(Mit Trommeln und Fahnen treten auf Macbeth, Seyton,
Soldaten.)
MACBETH
Pflanzt unsre Banner auf die äußre Mauer;
Stets heißts: sie kommen! Unser festes Schloß
Lacht der Belagrung; mögen sie hier liegen,
Bis Hunger sie und Krankheit aufgezehrt.
Verstärken die sie nicht, die uns gehören,
Wir hätten, Bart an Bart, sie kühn getroffen
Und sie nach Haus gegeißelt.
(Ein Schrei von Frauen hinter der Szene.)
Was für Lärm?
([Weibergeschrei hinter der Szene.])
SEYTON
Es ist Geschrei von Weibern, gnädger Herr.
(Geht ab.)
MACBETH
Verloren hab ich fast den Sinn der Furcht.
Es gab 'ne Zeit, wo kalter Schaur mich faßte,
Wenn der Nachtvogel schrie, das ganze Haupthaar
Bei einer schrecklichen Geschicht empor
Sich richtete, als wäre Leben drin.
Ich hab mich vollgeschluckt mit so viel Grauen:
Entsetzen, meinem Mordsinn eng vertraut,
Schreckt nun mich nimmermehr.--
(Seyton kommt zurück.)
Weshalb das Wehschrein?
SEYTON
Die Königin, Herr, ist tot.
MACBETH
Sie hätte später sterben können; es hätte
Die Zeit sich für ein solches Wort gefunden.--
Morgen, und morgen, und dann wieder morgen,
Kriecht so mit kleinem Schritt von Tag zu Tag,
Zur letzten Silb auf unserm Lebensblatt;
Und alle unsre Gestern führten Narren
Den Pfad zum staubigen Tod. Aus, kleines Licht!
Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild,
Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht
Sein Stündchen auf der Bühn und dann nicht mehr
Vernommen wird; ein Märchen ists, erzählt
Von einem Blödling, voller Klang und Wut,
Das nichts bedeutet.
(Ein Bote kommt.)
Du hast was auf der Zunge: schnell heraus!
BOTE
Mein königlicher Herr,
Ich sollte melden das, was, wie ich glaube,
Ich sah; doch wie ichs tun soll, weiß ich nicht.
MACBETH
Nun, sags nur, Mensch!
BOTE
Als ich den Wachtdienst auf dem Hügel tat--
Ich schau nach Birnam zu, und sieh, mir deucht,
Der Wald fängt an zu gehn.
MACBETH
Lügner und Sklav!
(Schlägt ihn.)
BOTE
Laßt Euren Zorn mich fühlen, ists nicht so:
Drei Meilen weit könnt Ihr ihn kommen sehn;
Ein gehnder Wald--wahrhaftig!
MACBETH
Sprichst du falsch,
Sollst du am nächsten Baum lebendig hangen,
Bis Hunger dich verschrumpft hat; sprichst du wahr,
Magst du mir meinethalb dasselbe tun.--
Einzieh ich die Entschlossenheit, beginne
Den Doppelsinn des bösen Feinds zu merken,
Der Lüge spricht wie Wahrheit: Fürchte nichts,
Bis Birnams Wald anrückt auf Dunsinan!--
Und nunmehr kommt ein Wald nach Dunsinan!
Waffen nun, Waffen, und hinaus!--
Ist Wahrheit das, was seine Meldung spricht,
So ist kein Fliehn von hier, ist Bleiben nicht.
Das Sonnenlicht will schon verhaßt mir werden;
O fiel in Trümmer jetzt der Bau der Erden!
Auf, läutet Sturm! Wind, blas! Heran, Verderben!
Den Harnisch auf dem Rücken will ich sterben.
(Alle ab.)
SECHSTE SZENE
(Daselbst. Feld vor dem Schloß)
(Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Malcolm,
der alte Siward, Macduff, die übrigen Anführer, das Heer mit
Zweigen.)
MALCOLM
Jetzt nah genug! Werft ab die laubigen Schirme
Und zeigt euch, wie ihr seid! Ihr, würdger Oheim,
Führt mit dem Vetter, Eurem edlen Sohn,
Die erste Schar; ich und der würdge Macduff
Besorgen, was noch übrig ist zu tun,
Wie wir es angeordnet.
SIWARD
Lebt denn wohl!
Zieht uns nur heut entgegen der Tyrann,
Mag er den schlagen, der nicht fechten kann!
MACDUFF
Trompeten, blast, beteuert kühnen Mut,
Herolde ruft ihr uns in Tod und Blut!
(Alle ab. [Schlachtgetümmel hinter der Szene.])
SIEBENTE SZENE
(Daselbst. Ein andrer Teil des Feldes)
(Kriegsgeschrei. Macbeth tritt auf.)
MACBETH
Sie banden mich an den Pfahl, fliehn kann ich nicht,
Muß wie der Bär der Hatz entgegenkämpfen:
Wo ist er, der nicht ward vom Weib geboren?
Den fürcht ich, keinen sonst.
(Der junge Siward kommt.)
DER JUNGE SIWARD
Wie ist dein Name?
MACBETH
Du wirst erschrecken, ihn zu hören.
DER JUNGE SIWARD
Nein! Nennst du dich auch mit einem grimmren Namen
Als einer in der Höll.
MACBETH
Mein
Nam ist Macbeth.
DER JUNGE SIWARD
Der Teufel selber könnte nichts verkünden,
Verhaßter meinem Ohr.
MACBETH
Und nichts so furchtbar.
DER JUNGE SIWARD
Abscheulicher Tyrann, du lügst! Das soll
Mein Schwert dir zeigen.
(Gefecht, der junge Siward fällt.)
MACBETH
Wardst vom Weib geboren.--
Der Schwerter lach ich, spotte der Gefahr,
Womit ein Mann droht, den ein Weib gebar.
(Er geht ab. Getümmel, Macduff kommt.)
MACDUFF
Dort ist der Lärm.--Zeig dein Gesicht, Tyrann!
Fällst du, und nicht von meinem Schwert, so werden
Mich meines Weibs, der Kinder Geister quälen;
Ich kann auf armes Kernenvolk nicht schlagen,
Die in gedungner Hand die Lanze führen.
Nur du, Macbeth! Wo nicht, kehrt schartenlos
Und ohne Tat mein Schwert zurück zur Scheide.
Dort mußt du sein; dies mächtge Tosen kündet,
Daß dort vom ersten Range einer kämpft.
O Glück, eins bitt ich nur: laß mich ihn finden!
(Er geht ab. Getümmel. Malcolm und der alte
Siward kommen.)
SIWARD
Hieher, mein Prinz!--Das Schloß ergab sich willig;
Auf beiden Seiten kämpft des Wütrichs Volk.
Die edlen Thans tun wackre Kriegesdienste;
Der Tag hat sich fast schon für Euch entschieden,
Nur wenig ist zu tun.
MALCOLM
Wir trafen Feinde,
Die uns vorbei haun.
SIWARD
Kommt, Prinz, in die Festung!
(Sie gehen ab. Getümmel,)
ACHTE SZENE
(Daselbst. Ein anderer Teil des Feldes)
(Macbeth kommt.)
MACBETH
Weshalb sollt ich den römschen Narren spielen,
Sterbend durchs eigne Schwert? So lange Leben
Noch vor mir sind, stehn denen Wunden besser.
(Macduff kommt zurück.)
MACDUFF
Zu mir, du Höllenhund, zu mir!
MACBETH
Von allen Menschen mied ich dich allein;
Du, mach dich nur zurück, mit Blut der Deinen
Ist meine Seele schon zu sehr beladen.
MACDUFF
Ich habe keine Worte, meine Stimme
Ist nur in meinem Schwert. Du Schurke! Blutger,
Als Sprache Worte hat!
(Sie fechten.)
MACBETH
Verlorne Müh!
So leicht magst du die unteilbare Luft
Mit scharfem Schwert durchhaun, als mich verletzen.
Auf Schädel, die verwundbar, schwing den Stahl;
Mein Leben ist gefeit, kann nicht erliegen
Einem vom Weib Gebornen.
MACDUFF
So verzweifle
An deiner Kunst, und sage dir der Engel,
Dem du von je gedient, daß vor der Zeit
Macduff geschnitten ward aus
Mutterleib.
MACBETH
Verflucht die Zunge, die mir dies verkündet,
Denn meine beste Mannheit schlägt sie nieder!
Und keiner trau dem Gaukelspiel der Hölle,
Die uns mit doppelsinnger Rede äfft,
Die Wort dem Ohr nur hält mit Glückverheißung
Und es der Wahrheit bricht.--Mit dir nicht kämpf ich.
MACDUFF
Nun, so ergib dich, Memme!
Und leb als Wunderschauspiel für die Welt.
Wir wollen dich als seltnes Ungeheuer
Im Bild auf Stangen führen, mit der Schrift:
Hier zeigt man den Tyrannen.
MACBETH
Ich will mich nicht ergeben, um zu küssen
Den Boden vor des Knaben Malcolm Fuß,
Gehetzt zu werden von des Pöbels Flüchen.
Ob Birnams Wald auch kam nach Dunsinan,
Ob meinen Gegner auch kein Weib gebar,
Doch wag ich noch das Letzte: vor die Brust
Werf ich den mächtgen Schild. Nun magst dich wahren,
Wer Halt! zuerst ruft, soll zur Hölle fahren!
(Sie gehen kämpfend ab.
Rückzug. Trompeten. Es treten auf mit Trommeln und
Fahnen Malcolm, der alte Siward, Rosse, Lenox, Angus,
Cathness, Menteth und Soldaten.)
MALCOLM
O wären lebend die vermißten Freunde!
SIWARD
Mancher muß draufgehn; doch soviel ich sehe,
Ist dieser große Tag wohlfeil erkauft.
MALCOLM
Vermißt wird Macduff und Eur edler Sohn.
ROSSE
Eur Sohn, Mylord, hat Kriegerschuld gezahlt.
Er lebte nur, bis er ein Mann geworden;
In seiner Kühnheit war dies kaum bewährt
Durch unverzagten Kampf in blutger Schlacht,
Als er starb wie ein Mann.
SIWARD
So ist er tot?
ROSSE
Ja, und getragen aus dem Feld. Eur Schmerz
Muß nicht nach seinem Wert gemessen werden,
Sonst wär er endlos.
SIWARD
Hat er vorn die Wunden?
ROSSE
Ja, auf der Stirn.
SIWARD
Wohl: sei er Gottes Kriegsmann!
Hätt ich so viele Söhn', als Haar' ich habe,
Ich wünschte keinem einen schönern Tod:
Das ist sein Grabgeläut.
MALCOLM
Mehr
Trauer ist er
Noch wert; ich weih sie ihm.
SIWARD
Mehr tun ist Schwäche.
Er schied geehrt und zahlte seine Zeche.
So, Gott sei mit ihm!--Seht, ein neuer Trost!
(Macduff kommt mit Macbeths Kopf.)
MACDUFF
Heil, König! Denn das bist du. Schau, hier steht
Des Usurpators Haupt; nun sind wir frei!
Ich seh umringt dich von des Reiches Perlen,
Die meinen Gruß im Herzen mit mir sprechen,
Und deren lautes Wort ich jetzt erheische:
Dem König Schottlands Heil!
ALLE
Heil,
Schottlands König!
(Trompetenstoß.)
MALCOLM
Wir wollen nicht vergeblich Zeit verschwenden,
Mit Eurer Liebe einzeln abzurechnen,
Und quitt mit Euch zu werden. Thans und Vettern,
Hinfort seid Grafen, die zuerst in Schottland
Mit dieser Ehre prangen. Was zu tun noch,
Was nun gepflanzt muß werden mit der Zeit,
Als Rückberufung der verbannten Freunde,
Die des Tyrannen listger Schling entflohn,
Einziehn der blutgen Schergen dieses toten
Bluthunds und seiner höllischen Königin,
Die, wie man glaubt, gewaltsam selbst ihr Leben
Geendet.--Alles, was Uns sonst noch obliegt,
Das, mit der ewgen Gnade Gnadenhort,
Vollenden Wir nach Maß und Zeit und Ort.
Euch allen werd und jedem Dank und Lohn,
Und jetzt zur Krönung lad ich Euch nach Scone.
(Trompetenstoß. Alle ab.)
Übersetzt von Dorothea Tieck.