennen
Die Weis' und Absicht der Verräterei,
Auf daß Ihr selb'ge wohl erklären möchtet
Der Bürgerschaft, die uns vielleicht hierin
Mißdeutet und bejammert seinen Tod.
Mayor.
Doch, bester Herr, mir gilt Eu'r Gnaden Wort,
Als hätt' ich ihn gesehn und reden hören;
Und zweifelt nicht, erlauchte Prinzen beide,
Ich will der treuen Bürgerschaft berichten
All Eu'r gerecht Verfahren bei dem Fall.
Gloster.
Wir wünschten zu dem End' Eu'r Edeln her,
Dem Tadel zu entgehn der schlimmen Welt.
Buckingham.
Doch weil zu spät Ihr kamt für unsern Zweck
Bezeugt nur, was Ihr hört, daß wir bezielt;
Und somit, wertester Lord Mayor, lebt wohl.
(Der Lord Mayor ab.)
Gloster.
Geh, folg ihm, folg ihm, Vetter Buckingham.
Der Schulz geht eiligst nun aufs Gildehaus:
Daselbst, wie's dann die Zeit am besten gibt,
Dring auf die Unechtheit von Eduards Kindern.
Stell ihnen vor, wie Eduard einen Bürger
Am Leben strafte, bloß weil er gesagt,
Er wolle seinen Sohn zum Erben machen
Der Krone, meinend nämlich seines Hauses,
Das so nach dessen Schilde ward benannt.
Auch schildre seine schnöde Üppigkeit
Und viehisches Gelüst nach stetem Wechsel,
Das ihre Mägde, Töchter, Weiber traf,
Wo nur sein lüstern Aug' und wildes Herz
Ohn' Einhalt wählen mochte seinen Raub.
Ja, wenn es not tut, rück mir selbst noch näher
Und sag, als meine Mutter schwanger war
Mit diesem nie zu sättigenden Eduard,
Da habe mein erlauchter Vater York
In Frankreich Krieg geführt und bei Berechnung
Der Zeit gefunden, daß das Kind nicht sein;
Was auch in seinen Zügen kund sich gab,
Als keineswegs dem edlen Herzog ähnlich.
Doch das berührt nur schonend, wie von fern,
Weil meine Mutter, wie Ihr wißt, noch lebt.