Antipholis von Ephesus.
Und ihr, Herr, seztet mich um dieser Kette willen in Verhaft?
Angelo.
Ich denk', ich that es; ich läugn' es nicht.
Adriana.
Ich schikt' euch durch den Dromio Geld, mein Herr, um euch wieder
frey zu machen; aber, ich denk, er bracht' es euch nicht.
Dromio von Ephesus.
Nicht durch mich.
Antipholis von Syracus.
Diesen Beutel mit Ducaten erhielt ich von euch, und Dromio, mein
Sclave, bracht ihn mir. Ich sehe, wir begegneten immer einer des
andern seinem Diener, und er wurde für mich, und ich für ihn
gehalten; und daraus entstanden alle diese Irrungen.
Antipholis von Ephesus.
Diese Ducaten verpfände ich für meinen Vater hier.
Herzog.
Es ist nicht nöthig, dein Vater hat sein Leben.
Courtisane.
Mein Herr, ich muß diesen Diamant wieder haben.
Antipholis von Ephesus.
Hier nehmt ihn, und grossen Dank für meine gute Bewirthung.
Abbtissin.
Gnädigster Herzog, geruhet die Mühe zu nehmen, und mit uns in diese
Abbtey hier zu gehen, und der umständlichen Erzählung aller unsrer
Schiksale zuzuhören; und ihr alle hier, die durch den
sympathetischen Irrthum dieses Tages Unrecht erlidten habt, kommt
und leistet uns Gesellschaft, und ihr sollt vollständige
Genugthüung erhalten. Fünf und zwanzig Jahre, meine Söhne, bin ich
mit euch in Kinds-Nöthen gewesen, und erst in dieser glüklichen
Stunde, bin ich meiner schweren Bürden entbunden. Der Herzog, mein
Mann, meine beyden Kinder, und ihr, die Calender ihrer Geburt,
sollen alle mit mir zu einem Gevatterschmaus kommen, und nach so
vielem Weh über diese Geburt sich mit mir freuen.
Herzog.
Von Herzen gern will ich euer frölicher Gast seyn.
(Sie gehen ab.)
Achte Scene.
(Die beyden Antipholis, und die beyden Dromio bleiben.)
Dromio von Syracus.
Herr, soll ich euere Sachen wieder von dem Schiff abholen?
Antipholis von Ephesus.
Dromio, was für Sachen von mir hast du eingeschifft?
Dromio von Syracus.
Eure Waaren, Herr, die in unserm Gasthof zum Centaur lagen.
Antipholis von Syracus.
Er redt mit mir; ich bin euer Herr, Dromio. Kommt, geht mit uns,
wir wollen hernach für das sorgen; umarme deinen Bruder hier, freut
euch mit einander.
(Die beiden Antipholis gehen ab.)
Dromio von Syracus.
Es ist eine gewisse fette Freundin in euers Herrn Haus, die mich
heut beym Essen in der Küche für euch ansah; sie wird nun meine
Schwester seyn, nicht mein Weib.
Dromio von Ephesus.
Mir däucht, ihr seyd mein Spiegel, nicht mein Bruder; ich seh' an
euch, daß ich ein hübscher junger Kerl bin; wollt ihr hinein gehen,
und sehen wie sie sich lustig machen?
Dromio von Syracus.
Nicht ich; ihr seyd ja mein älterer Bruder.
Dromio von Ephesus.
Das ist noch die Frage; wie wollt ihr das beweisen?
Dromio von Syracus.
Wir wollen Halme ziehen, wer der ältere sey; bis dahin, geht ihr
zuerst.
Dromio von Ephesus.
Nein, so soll es seyn.
(Er schlingt den Arm um ihn.)
Wir kamen zugleich mit einander in die Welt, und Hand in Hand
wollen wir auch hier neben einander hinein gehen.
(Sie gehen ab.)
Die Irrungen, von William Shakespeare
(Übersetzt von Christoph Martin Wieland)