Orlando.
Ich möchte meine rechte Rosalinde nicht so gesinnt wissen; denn ich
beteure, ihr Stirnrunzeln könnte mich töten.
Rosalinde.
Bei dieser Hand! es tötet keine Fliege. Aber kommt! nun will ich
Eure Rosalinde in einer gutwilligeren Stimmung sein, und bittet von
mir, was Ihr wollt, ich will es zugestehn.
Orlando.
So liebe mich, Rosalinde.
Rosalinde.
Ja, das will ich, Freitags, Sonnabends und so weiter.
Orlando.
Und willst du mich haben?
Rosalinde.
Ja, und zwanzig solcher.
Orlando.
Was sagst du?
Rosalinde.
Seid Ihr nicht gut?
Orlando.
Ich hoff es.
Rosalinde.
Nun denn, kann man des Guten zuviel haben?--Kommt, Schwester, Ihr
sollt der Priester sein, um uns zu trauen.--Gebt mir Eure Hand,
Orlando.--Was sagt Ihr, Schwester?
Orlando.
Bitte, trau uns.
Celia.
Ich weiß die Worte nicht.
Rosalinde.
Ihr müßt anfangen: "Wollt Ihr, Orlando--"
Celia.
Schon gut.--Wollt Ihr, Orlando, gegenwärtige Rosalinde zum Weibe
haben?
Orlando.
Ja!
Rosalinde.
Gut, aber wann?
Orlando.
Nun, gleich: so schnell sie uns trauen kann.
Rosalinde.
So müßt Ihr sagen: "Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe."
Orlando.
Ich nehme dich, Rosalinde, zum Weibe.
Rosalinde.
Ich könnte nach Eurem Erlaubnisschein fragen, doch--ich nehme dich,
Orlando, zu meinem Manne. Da kommt ein Mädchen dem Priester zuvor,
und wirklich, Weibergedanken eilen immer ihren Handlungen voraus.
Orlando.
Das tun alle Gedanken, sie sind beflügelt.
Rosalinde.
Nun sagt mir: wie lange wollt Ihr sie haben, nachdem Ihr ihren
Besitz erlangt?
Orlando.
Immerdar und einen Tag.
Rosalinde.
Sagt, einen Tag, und laßt immerdar weg. Nein, nein, Orlando!
Männer sind Mai, wenn sie freien, und Dezember in der Ehe. Mädchen
sind Frühling, solange sie Mädchen sind, aber der Himmel verändert
sich, wenn sie Frauen werden. Ich will eifersüchtiger auf dich
sein als ein Turteltauber auf sein Weibchen, schreiichter als ein
Papagei, wenn es regnen will, putzsüchtiger als ein Affe und
launischer in Gelüsten als eine Meerkatze. Ich will um nichts
weinen, wie Diana am Springbrunnen, und das will ich tun, wenn du
zur Lustigkeit gestimmt bist; ich will lachen wie eine Hyäne, und
zwar wenn du zu schlafen wünschest.
Orlando.
Aber wird meine Rosalinde das tun?
Rosalinde.
Bei meinem Leben, sie wird es machen wie ich.
Orlando.
Oh, sie ist aber klug.
Rosalinde.
Sonst hätte sie nicht den Witz dazu. Je klüger, desto verkehrter.
Versperrt dem Witz eines Weibes die Türen, so muß er zum Fenster
hinaus; macht das zu, so fährt er aus dem Schlüsselloch; verstopft
das, so fliegt er mit dem Rauch aus dem Schornstein.
Orlando.
Ein Mann, der eine Frau mit soviel Witz hätte, könnte fragen: "Witz,
wo willst du mit der Frau hin?"
Rosalinde.
Nein, das könntet Ihr versparen, bis Ihr den Witz Eurer Frau auf
dem Wege zu Eures Nachbars Bett anträft.
Orlando.
Welcher Witz hätte Witz genug, das zu entschuldigen?
Rosalinde.
Nun, etwa:--sie ginge hin, Euch dort zu suchen. Ihr werdet sie nie
ohne Antwort ertappen. Ihr müßtet sie denn ohne Zunge antreffen.
Oh, die Frau, die die Schuld an ihren Fehlern nicht auf ihren Mann
zu schieben versteht, die laßt nie ihr Kind säugen; sie würde es
albern großziehn.
Orlando.
Auf die nächsten zwei Stunden, Rosalinde, verlasse ich dich.
Rosalinde.
Ach, geliebter Freund, ich kann dich nicht zwei Stunden entbehren.
Orlando.
Ich muß dem Herzoge beim Mittagstisch aufwarten. Um zwei Uhr bin
ich wieder bei dir.
Rosalinde.
Ja, geht nur, geht nur! Das sah ich wohl von Euch voraus; meine
Freunde sagten mir's, und ich dacht es ebenfalls--Eure
Schmeichelzunge gewann mich--es ist nur eine Verstoßne mehr--und
also: komm, Tod!--Zwei Uhr ist Eure Stunde?
Orlando.
Ja, süße Rosalinde.
Rosalinde.
Bei Treu und Glauben, und in vollem Ernst, und so mich der Himmel
schirme, und bei allen artigen Schwüren, die keine Gefahr haben,
brecht Ihr ein Pünktchen Eures Versprechens, oder kommt nur eine
Minute nach der Zeit, so will ich Euch für den feierlichsten
Wortbrecher halten und für den falschesten Liebhaber und den
Allerunwürdigsten derer, die Ihr Rosalinde nennt, welcher nur aus
dem ganzen Haufen der Ungetreuen ausgesucht werden konnte. Darum
hütet Euch vor meinem Urteil und haltet Euer Versprechen.
Orlando.
So heilig, als wenn du wirklich meine Rosalinde wärst. Leb denn
wohl!
Rosalinde.
Gut, die Zeit ist der alte Richter, der solche Verbrecher ans Licht
zieht, und die Zeit muß es ausweisen. Lebt wohl!
(Orlando ab.)
Celia.
Du hast unserm Geschlecht in deinem Liebesgeschwätz geradezu übel
mitgespielt. Wir müssen dir Hosen und Wams über den Kopf ziehn,
damit die Welt sieht, was der Vogel gegen sein eignes Nest getan
hat.
Rosalinde.
O Mühmchen! Mühmchen! Mühmchen! mein artiges kleines Mühmchen!
wüßtest du, wieviel Klafter tief ich in Liebe versenkt bin! Aber
es kann nicht ergründet werden; meine Zuneigung ist grundlos wie
die Bucht von Portugal.
Celia.
Sag lieber, bodenlos: soviel Liebe du hineintust, sie läuft alle
wieder heraus.
Rosalinde.
Nein, der boshafte Bastard der Venus, der vom Gedanken erzeugt, von
der Grille empfangen und von der Tollheit geboren wurde, der blinde
schelmische Bube, der jedermanns Augen betört, weil er selbst keine
mehr hat: der mag richten, wie tief ich in der Liebe stecke.--Ich
sage dir, Aliena, ich kann nicht ohne Orlandos Anblick sein; ich
will Schatten suchen und seufzen, bis er kommt.
Celia.
Und ich will schlafen.
(Beide ab.)
Zweite Szene
Ein anderer Teil des Waldes
(Jacques und Edelleute des Herzogs in Jägerkleidung treten auf)
Jacques.
Wer ist's, der den Hirsch erlegt'?
Erster Edelmann.
Ich tat es, Herr.
Jacques.
Laßt uns ihn dem Herzog vorstellen, wie einen römischen Eroberer,
und es schickte sich wohl, ihm das Hirschgeweih wie einen
Siegeskranz aufzusetzen. Habt ihr kein Lied, Jäger, auf diese
Gelegenheit?
Zweiter Edelmann.
O ja, Herr.
Jacques.
Singt es; es ist gleichviel, ob Ihr Ton haltet, wenn es nur Lärm
genug macht.
Lied. (Erste Stimme.) Was kriegt er, der den Hirsch erlegt?
(Zweite Stimme.) Sein ledern Kleid und Horn er trägt. (Erste
Stimme.) Drum singt ihn heim:
Ohn allen Zorn trag du das Horn;
Ein Helmschmuck war's, eh du geborn.
(Dieser Zuruf wird im Chor von den übrigen wiederholt.)
(Erste Stimme.) Deins Vaters Vater führt' es.
(Zweite Stimme.) Und deinen Vater ziert' es.
(Alle.)
Das Horn, das Horn, das wackre Horn
Ist nicht ein Ding zu Spott und Zorn.
(Ab.)
Dritte Szene
(Rosalinde und Celia treten auf)
Rosalinde.
Was sagt Ihr nun? Ist nicht zwei Uhr vorbei? Und kein Orlando zu
sehen!
Celia.
Ich stehe dir dafür, mit reiner Liebe und verwirrtem Gehirn hat er
seinen Bogen und Pfeile genommen und ist ausgegangen--zu schlafen.
Seht, wer kommt da?
(Silvius tritt auf.)
Silvius.
An Euch geht meine Botschaft, schöner Jüngling.
Dies hieß mich meine Phöbe übergeben;
Ich weiß den Inhalt nicht; doch, wie ich riet
Aus finstrer Stirn und zorniger Gebärde,
Die sie gemacht hat, während sie es schrieb,
So muß es zornig lauten; mir verzeiht,
Denn ich bin schuldlos, Bote nur dabei.
Rosalinde.
Bei diesem Briefe müßte die Geduld
Selbst sich empören und den Lärmer spielen;
Wer das hier hinnimmt, der nimmt alles hin.
Sie sagt, ich sei nicht schön, sei ungezogen,
Sie nennt mich stolz, und könne mich nicht lieben,
Wenn Männer selten wie der Phönix wären.
Ihr Herz ist auch der Hase, den ich jage.
Potz alle Welt! was schreibt sie so an mich?
Hört, Schäfer, diesen Brief habt Ihr erdacht.
Silvius.
Nein, ich beteur', ich weiß vom Inhalt nicht.
Sie schrieb ihn selbst.
Rosalinde.
Geht, geht! Ihr seid ein Narr,
Den Liebe bis aufs Äußerste gebracht.
Ich sah wohl ihre Hand: sie ist wie Leder,
'ne sandsteinfarbne Hand; ich glaubte in der Tat,
Sie hätte ihre alten Handschuh an,
Doch waren's ihre Hände--sie hat Hände
Wie eine Bäurin--doch das macht nichts aus;
Ich sage, nie erfand sie diesen Brief,
Hand und Erfindung ist von einem Mann.
Silvius.
Gewiß, er ist von ihr.
Rosalinde.
Es ist ein tobender und wilder Stil,
Ein Stil für Raufer; wie ein Türk dem Christen,
So trotzt sie mir. Ein weibliches Gehirn
Kann nicht so riesenhafte Dinge zeugen,
So äthiopsche Worte schwärzern Sinns,
Als wie sie aussehn.--Wollt Ihr selber hören?
Silvius.
Wenn's Euch beliebt; noch hört ich nicht den Brief,
Doch schon zuviel von Phöbes Grausamkeit.
Rosalinde.
Sie phöbet mich; hör an, wie die Tyrannin schreibt:
(Liest.)
"Bist du Gott im Hirtenstand,
Der ein Mädchenherz entbrannt?"
Kann ein Weib so höhnen?
Silvius.
Nennt Ihr das höhnen?
Rosalinde.
"Des verborgne Götterschaft
Qual in Weiberherzen schafft?"
Hörtet Ihr je solches Höhnen?
"Männer mochten um mich werben,
Nimmer bracht es mir Verderben."
--Als wenn ich ein Tier wäre.
"Wenn deiner lichten Augen Hohn
Erregte solche Liebe schon,
Ach, wie müßt' ihr milder Schein
Wunderwirkend in mir sein!
Da du schaltest, liebt ich dich;
Bätest du, was täte ich?
Der mein Lieben bringt zu dir,
Kennt dies Lieben nicht in mir.
Gib ihm denn versiegelt hin,
Ob dein jugendlicher Sinn
Nimmt das treue Opfer an
Von mir und allem, was ich kann.
Sonst schlag durch ihn mein Bitten ab,
Und dann begehr ich nur ein Grab."
Silvius.
Nennt Ihr das schelten?
Celia.
Ach, armer Schäfer!
Rosalinde.
Habt Ihr Mitleid mit ihm? Nein, er verdient kein Mitleid.--Willst
du solch ein Weib lieben?--Was? dich zum Instrument zu machen,
worauf man falsche Töne spielt? Nicht auszustehn!--Gut, geht Eures
Weges zu ihr (denn ich sehe, die Liebe hat einen zahmen Wurm aus
dir gemacht), und sagt ihr dies: Wenn sie mich liebt, befehle ich
ihr an, dich zu lieben; wenn sie nicht will, so habe ich nichts mit
ihr zu tun, es sei denn, daß du für sie bittest.--Wenn Ihr wahrhaft
liebt, fort, und keine Silbe mehr, denn hier kommt jemand.
(Silvius ab.)
(Oliver tritt auf.)
Oliver.
Guten Morgen, schöne Kinder! Wißt ihr nicht,
Wo hier im Wald herum 'ne Schäferei,
Beschattet von Olivenbäumen, steht?
Celia.
Westwärts von hier, den nahen Grund hinunter,
Bringt Euch die Reih von Weiden längs dem Bach,
Laßt Ihr sie rechter Hand, zum Orte hin.
Allein um diese Stunde hütet sich
Die Wohnung selber; es ist niemand drin.
Oliver.
Wenn eine Zung ein Auge kann belehren,
Müßt ich euch kennen der Beschreibung nach:
Die Tracht, die Jahre so. "Der Knab ist blond,
Von Ansehn weiblich, und er nimmt sich aus
Wie eine reife Schwester; doch das Mädchen
Ist klein und brauner als ihr Bruder." Seid ihr
Des Hauses Eigner nicht, das ich erfragt?
Celia.
Weil Ihr uns fragt: ja, ohne Prahlerei.
Oliver.
Orlando grüßt Euch beide, und er schickt
Dem Jüngling, den er seine Rosalinde
Zu nennen pflegt, dies blutge Tuch. Seid Ihr's?
Rosalinde.
Ich bin's. Was will er uns damit bedeuten?
Oliver.
Zu meiner Schand etwas, erfahrt Ihr erst,
Was für ein Mensch ich bin, und wo und wie
Dies Tuch befleckt ward.
Celia.
Sagt, ich bitt Euch drum.
Oliver.
Da jüngst Orlando sich von Euch getrennt,
Gab er sein Wort, in einer Stunde wieder
Zurück zu sein; und schreitend durch den Wald
Käut' er die Kost der süß und bittern Liebe.--
Seht, was geschah! Er warf sein Auge seitwärts
Und denkt, was für ein Gegenstand sich zeigt:
Am alten Eichbaum mit bemoosten Zweigen,
Den hohen Gipfel kahl von dürrem Alter,
Lag ein zerlumpter Mann, ganz überhaart,
Auf seinem Rücken schlafend; um den Hals
Wand eine grün und goldne Schlange sich,
Die mit dem Kopf, zu Drohungen behend,
Dem offnen Munde nahte; aber schnell,
Orlando sehend, wickelt sie sich los
Und schlüpft im Zickzack gleitend in den Busch.
In dessen Schatten hatte eine Löwin,
Die Euter ausgezogen, sich gelagert,
Den Kopf am Boden, katzenartig lauernd,
Bis sich der Schläfer rührte; denn es ist
Die königliche Weise dieses Tiers,
Auf nichts zu fallen, was als tot erscheint.
Dies sehend, naht' Orlando sich dem Mann
Und fand, sein Bruder war's, sein ältster Bruder.
Celia.
Oh, von dem Bruder hört ich wohl ihn sprechen,
Und als den unnatürlichsten, der lebte,
Stellt' er ihn vor.
Oliver.
Und konnt es auch mit Recht;
Denn gar wohl weiß ich, er war unnatürlich.
Rosalinde.
Orlando aber?--Ließ er ihn zum Raub
Der hungrigen und ausgesognen Löwin?
Oliver.
Zweimal wandt er den Rücken und gedacht es;
Doch Milde, edler als die Rache stets,
Und die Natur, der Lockung überlegen,
Vermochten ihn, die Löwin zu bekämpfen,
Die baldigst vor ihm fiel. Bei diesem Strauß
Erwacht ich von dem unglückselgen Schlummer.
Celia.
Seid (Ihr) sein Bruder?
Rosalinde.
Hat er (Euch) gerettet?
Celia.
Ihr wart es, der so oft ihn töten wollte?
Oliver.
Ich war's, doch bin ich's nicht; ich scheue nicht
Zu sagen, wer ich war; da die Bekehrung
So süß mich dünkt, seit ich ein andrer bin.
Rosalinde.
Allein das blutge Tuch?
Oliver.
Im Augenblick,
Da zwischen uns, vom ersten bis zum letzten,
Nun Tränen die Berichte mild gebadet,
Wie ich gelangt an jenen wüsten Platz--
Geleitet' er mich zu dem edlen Herzog,
Der frische Kleidung mir und Speise gab,
Der Liebe meines Bruders mich empfehlend,
Der mich sogleich in seine Höhle führte.
Er zog sich aus, da hatt ihm hier am Arm
Die Löwin etwas Fleisch hinweggerissen,
Das unterdes geblutet; er fiel in Ohnmacht
Und rief nach Rosalinden, wie er fiel.
Ich bracht ihn zu sich selbst, verband die Wunde,
Und da er bald darauf sich stärker fühlte,
Hat er mich hergesandt, fremd, wie ich bin,
Dies zu berichten, daß Ihr ihm den Bruch
Des Wortes mögt verzeihn; und dann dies Tuch,
Mit seinem Blut gefärbt, dem jungen Schäfer
Zu bringen, den er seine Rosalinde
Im Scherz zu nennen pflegt.
Celia.
Was gibt es, Ganymed? mein Ganymed?
(Rosalinde fällt in Ohnmacht.)
Oliver.
Wenn manche Blut sehn, fallen sie in Ohnmacht.
Celia.
Ach, dies bedeutet mehr! Mein Ganymed!
Oliver.
Seht, er kommt wieder zu sich.
Rosalinde.
Ich wollt, ich wär zu Haus.
Celia.
Wir führen dich dahin.--
Ich bitt Euch, wollt Ihr unterm Arm ihn fassen?
Oliver.
Faßt nur Mut, junger Mensch!--Ihr ein Mann?--Euch fehlt ein
männlich Herz.
Rosalinde.
Das tut es, ich gesteh's. Ach, Herr, jemand könnte denken, das
hieße sich recht verstellen. Ich bitte Euch, sagt Eurem Bruder,
wie gut ich mich verstellt habe.--Ah! ha!
Oliver.
Das war keine Verstellung; Eure Farbe legt ein zu starkes Zeugnis
ab, daß es eine ernstliche Gemütsbewegung war.
Rosalinde.
Verstellung, ich versichre Euch.
Oliver.
Gut also, faßt ein Herz und stellt Euch wie ein Mann.
Rosalinde.
Das tu ich, aber von Rechts wegen hätte ich ein Weib werden sollen.
Celia.
Kommt--Ihr seht immer blässer und blässer--ich bitte Euch, nach
Hause. Lieber Herr, geht mit uns.
Oliver. Gern, denn ich muß ja meinem Bruder melden, wie weit Ihr
ihn entschuldigt, Rosalinde.
Rosalinde.
Ich will etwas ausdenken; aber ich bitte Euch, rühmt ihm meine
Verstellung.--Wollt Ihr gehn.
(Alle ab)
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Der Wald
(Probstein und Käthchen kommen)
Probstein.
Wir werden die Zeit schon finden, Käthchen. Geduld, liebes
Käthchen!
Käthchen.
Wahrhaftig, der Pfarrer war gut genug, was auch der alte Herr sagen
mochte.
Probstein.
Ein abscheulicher Ehrn Olivarius, Käthchen, ein entsetzlicher
Textdreher. Aber, Käthchen, da ist ein junger Mensch hier im Walde,
der Anspruch auf dich macht.
Käthchen.
Ja, ich weiß, wer es ist; er hat in der Welt nichts an mich zu
fordern. Da kommt der Mensch, den Ihr meint.
(Wilhelm kommt.)
Probstein.
Es ist mir ein rechtes Labsal, so einen Tölpel zu sehen. Meiner
Treu, wir, die mit Witz gesegnet sind, haben viel zu verantworten.
Wir müssen necken, wir können's nicht lassen.
Wilhelm.
Guten Abend, Käthchen.
Käthchen.
Schönen guten Abend, Wilhelm.
Wilhelm.
Und Euch, Herr, einen guten Abend.
Probstein.
Guten Abend, lieber Freund. Bedeck den Kopf! bedeck den Kopf!
Nun, sei so gut, bedecke dich! Wie alt seid Ihr, Freund?
Wilhelm.
Fünfundzwanzig, Herr.
Probstein.
Ein reifes Alter. Ist dein Name Wilhelm?
Wilhelm.
Wilhelm, Herr.
Probstein.
Ein schöner Name. Bist hier im Walde geboren?
Wilhelm.
Ja, Herr, Gott sei Dank!
Probstein.
"Gott sei Dank"--eine gute Antwort. Bist reich?
Wilhelm.
Nun, Herr, so, so.
Probstein.
"So, so" ist gut, sehr gut, ganz ungemein gut--nein, doch nicht, es
ist nur so so. Bist du weise?
Wilhelm.
Ja, Herr, ich hab einen hübschen Verstand.
Probstein.
Ei, wohl gesprochen! Da fällt mir ein Sprichwort ein: "Der Narr
hält sich für weise, aber der Weise weiß, daß er ein Narr ist."
Wenn der heidnische Philosoph Verlangen trug, Weinbeeren zu essen,
so öffnete er die Lippen, indem er sie in den Mund steckte; damit
wollte er sagen, Weinbeeren wären zum Essen gemacht und Lippen zum
Öffnen. Ihr liebt dieses Mädchen?
Wilhelm.
Das tu ich, Herr.
Probstein.
Gebt mir Eure Hand. Bist du gelehrt?
Wilhelm.
Nein, Herr.
Probstein.
So lerne dieses von mir: haben ist haben, denn es ist eine Figur in
der Redekunst, daß Getränk, wenn es aus einem Becher in ein Glas
geschüttet wird, eines leer macht, indem es das andere anfüllt;
denn alle unsre Schriftsteller stimmen darin überein: (ipse) ist er;
Ihr seid aber nicht (ipse,)denn ich bin "er".
Wilhelm.
Was für ein "er", Herr?
Probstein.
Der "er", Herr, der dies Mädchen heiraten muß. Also, Ihr Tölpel,
meidet--was in der Pöbelsprache heißt, verlaßt--den Umgang--was auf
bäurisch heißt, die Gesellschaft--dieser Frauensperson--was im
gemeinen Leben heißt, Mädchen; welches alles zusammen heißt: meidet
den Umgang dieser Frauensperson, oder, Tölpel, du kommst um; oder,
damit du es besser verstehst, du stirbst; nämlich ich töte dich,
schaffe dich aus der Welt, bringe dich vom Leben zum Tode, von der
Freiheit zur Knechtschaft. Ich will dich mit Gift bedienen, oder
mit Bastonaden, oder mit dem Stahl; ich will eine Partei gegen dich
zusammenrotten, dich mit Politik überwältigen; ich will dich auf
hundertundfünfzig Arten umbringen: darum zittre und zieh ab.
Käthchen.
Tu es, guter Wilhelm.
Wilhelm.
Gott erhalt Euch guter Dinge, Herr.
(Ab.)
(Corinnus kommt.)
Corinnus.
Unsre Herrschaft sucht Euch. Kommt! geschwind! geschwind!
Probstein.
Lauf, Käthchen! Lauf, Käthchen! Ich komme nach, ich komme nach.
(Alle ab.)
Zweite Szene
Ebendaselbst
(Orlando und Oliver treten auf)
Orlando.
Ist es möglich, daß Ihr auf so geringe Bekanntschaft Neigung zu ihr
gefaßt? Kaum saht Ihr sie, so liebtet Ihr; kaum liebtet Ihr, so
warbt Ihr; kaum habt Ihr geworben, so sagt sie auch ja? Und Ihr
beharrt darauf, sie zu besitzen?
Oliver.
Macht Euch weder aus der Übereilung darin ein Bedenken, noch aus
ihrer Armut, der geringen Bekanntschaft, meinem schnellen Werben,
oder aus ihrem raschen Einwilligen, sondern sagt mit mir: ich liebe
Aliena; sagt mit ihr: daß sie mich liebt; willigt mit beiden ein,
daß wir einander besitzen mögen. Es soll zu Eurem Besten sein,
denn meines Vaters Haus und alle Einkünfte des alten Herrn Roland
will ich Euch abtreten und hier als Schäfer leben und sterben.
(Rosalinde kommt.)
Orlando.
Ihr habt meine Einwilligung. Laßt Eure Hochzeit morgen sein, ich
will den Herzog dazu einladen und sein ganzes frohes Gefolge. Geht
und bereitet Aliena vor; denn seht Ihr, hier kommt meine Rosalinde.
Rosalinde.
Gott behüte Euch, Bruder.
Oliver.
Und Euch, schöne Schwester.
Rosalinde.
Oh, mein lieber Orlando, wie bekümmert es mich, dich dein Herz in
einer Binde tragen zu sehn.
Orlando.
Meinen Arm.
Rosalinde.
Ich dachte, dein Herz wäre von den Klauen eines Löwen verwundet
worden.
Orlando.
Verwundet ist es, aber von den Augen eines Fräuleins.
Rosalinde.
Hat Euch Euer Bruder erzählt, wie ich mich stellte, als fiel ich in
Ohnmacht, da er mir Euer Tuch zeigte?
Orlando.
Ja, und größere Wunder als das.
Rosalinde.
O ich weiß, wo Ihr hinauswollte--Ja, es ist wahr, niemals ging noch
etwas so schnell zu, außer etwa ein Gefecht zwischen zwei Widdern
und Cäsars thrasonisches Geprahle: "Ich kam, sah und siegte." Denn
Euer Bruder und meine Schwester trafen sich nicht so bald, so sahen
sie; sahen nicht so bald, so liebten sie; liebten nicht so bald, so
seufzten sie; seufzten nicht so bald, so fragten sie einander nach
der Ursache; wußten nicht so bald die Ursache, so suchten sie das
Hilfsmittel; und vermittels dieser Stufen haben sie eine Treppe zum
Ehestande gebaut, die sie unaufhaltsam hinaufsteigen, oder
unenthaltsam vor dem Ehestande sein werden. Sie sind in der
rechten Liebeswut, sie wollen zusammen, man brächte sie nicht mit
Keulen auseinander.
Orlando.
Sie sollen morgen verheiratet werden, und ich will den Herzog zur
Vermählung laden. Aber ach! welch bittres Ding ist es,
Glückseligkeit nur durch andrer Augen zu erblicken! Um desto mehr
werde ich morgen auf dem Gipfel der Schwermut sein, je glücklicher
ich meinen Bruder schätzen werde, indem er hat, was er wünscht.
Rosalinde.
Wie nun? morgen kann ich Euch nicht statt Rosalindens dienen?
Orlando.
Ich kann nicht länger von Gedanken leben.
Rosalinde.
So will ich Euch denn nicht länger mit eitlem Geschwätz ermüden.
Wißt also von mir (denn jetzt rede ich nicht ohne Bedeutung), daß
ich weiß, Ihr seid ein Edelmann von guten Gaben. Ich sage dies
nicht, damit Ihr eine gute Meinung von meiner Wissenschaft fassen
sollt, insofern ich sage: ich (weiß,)daß Ihr es seid, noch strebe
ich nach einer größern Achtung, als die Euch einigermaßen Glauben
ablocken kann, zu Eurem eignen Besten, nicht zu meinem Ruhm.
Glaubt denn, wenn's Euch beliebt, daß ich wunderbare Dinge vermag;
seit meinem dritten Jahr hatte ich Verkehr mit einem Zauberer von
der tiefsten Einsicht in seiner Kunst, ohne doch verdammlich zu
sein. Wenn Euch Rosalinde so sehr am Herzen liegt, als Euer
Benehmen laut bezeugt, so sollt Ihr sie heiraten, wann Euer Bruder
Aliena heiratet. Ich weiß, in welche bedrängte Lage sie gebracht
ist, und es ist mir nicht unmöglich, wenn Ihr nichts dagegen habt,
sie Euch morgen vor die Augen zu stellen, leibhaftig und ohne
Gefährde.
Orlando.
Sprichst du in nüchternem Ernst?
Rosalinde.
Das tu ich bei meinem Leben, das ich sehr wert halte, sage ich
gleich, daß ich Zauberei verstehe. Also werft Euch in Euren besten
Staat, ladet Eure Freunde; denn wollt Ihr morgen verheiratet werden,
so sollt ihr's, und mit Rosalinden, wenn Ihr wollt
(Silvius und Phöbe treten auf.)
Seht, da kommen Verliebte, die eine in mich und der andere in sie.
Phöbe.
Es war von Euch sehr unhold, junger Mann,
Den Brief zu zeigen, den ich an Euch schrieb.
Rosalinde.
Ich frage nichts danach, es ist mein Streben,
Verachtungsvoll und unhold Euch zu scheinen.
Es geht Euch da ein treuer Schäfer nach;
Ihn blickt nur an, ihn liebt, er huldigt Euch.
Phöbe.
Sag, guter Schäfer, diesem jungen Mann,
Was lieben heißt.
Silvius.
Es heißt, aus Seufzern ganz bestehn und Tränen,
Wie ich für Phöbe.
Phöbe.
Und ich für Ganymed.
Orlando.
Und ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und ich für keine Frau.
Silvius.
Es heißt aus Treue ganz bestehn und Eifer,
Wie ich für Phöbe.
Phöbe.
Und ich für Ganymed.
Orlando.
Und ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und ich für keine Frau.
Silvius.
Es heißt, aus nichts bestehn als Phantasie,
Aus nichts als Leidenschaft, aus nichts als Wünschen,
Ganz Anbetung, Ergebung und Gehorsam,
Ganz Demut, ganz Geduld und Ungeduld,
Ganz Reinheit, ganz Bewährung, ganz Gehorsam.
Und so bin ich für Phöbe.
Phöbe.
Und so bin ich für Ganymed.
Orlando.
Und so bin ich für Rosalinde.
Rosalinde.
Und so bin ich für keine Frau.
Phöbe (zu Rosalinden).
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Silvius (zu Phöbe).
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Orlando.
Wenn dem so ist, was schmäht Ihr meine Liebe?
Rosalinde.
Wem sagt Ihr das: "Was schmäht Ihr meine Liebe?"
Orlando.
Der, die nicht hier ist, und die mich nicht hört.
Rosalinde.
Ich bitte Euch, nichts mehr davon; es ist, als wenn die Wölfe gegen
den Mond heulen.--(Zu Silvius.)
Ich will Euch helfen, wenn ich kann.--(Zu Phöbe.)
Ich wollte Euch lieben, wenn ich könnte.--Morgen kommen wir alle
zusammen.--(Zu Phöbe.)
Ich will Euch heiraten, wenn ich je ein Weib heirate, und ich
heirate morgen.--(Zu Orlando.) Ich will Euch Genüge leisten, wenn
ich je irgendwem Genüge leistete, und Ihr sollt morgen verheiratet
werden.--(Zu Silvius.)
Ich will Euch zufriedenstellen, wenn das, was Euch gefällt, Euch
zufriedenstellt, und Ihr sollt morgen heiraten.--(Zu Orlando.)
So wahr Ihr Rosalinde liebt, stellt Euch ein.--(Zu Silvius.)
So wahr Ihr Phöbe liebt, stellt Euch ein--und so wahr ich kein Weib
liebe, werde ich mich einstellen. Damit gehabt euch wohl! ich
habe euch meine Befehle zurückgelassen.
Silvius.
Ich bleibe nicht aus, wenn ich das Leben behalte.
Phöbe.
Ich auch nicht.
Orlando.
Ich auch nicht.
(Alle ab.)
Dritte Szene
Ebendaselbst
(Probstein und Käthchen kommen)
Probstein.
Morgen ist der frohe Tag, Käthchen; morgen heiraten wir uns.
Käthchen.
Mich verlangt von ganzem Herzen danach, und ich hoffe, es ist kein
unehrbares Verlangen, wenn mich verlangt, eine Frau wie andre auch
zu werden. Hier kommen zwei von des verbannten Herzogs Pagen.
(Zwei Pagen kommen.)
Erster Page.
Schön getroffen, wackrer Herr!
Probstein.
Wahrhaftig, schön getroffen! Kommt, setzt euch, setzt euch, und
ein Lied.
Zweiter Page.
Damit wollen wir aufwarten; setzt Euch zwischen uns.--Sollen wir
frisch dran, ohne uns zu räuspern, oder auszuspeien, oder zu sagen,
daß wir heiser sind, womit man immer einer schlechten Stimme die
Vorrede hält?
Erster Page.
Gut! gut! und beide aus einem Tone, wie zwei Zigeuner auf einem
Pferde.
Lied.
Ein Liebster und sein Mädel schön,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Die täten durch das Kornfeld gehn
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. Und zwischen Halmen auf dem Rain,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Legt sich das hübsche Paar hinein,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. Sie sangen diese Melodei,
Mit heisa und ha und juchheisa trala,
Wie's Leben nur 'ne Blume sei,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai. So nutzt die gegenwärtige Zeit,
Mit heisa und ha und juchheisa trala!
Denn Liebe lacht im Jugendkleid,
Zur Maienzeit, der lustigen Paarezeit,
Wann Vögel singen, tirlirelirei:
Süß Liebe liebt den Mai.
Probstein.
Wahrhaftig, meine jungen Herren, obschon das Lied nicht viel sagen
wollte, so war die Weise doch sehr unmelodisch.
Erster Page.
Ihr irrt Euch, Herr, wir hielten das Tempo, wir haben die Zeit
genau in acht genommen.
Probstein.
Ja, meiner Treu! ich könnte die Zeit auch besser in acht nehmen,
als ein solch albernes Lied anzuhören. Gott befohlen! und er
verleihe euch beßre Stimmen.--Komm, Käthchen!
(Alle ab.)
Vierte Szene
Ein anderer Teil des Waldes
(Der Herzog. Amiens, Jacques, Orlando, Oliver und Celia treten auf)
Herzog.
Und glaubst du denn, Orlando, daß der Knabe
Dies alles kann, was er versprochen hat?
Orlando.
Zuweilen glaub ich's, und zuweilen nicht,
So wie, wer fürchtet, hofft, und weiß, er fürchte.
(Rosalinde, Silvius und Phöbe treten auf.)
Rosalinde.
Habt noch Geduld, indes wir den Vertrag
In Ordnung bringen, Herzog, Ihr erklärt,
Daß, wenn ich Eure Rosalinde stelle,
Ihr dem Orlando hier sie geben wollt?
Herzog.
Ja, hätt ich Königreich' ihr mitzugeben.
Rosalinde (zu Orlando).
Ihr sagt, Ihr wollt sie, wenn ich sie Euch bringe?
Orlando.
Ja, wär ich aller Königreiche König.
Rosalinde (zu Phöbe).
Ihr sagt, Ihr wollt mich nehmen, wenn ich will?
Phöbe.
Das will ich, stürb ich gleich die Stunde drauf.
Rosalinde.
Wenn Ihr Euch aber weigert, mich zu nehmen,
Wollt Ihr Euch diesem treuen Schäfer geben?
Phöbe.
So ist der Handel.
Rosalinde (zu Silvius).
Ihr sagt, wenn Phöbe will, wollt Ihr sie haben?
Silvius.
Ja, wär sie haben und der Tod auch eins.
Rosalinde.
Und ich versprach, dies alles auszugleichen.
O Herzog, haltet Wort, gebt Eure Tochter;
Orlando, haltet Eures, sie zu nehmen.
Ihr, Phöbe, haltet Wort, heiratet mich:
Wenn Ihr mich ausschlagt, ehlicht diesen Schäfer.
Ihr, Silvius, haltet Wort, heiratet sie,
Wenn sie mich ausschlägt--und von dannen geh ich,
Zu schlichten diese Zweifel.
(Rosalinde und Celia ab.)
Herzog.
An diesem Schäferknaben fallen mir
Lebendge Züge meiner Tochter auf.
Orlando.
Mein Fürst, das erste Mal, daß ich ihn sah,
Schien mir's, er sei ein Bruder Eurer Tochter.
Doch, lieber Herr, der Knab ist waldgeboren
Und wurde unterwiesen in den Gründen
Verrufner Wissenschaft von seinem Oheim,
Den er als einen großen Zaubrer schildert,
Vergraben im Bezirke dieses Walds.
(Probstein und Käthchen kommen.)
Jacques.
Sicherlich ist eine neue Sündflut im Anzuge, und diese Paare
begeben sich in die Arche. Da kommt ein Paar seltsamer Tiere, die
man in allen Sprachen Narren nennt.
Probstein.
Gruß und Empfehlung euch allen!
Jacques.
Werter Fürst, heißt ihn willkommen; das ist der scheckicht gesinnte
Herr, den ich so oft im Walde antraf. Er schwört, er sei ein
Hofmann gewesen.
Probstein.
Wenn irgend jemand das bezweifelt, so laßt ihn mich auf die Probe
stellen. Ich habe mein Menuett getanzt, ich habe den Damen
geschmeichelt, ich bin politisch gegen meinen Freund gewesen und
geschmeidig gegen meinen Feind; ich habe drei Schneider zugrunde
gerichtet, ich habe vier Händel gehabt und hätte bald einen
ausgefochten.
Jacques.
Und wie wurde der ausgemacht?
Probstein.
Nun, wir kamen zusammen und fanden, der Handel stehe auf dem
siebenten Punkt.
Jacques.
Wie, siebenten Punkt?--Lobt mir den Burschen, mein gnädiger Herr.
Herzog.
Er gefällt mir sehr.
Probstein.
Gott behüt Euch, Herr! ich wünsche das nämliche von Euch. Ich
dränge mich hier unter die übrigen ländlichen Paare, zu schwören
und zu verschwören, je nachdem der Ehestand bindet und Fleisch und
Blut bricht. Eine arme Jungfer, Herr, ein übel aussehend Ding,
Herr, aber mein eigen; eine demütige Laune von mir, Herr, zu nehmen,
was sonst niemand will. Reiche Ehrbarkeit, Herr, wohnt wie ein
Geizhals in einem armen Hause, wie eine Perle in einer garstigen
Auster.
Herzog.
Meiner Treu, er ist sehr behende und spruchreich.
Probstein.
Gemäß dem Spruch vom Narrenbolzen und derlei Lieblichkeiten.
Jacques.
Aber der siebente Punkt! Wie fandet Ihr den Handel auf dem
siebenten Punkt?
Probstein.
Wegen einer siebenmal zurückgeschobenen Lüge.--Halt dich grade,
Käthchen!--Nämlich so, Herr. Ich konnte den Schnitt von eines
gewissen Hofmanns Bart nicht leiden; er ließ mir melden, wenn ich
sagte, sein Bart wäre nicht gut gestutzt, so wäre er andrer Meinung:
das nennt man den (höflichen Bescheid.) Wenn ich ihm wiedersagen
ließ, er wäre nicht gut gestutzt, so ließ er mir sagen, er stutzte
ihn für seinen eignen Geschmack: das nennt man den (feinen Stich.)
Sagte ich noch einmal, er wäre nicht gut gestutzt, so erklärte er
mich unfähig, zu urteilen: das nennt man die (grobe Erwiderun)g.
Nochmals, er wäre nicht gut gestutzt, so antwortete er, ich spräche
nicht wahr: das nennt man die (beherzte Abfertigung.) Nochmals, er
wäre nicht gut gestutzt, so sagte er, ich löge: das nennt man den
(trotzigen Widerspruch), und so bis zur (bedingten Lüge) und zur
(offenbaren Lüge.)
Jacques.
Und wie oft sagtet Ihr, sein Bart wäre nicht gut gestutzt?
Probstein.
Ich wagte nicht, weiter zu gehn, als bis zur bedingten Lüge, noch
er, mir die offenbare Lüge zuzuschieben, und so maßen wir unsre
Degen und schieden.
Jacques.
Könnt Ihr nun nach der Reihe die Grade nennen?
Probstein.
O Herr, wir streiten wie gedruckt nach dem Buch, so wie man
Komplimentierbücher hat. Ich will Euch die Grade aufzählen. Der
erste der höfliche Bescheid; der zweite der feine Stich; der dritte
die grobe Erwiderung; der vierte die beherzte Abfertigung; der
fünfte der trotzige Widerspruch; der sechste die Lüge unter
Bedingung; der siebente die offenbare Lüge. Aus allen diesen könnt
Ihr Euch herausziehen, außer der offenbaren Lüge, und aus der sogar
mit einem bloßen (Wenn.) Ich habe erlebt, daß sieben Richter einen
Streit nicht ausgleichen konnten, aber wie die Parteien
zusammenkamen, fiel dem einen nur ein Wenn ein; zum Beispiel:
("Wenn Ihr so sagt, so sage ich so"), und sie schüttelten sich die
Hände und machten Brüderschaft. Das Wenn ist der wahre
Friedensstifter; ungemeine Kraft in dem Wenn.
Jacques.
Ist das nicht ein seltner Bursch, mein Fürst? Er versteht sich auf
alles so gut und ist doch ein Narr.
Herzog.
Er braucht seine Torheit wie ein Stellpferd, um seinen Witz
dahinter abzuschießen.
(Hymen, mit Rosalinde in Frauenkleidern an der Hand, und Celia
treten auf.)
(Feierliche Musik.)
Hymen.
Der ganze Himmel freut sich,
Wenn irdscher Dinge Streit sich
In Frieden endet.
Nimm deine Tochter, Vater,
Die Hymen, ihr Berater,
Vom Himmel sendet;
Daß du sie gebst in dessen Hand,
Dem Herz in Herz sie schon verband.
Rosalinde (zum Herzog).
Euch übergeb ich mich, denn ich bin Euer.
(Zu Orlando.)
Euch übergeb ich mich, denn ich bin Euer.
Herzog.
Trügt nicht der Schein, so seid Ihr meine Tochter.
Orlando.
Trügt nicht der Schein, so seid Ihr meine Rosalinde.
Phöbe.
Ist's Wahrheit, was ich seh,
Dann--meine Lieb, ade!
Rosalinde (zum Herzog).
Ich will zum Vater niemand, außer Euch.
(Zu Orlando.)
Ich will zum Gatten niemand, außer Euch.
(Zu Phöbe.)
Ich nehme nie ein Weib mir, außer Euch.
Hymen.
Still! die Verwirrung end ich,
Die Wunderdinge wend ich
Zum Schluß, der schön sich fügt.
Acht müssen Hand in Hand
Hier knüpfen Hymens Band,
Wenn nicht die Wahrheit lügt.
(Zu Orlando und Rosalinde.)
Euch und Euch trenn nie ein Leiden;
(Zu Oliver und Celia.)
Euch und Euch kann Tod nur scheiden;
(Zu Phöbe.)
Ihr müßt seine Lieb erkennen,
Oder ein Weib Gemahl benennen;
(Zu Probstein und Käthchen.)
Ihr und Ihr seid euch gewiß,
Wie der Nacht die Finsternis.
Weil wir Hochzeitschöre singen,
Fragt euch satt nach diesen Dingen,
Daß euer Staunen sei verständigt,
Wie wir uns trafen, und dies endigt.
Lied.
Ehstand ist der Juno Krone:
O selger Bund von Tisch und Bett!
Hymen bevölkert jede Zone,
Drum sei die Eh verherrlichet.
Preis, hoher Preis und Ruhm zum Lohne
Hymen, dem Gotte jeder Zone!
Herzog.
O liebe Nichte, sei mir sehr willkommen!
Als Tochter, nichts Geringres, aufgenommen.
Phöbe (zu Silvius).
Ich breche nicht mein Wort: du bist nun mein;
Mich nötigt deine Treue zum Verein.
(Jacques de Boys tritt auf.)
Jacques de Boys.
Verleiht für ein paar Worte mir Gehör:
Ich bin der zweite Sohn des alten Roland,
Der Zeitung diesem schönen Kreise bringt.
Wie Herzog Friedrich hörte, täglich strömten
Zu diesem Walde Männer von Gewicht,
Warb er ein mächtig Heer; sie brachen auf,
Von ihm geführt, in Absicht, seinen Bruder
Zu fangen hier und mit dem Schwert zu tilgen.
Und zu dem Saume dieser Wildnis kam er,
Wo ihm ein alter, heilger Mann begegnet,
Der ihn nach einigem Gespräch bekehrt
Von seiner Unternehmung und der Welt.
Die Herrschaft läßt er dem vertriebnen Bruder,
Und die mit ihm Verbannten stellt er her
In alle ihre Güter. Daß dies Wahrheit,
Verbürg ich mit dem Leben.
Herzog.
Willkommen, junger Mann!
Du steuerst kostbar zu der Brüder Hochzeit:
Dem einen vorenthaltne Länderein,
--Ein ganzes Land, ein Herzogtum, dem andern.
Zuerst laßt uns in diesem Wald vollenden,
Was hier begonnen ward und wohl erzeugt;
Und dann soll jeder dieser frohen Zahl,
Die mit uns herbe Tag und Nächt erduldet,
Die Wohltat unsers neuen Glückes teilen,
Wie seines Ranges Maß es mit sich bringt.
Doch jetzt vergeßt die neue Herrlichkeit,
Bei dieser ländlich frohen Lustbarkeit.
Spiel auf, Musik!--Ihr Bräutigam' und Bräute,
Schwingt euch zum Tanz im Überschwang der Freude.
Jacques.
Herr, mit Erlaubnis:--hab ich recht gehört,
So tritt der Herzog in ein geistlich Leben
Und läßt die Pracht des Hofes hinter sich.
Jacques de Boys.
Das tut er.
Jacques.
So will ich zu ihm. Diese Neubekehrten,
Sie geben viel zu hören und zu lernen.
(Zum Herzog.)
Euch, Herr, vermach ich Eurer vorgen Würde;
Durch Tugend und Geduld verdient Ihr sie;
(Zu Orlando.)
Euch einer Liebsten, Eurer Treue wert;
(Zu Oliver.)
Euch Eurem Erb und Braut und mächtgen Freunden;
(Zu Silvius)
Euch einem lang und wohlverdienten Ehbett;
(Zu Probstein.)
Und Euch dem Zank: denn bei der Liebesreise
Hast du dich auf zwei Monat nur versehn
Mit Lebensmitteln.--Seid denn guter Dinge!
Ich bin für andre als für Tänzersprünge.
Herzog.
Bleib, Jacques, bleib!
Jacques.
Zu keiner Lustbarkeit;--habt Ihr Befehle,
So schickt sie mir in die verlaßne Höhle.
(Ab.)
Herzog.
Wohlan! wohlan! begeht den Feiertag:
Beginnt mit Lust, was glücklich enden mag.
(Ein Tanz.)
Epilog
Rosalinde.
Es ist nicht hergebracht, die Heldin als Epilog zu sehen; aber
es ist nicht unziemlicher, als den Helden als Prolog zu erblicken.
Ist es wahr, daß "der gute Wein keines Kranzes bedarf", so ist
es auch wahr, daß ein gutes Stück keinen Epilog nötig hat; doch
braucht man beim guten Wein gute Kränze, und gute Stücke werden
durch gute Epiloge nur um so besser. In welcher Lage bin ich denn
nun, da ich weder ein guter Epilog bin, noch für ein gutes Stück
eure Gunst zu gewinnen habe? Ich bin reicht wie eine Bettlerin
gekleidet, darum würde mir Betteln nicht geziemen; so verlege ich
mich aufs Beschwören, und ich will mit den Frauen den Anfang
machen. Ich beschwöre euch, o ihr Frauen, bei der Liebe, die ihr
zu den Männern tragt, laßt euch von dem Stücke soviel gefallen,
als euch gut dünkt; und ich beschwöre euch, o ihr Männer, bei der
Liebe, die ihr zu den Frauen tragt (und euer vergnügtes Grinsen
sagt mir, keiner von euch haßt sie), daß euch zusammen mit den
Frauen das Stück gefallen möge. Wäre ich eine Frau, so wollte ich
so viele von euch küssen, als Bärte hätten, die mir gefielen,
Gesichter, die mir zusagten, und einen Atem, der mir nicht zuwider
wäre; und ich bin gewiß, alle, die gute Bärte, Antlitze und
angenehmen Atem haben, werden für mein freundliches Anerbieten,
indem ich meine Verbeugung mache, mir Lebewohl sagen.
(Geht ab.)
William Shakespeare (Übersetzt von August Wilhelm von Schlegel)