William Shakespear

Macbeth
Go to page: 123
This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.

Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"
zur Verfügung gestellt.  Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
http://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.




Macbeth.

William Shakespeare

Übersetzt von Christoph Martin Wieland

Das Trauerspiel


Personen.

Duncan, König von Schottland.
Malcolm und Donalbain, Söhne des Königs.
Macbeth und Banquo, Feldherren über das Königliche Kriegsheer.
Lenox, Macduff, Rosse, Menteth, Angus und Cathneß, Thans oder
Baronen von Schottland.
Fleance, Banquo's Sohn.
Siward, Feldherr über das Engländische Heer.
Der junge Siward, sein Sohn.
Seyton, ein Vertrauter des Macbeth.
Macduffs Sohn.
Ein Arzt.
Lady Macbeth.
Lady Macduff.
Cammer-Frauen der Lady Macbeth.
Hecate, und drey andre Hexen.
Herren, Officianten, Kriegs-Knechte und Bediente, als stumme
Personen.
Der Geist des Banquo, und verschiedne andre Erscheinungen.

Der Schauplaz ligt zu Ende des vierten Aufzugs in England, durch
das ganze übrige Schauspiel in Schottland, und meistens in Macbeths
Burg.




Erster Aufzug.



Erste Scene.
(Ein offner Plaz.)
(Donner und Bliz.  Die drei Hexen treten auf.)


1. Hexe.
Wenn kommen wir drey uns wieder entgegen,
In Donner, Blizen oder Regen?

2. Hexe.
Wenn das Mordgetümmel schweigt,
Und der Sieg den Aufruhr beugt*.

{ed.-* Aller Zeit und Mühe ungeachtet, die man auf diese
abentheurliche Hexen-Scenen verschwendet hat, ist es doch nicht
möglich gewesen, das Unförmliche, Wilde und Hexenmäßige des
Originals völlig zu erreichen, zumal da der Reim nothwendig
beybehalten werden mußte.  So hat man z.  Ex.  hier in diesen zwo
Zeilen sich begnügen müssen, den blossen Sinn der Worte
auszudrüken; denn wer wollte den Ausdruk und Schwung dieser Verse
deutsch machen können:

When the hurly-burly's done,
When the battle's lost and Won.}

3. Hexe.
Also, eh der Tag sich neigt.

1. Hexe.
Nennt den Ort!

2. Hexe.
Die Heide dort.

3. Hexe.
Dort gehn wir Macbeths wegen hin.

1. Hexe.
Ich komm, ich komme, Grimalkin--

2. Hexe.
Padok ruft--wir kommen schon.

Alle.
Auf, und durch die Nebel-Luft davon!



Zweyte Scene.
(Verwandelt sich in den Palast zu Foris.)
(Der König, Malcoln, Donalbain, Lenox, und Gefolge, die einen
 blutenden Officier antreffen.)


König.
Was für ein blutender Mann ist das?  Seinem Aussehn nach kan er uns
von dem neuesten Zustand der Rebellion Nachricht geben.

Malcoln.
Es ist eben der wakre Officier, dessen heroische Verwegenheit mich
aus den Händen der Feinde riß.  Heil dir, braver Freund; sage dem
König, in was für Umständen du das Treffen verlassen hast.

Officier.
Lange war es zweifelhaft, wie der Kampf von zween Schwimmern, die,
mit einander ringend, Kunst und Stärke an einander messen.  Der
unerbittliche Macdonell, (würdig ein Rebell zu seyn; so groß ist
die Menge angebohrner Laster, die ihn dazu bestimmen) wurde durch
Kernen und Gallo-Glassen*, aus den westlichen Inseln unterstüzt,
und das Glük, das seiner verdammten Unternehmung lächelte, schien
eines Rebellen Hure geworden zu seyn.  Aber das alles half ihn
nichts; der heldenmüthige Macbeth (wohl verdient er diesen Namen)
hieb mit edler Verachtung des Glüks, mit seinem von blutiger Arbeit
rauchenden Schwerdt, wie ein wahrer Liebling der Tapferkeit, sich
seinen Weg bis unter die Augen des Sclaven durch; und ließ nicht
eher von ihm ab, bis er ihn vom Wirbel bis zum Kinn aufgespaltet,
und seinen Kopf als ein Siegeszeichen vor den Augen unsrer Schaaren
aufgestekt hatte.

{ed.-* Das leicht bewehrte Fußvolk der alten Hibernier wurde Kernen,
und das schwer bewaffnete Gallo-Glassen genennt--(Waraei Antiqu.
Hibern.  c.  6:) Warburton.}

König.
O!  tapfrer Vetter!  würdiger Edelmann!

Cap.
Allein, gleichwie von eben dem Osten, woher die Sonne ihren
glänzenden Lauf beginnt, schifbrechende Stürme und schrekliche
Donner-Wetter hervorbrechen; so entsprang aus dem Schooße des
Sieges eine neue Gefahr des Verderbens.  Höre, König von Schottland,
höre; kaum hatte die Gerechtigkeit mit Tapferkeit bewafnet diese
schnellfüßigen Kernen genöthigt, ihr Heil ihren Fersen zu vertrauen;
so begann seinen Vortheil ersehend, der Norwegische König mit
hellgeschliffnen Waffen und einer Verstärkung von frischen Völkern,
einen neuen Angriff.

König.
Erschrekte das nicht unsre Feldherren, Macbeth und Banquo?

Cap.
Wie Sperlinge, Adler; oder der Hase, den Löwen.  Wenn ich die
Wahrheit sagen soll, so muß ich sagen, sie waren Canonen die mit
einer doppelten Ladung überladen sind, so verdoppelte Streiche
führten sie auf den Feind; es war nicht anders als ob sie sich in
rauchendem Blute baden, oder ein andres Golgatha machen wollten--
Das ist alles was ich davon sagen kan, denn ich bin ganz matt;
meine Wunden schreyen um Hülfe.

König.
Deine Worte und deine Wunden machen beyde dir Ehre; geht, hohlt
Wundärzte für ihn--
(Rosse und Angus zu den Vorigen.) Aber wer kommt hier?

Malcoln.
Der würdige Than von Rosse.

Lenox.
Was für ein Hast aus seinen Augen schaut!  So muß derjenige
aussehen, der ausserordentliche Dinge zu sagen hat.

Rosse.
Gott erhalte den König!

König.
Woher kommst du, ehrenvoller Than?

Rosse.
Von Fife, grosser König, wo die Norwegischen Fahnen stolz an die
Wolken anzuschlagen, und unsern Völkern kalte Schreknisse zuzuwehen
schienen.  Norwegen, selbst durch seine Anzahl furchtbar, und von
diesem treulosen Verräther, dem Grafen von Cawdor unterstüzt,
begann ein zweifelhaftes Gefecht; bis daß Bellonens Bräutigam, mit
seiner unbezwingbaren Tapferkeit bewafnet, ihm seinen Mann zeigte,
und Spize gegen Spize, Arm gegen Arm, seinen übermüthigen Geist
dämpfte.  Mit einem Wort, der Sieg fiel auf unsre Seite.

König.
Ein grosses Glük!

Rosse.
Nun macht Sweno, Norwegens König, Friedens Vorschläge: aber wir
gestatteten ihm nur nicht das Begräbniß seiner Leute, bis er, auf
der St.  (Colmes-)Kill-Insel zehntausend Thaler in Eu.  Hoheit
Schazkammer bezahlt hatte.

König.
Nicht länger soll dieser Than von Cawdor unser Vertrauen
mißbrauchen; geht, sprecht ihm das Todes-Urtheil, und grüsset
Macbeth mit seinem ehmaligen Titel.

Rosse.
Ich will es besorgen.

König.
Was er verlohr, hat der edle Macbeth gewonnen.

(Sie gehen ab.)



Dritte Scene.
(Verwandelt sich in die Heide.)
(Donner und Bliz.  Die drey Hexen treten auf.)


1. Hexe.
Wo bist du gewesen, Schwester?

2. Hexe.
Ich brachte Schweine um.

3. Hexe.
Schwester, wo du?

1. Hexe.
Ein Schiffers-Weib fand ich, das saß,
Und hatte Castanien im Schooß,
Und fraß und schmazt' und fraß;
Gieb mir auch, sagt ich;
Pak dich, Hexe, pak dich--
Schrie das voll-wampige Aas.
Ihr Mann ist nach Aleppo gefahren,
Allein den Weg will ich ihm ersparen;
In einem Sieb, in Razengestalt,
Doch ohne Schwanz, erreich ich ihn bald!
Das thu' ich, das thu' ich, das thu' ich.

2. Hexe.
Das thu!
Ich geb' dir einen Wind dazu.

1. Hexe.
Ich danke dir.

3. Hexe.
Und ich den andern.

1. Hexe.
Ich habe selbst schon alle andern,
Und wenn und wie ein jeder weht,
Woher er kommt, wohin er geht;
Das muß mir keine Carte sagen.
Neunmal neun die Zeit von sieben Tagen
Will ich ihn durch alle Meere jagen.
Dürr wie Heu will ich ihn machen;
Angst und Kummer,
Ohne Rast und ohne Schlummer,
Soll auf seinem Augdach wachen,
Nacht und Tag, und Tag und Nacht;
Und so soll er in der Acht
Siech und elend sich verzehren;
Und ists gleich in meiner Willkuhr nicht,
Sein Schiff an Klippen zu zerstören;
So soll's doch übel zugericht
Von Sturm und Wetter wiederkehren.
Sieh, was ich habe--

2. Hexe.
Zeig es mir.

1. Hexe.
Sieh eines Schiffers Daumen hier;
Ich brach sein Schiff nicht weit vom Land,
Und ließ ihn hingestrekt im Sand.

3. Hexe.
Trummeln, Trummeln!  Macbeth kommt!

Alle.
Die Schiksals-Schwestern*, Hand in Hand,
Schwärmen über See und Land,
Drehen so im Cirkel sich
Dreymal für dich,
Und dreymal für mich;
Und dreymal, daß es neune macht.
Halt!  der Zauber ist vollbracht.

{ed.-* Allem Ansehen nach sollen diese Hexen diejenige Art von
eingebildeten höhern Wesen vorstellen, welche in der alten
Theologie der Nordischen Völker die Parzen vorstellten.  (Hæ
nominantur Valkyrie, quas quodvis ad prælium Odinus mittit.
Hæ viros morti destinant, & victoriam gubernant; Gunna, &
Rotha & Parcarum minima Sculda: Per aëra & maria equitant semper
ad morituros eligendos, & cædes in potestate habent.  Bartholin.
de Causis contemptæ a Danis adhuc gentilibus mortis.) Übrigens
ist das beste, was man von diesen Hexen-Scenen, worinn Shakespear
den Glauben der ältesten Normannen mit Griechischem und Römischem
Aberglauben vermischt; und, zu Vermehrung des Wunderbaren, noch
eine gute Dosin von dem popularen Aberglauben seiner Zeit, als
Bärte, Kazen, Ofengabeln und dergl. hinzugethan; zum Vortheil
unsers Autors sagen kan, von dem (Spectator) bereits gesagt
worden; und Dr. Warburton selbst versichert, daß mit allen
diesen Extravaganzien das Schauspiel vom Macbeth die Macht gehabt,
das Publicum, von der Königin Elisabeth Zeiten an bis auf den
heutigen Tag, zu bezaubern.}



Vierte Scene.
(Macbeth und Banquo, mit Soldaten und Gefolge.)


Macbeth.
Einen solchen Tag, so schlimm und so schön zugleich, hab' ich noch
nie gesehn.

Banquo.
Wie weit ist es noch nach Foris?--Wer sind diese hier, so grau von
Haaren, und so wild in ihrem Anzug?  Sie sehen keinen Einwohnern
unsrer Erde gleich, und sind doch da.  Lebt ihr, oder seyd ihr
etwas, dem ein Sterblicher Fragen vorlegen kan?  Ihr scheint mich
zu verstehen, indem jede zugleich ihren verkürzten Finger an ihre
hautigen Lippen legt--Ihr solltet Weibsbilder seyn, und doch
verbieten mir eure Bärte, euch dafür zu halten.

Macbeth.
Redet, wenn ihr könnt; wer seyd ihr?

1. Hexe.
Heil dir, Macbeth!  Heil dir, Than von Glamis!

2. Hexe.
Heil dir, Macbeth; Heil dir, Than von Cawdor!

3. Hexe.
Heil dir, Macbeth; der einst König seyn wird!

Banquo.
Warum bebt ihr so zurük, und scheint euch vor Dingen zu entsezen,
die so schön klingen?--

(Zu den Hexen.)

Beym Namen der Wahrheit, redet!  Seyd ihr Geister, oder würklich
das, was ihr von aussen scheint?  Ihr grüßt meinen edeln Gefährten,
mit gegenwärtigem Glük und grossen Weissagungen von edler
Befördrung und von königlicher Hoffnung, wovon er ganz ausser sich
selbst gesezt scheint; zu mir sagt ihr nichts.  Wenn ihr in die
Saat der Zeit schauen, und sagen könnt, welches Saamen-Korn wachsen
wird, und welches nicht; so redet zu mir, der weder um eure Gunst
bittet, noch euern Haß fürchtet.

1. 2. und 3. Hexe, (eine nach der andern:)
Heil dir!

1. Hexe.
Kleiner als Macbeth, und grösser!

2. Hexe.
Nicht so glüklich, aber weit glükseliger.

3. Hexe.
Du wirst kein König seyn, aber Könige zeugen, und so, Heil euch,
Macbeth und Banquo!

1. Hexe.
Banquo und Macbeth, Heil euch!

Macbeth.
Harret, ihr geheimnisvolle Sprecher, und sagt mir mehr; durch
Sinels Tod* (diß weiß ich) bin ich Than von Glamis; aber wie von
Cawdor?  Der Than von Cawdor lebt, und lebt im Schoos des Glüks;
und daß ich einst König seyn werde, ist eben so unglaublich.  Sagt,
von wem habt ihr diese wunderbare Vorhersicht?  Oder warum haltet
ihr auf dieser dürren Heide unsre Reise durch solche prophetische
Grüsse auf?--Redet, ich beschwöre euch!

{ed.-* Sinel war Macbeths Vater.  Pope.}

(Die Hexen verschwinden.)

Banquo.
Die Erde hat Blasen, wie das Wasser, und diese sind welche davon;
wo sind sie hingekommen?

Macbeth.
In die Luft; und was körperlich schien, zerfloß wie Athem, in den
Wind--Ich wollte, sie wären noch da.

Banquo.
Waren diese Dinge würklich hier, wovon wir reden; oder haben wir
von der tollen Wurzel gegessen, die die Vernunft gefangen nimmt?

Macbeth.
Eure Kinder sollen Könige werden--


Banquo.
Ihr selbst sollt König seyn!

Macbeth.
Und Than von Cawdor dazu; hieß es nicht so?

Banquo.
Das waren ihre Worte--Wer kommt hier?



Fünfte Scene.
(Rosse und Angus zu den Vorigen.)


Rosse.
Der König hat, o Macbeth, die glükliche Nachricht von deinen Siegen
erhalten--Die Grösse der Thaten, die du im Gefecht mit den Rebellen
gehäuft hast, schien in seinen bewundernden Augen das Ziel des
menschlichen Ruhms--Aber kaum hatte er, ermüdet von deinem Lobe,
den Mund geschlossen, als er hörte, daß du gegen die unbändigen
Norwegischen Schaaren dich selbst übertroffen habest.  So dik wie
Hagel kam Zeitung auf Zeitung, jede mit deinen Thaten, dem
mächtigen Schuz dieses Königreichs, beladen, und schüttete dein Lob
vor ihm aus.

Angus.
Wir sind abgeschikt, dir den Dank unsers Königlichen Herrn zu
bringen; allein, dich als Herolde bey ihm aufzuführen, nicht dich
zu belohnen.

Rosse.
Und um dir ein Pfand der grössern Ehren, so er dir zugedacht hat,
zu geben, befahl er mir, dich Than von Cawdor zu grüssen; und in
diesem neuen Titel, Heil dir, würdigster Than!

Banquo (vor sich.)
Wie?  Kan der Teufel wahrsagen?

Macbeth.
Der Than von Cawdor lebt; wie kleidet ihr mich also in seinen
geborgten Schmuk?

Angus.
Er lebt noch, der es einst war; aber nur so lange, bis das über ihn
ausgesprochene Urtheil des Todes vollzogen seyn wird.  Ob er mit
Norwegen in geheimem Verständniß war, oder die Rebellen durch
Aufmunterungen und Vorschub unterstüzte, oder ob er mit beyden am
Untergang seines Vaterlands arbeitete, weiß ich nicht; aber gewiß
ist, daß erwiesner und von ihm selbst bekannter Hochverrath ihn
gestürzt hat.

Macbeth (bey Seite.)
Glamis und Than von Cawdor!  Das Grösseste ist noch zurük.

(Zu Angus.)

Ich danke euch für eure Bemühung.

(Zu Banquo.)

Hoft ihr nun nicht, daß eure Kinder Könige seyn werden; da
diejenigen, die mir den Than von Cawdor gaben, ihnen nicht weniger
verhiessen?

Banquo.
Wenn es zuverläßig wäre, so möchte es euch reizen, den Than von
Cawdor zu vergessen, und die Crone selbst zu suchen--Es ist
wunderbar!  und oftmals, um uns zu unserm Verderben zu gewinnen,
sagen uns die Werkzeuge der Finsterniß Wahrheiten; bestechen uns
mit unschuldigen Kleinigkeiten, um uns zu Verbrechen von den
schreklichsten Folgen zu verleiten.

(Zu Roß und Angus.)

Vettern, ein Wort mit euch, wenn ich bitten darf.

(Sie gehen auf die Seite.)

Macbeth (vor sich.)
Zwo Wahrheiten sind gesagt, als glükliche Prologi zu dem erhabnen
Aufzug von Königlichem Inhalt.  Ich danke euch, meine Herren--
Dieser übernatürliche Unterricht kan nicht böse seyn--und kan auch
nicht gut seyn.  Ist er böse, warum gab er mir durch Erfüllung der
ersten Verheissung ein Pfand der andern?  Ich bin Than von Cawdor.
Ist er gut, warum überfällt mich diese Versuchung, vor deren
scheußlicher Vorstellung sich mein Haar emporsträubt, und mein
sonst festes Herz an meine Rippen schlägt?--Die That selbst ist
weniger entsezlich, als die Vorstellung der geschrekten
Einbildungskraft.  Dieser Gedanke, dessen Mord doch nur ein
Hirngespenste ist, erschüttert meine ganz innerliche Welt so heftig,
daß alle andre Arbeit meiner Lebenskräfte still steht, und mir
nichts zu seyn scheint als was nicht ist.

Banquo.
Seht, wie unser Gefährte verzükt ist!

Macbeth.
Wenn das Schiksal will daß ich König sey, nun, so mag mich das
Schiksal krönen, ohne daß ich darnach strebe.

Banquo (zu den andern.)
Die neuen Ehren, womit er bekleidet worden, sind wie fremde
Kleidungen, die uns nicht recht anpassen, bis wir sie durch öfters
Tragen gewohnt sind.

Macbeth (vor sich.)
Komme, was kommen mag--Die Zeit rennt mit ihrem Stundenglas durch
den raschesten Tag.

Banquo.
Würdiger Macbeth, wir warten, bis es euch gelegen ist--


Macbeth.
Vergebet mir!  mein tolles Gehirn arbeitete vergeßne Dinge hervor--
Edle Freunde, eure Bemühungen sind da eingetragen, wo ich jeden Tag
das Blatt umschlage, sie zu lesen--Laßt uns zum König eilen;

(zu Banquo.)

Denkt an das was begegnet ist, und wenn wir's indeß besser erwogen
haben, laß uns aus offnem Herzen uns davon besprechen.

Banquo.
Sehr gerne.

Macbeth.
Bis dahin, genug hievon: Kommt, Freunde.

(Sie gehen ab.)



Sechste Scene.
(Verwandelt sich in den Palast.)
(Trompeten.  Der König, Malcolm, Donalbain, Lenox und Gefolge
 treten auf.)


König.
Ist das Urtheil an Cawdor schon vollzogen?  Oder sind unsre
Commissarien noch nicht zurükgekommen?

Malcolm.
Gnädigster Herr, sie sind noch nicht zurük.  Aber ich habe mit
einem gesprochen, der ihn sterben sah; der mir sagte, daß er seine
Verräthereyen sehr aufrichtig bekannt, Eure Hoheit um Vergebung
gebeten, und eine tiefe Reue bliken gelassen.  Das schönste in
seinem Leben war die Art wie er's verließ: Er starb wie einer der
auf seinen Tod studiert hat, um das kostbarste was er besaß so
gleichgültig wegzuwerfen, als ob es die schlechteste Kleinigkeit
wäre.

König.
Sein Beyspiel überführt mich, daß es keine Kunst giebt, die innere
Gestalt des Gemüths in einem Gesicht zu lesen: Er war ein Mann, auf
den ich mein ganzes Vertrauen baute.  (Macbeth, Banquo, Rosse und
Angus zu den Vorigen.) O verdienstvoller Vetter!  Die Sünde meiner
Undankbarkeit lag nur eben schwer auf mir.  Du bist so weit voraus,
daß der schnelleste Flügel der Belohnung zu langsam ist, dich
einzuholen.  Ich wünschte, du hättest weniger verdient, damit es
mir möglich wäre dich nach Würden zu belohnen.  Nun bleibt mir
nichts übrig als zu bekennen, daß ich dir mehr schuldig bin als
alles, was ich habe, bezahlen kan.

Macbeth.
Die Dienste, die ich geleistet, sind nicht grösser als meine
Pflicht und belohnen sich selbst.  Eurer Hoheit kommt es zu, unsre
Dienste zu erhalten; sie sind Kinder und Diener des Throns und des
Staats, die, wenn sie alles gethan, nur ihre Schuldigkeit gethan
haben, da sie durch Lehenspflicht euerm Leben und eurer Crone
verpflichtet sind.

König.
Sey willkommen: Ich habe angefangen, dich zu pflanzen, und ich will
mir angelegen seyn lassen, dein Wachsthum zu befördern.  Edler
Banquo, du hast nicht weniger verdient, und es soll erkannt werden;
laß mich dich umarmen, und an mein Herz dich halten!

Banquo.
Wenn ich da wachse, so ist der Herbst euer.

König.
Meine Freude ist so groß, daß sie mir Thränen erpreßt.  Söhne,
Vettern, Thans, und ihr, deren Pläze mir die nächsten sind, wisset,
daß wir unsern ältesten Sohn Malcolm zu unserm Thronfolger bestimmt
haben, und ihn von nun an zum Prinzen von Cumberland ernennen:
Dieser einzige Vorzug soll ihn aus den Verdienstvollen Männern
kennbar machen, die mit glänzenden Zeichen des Adels geschmükt, wie
Sterne unsern Thron umschimmern werden--Izt nach Inverneß; und
fahret fort, uns euch verbunden zu machen.

Macbeth.
Das übrige ist eine Arbeit, die nicht für Eu.  Hoheit gemacht ist;
ich will selbst der Wirth seyn, und mein Weib mit der Nachricht von
eurer Ankunft erfreuen; und so nehm' ich demüthig meinen Abschied.

König.
Mein würdiger Cawdor!

Macbeth (im Weggehen vor sich.)
Prinz von Cumberland!--Das ist eine Stuffe, auf der ich fallen,
oder die ich überspringen muß, denn sie ligt mir im Wege.  Sterne,
verhüllt euer Feuer!  Laßt selbst die Nacht nicht sehen, was für
schwarze Gedanken sich tief aus meiner Brust empor arbeiten--

(Er geht ab.)

König.
In der That, würdiger Banquo; er ist ein Held, und ich kann mich
nicht ersättigen, ihn zu loben.  Wir wollen ihm folgen, da seine
Sorgfalt vorangegangen ist uns zu empfangen; er ist ein
unvergleichlicher Mann.

(Sie gehen ab.)



Siebende Scene.
(Verwandelt sich in ein Zimmer in Macbeths Schloß zu Inverneß.)
(Lady Macbeth tritt mit einem Brief in der Hand auf.)


Lady (ließt.)
"Sie begegneten mir am Tage des Siegs, und aus der Erfüllung ihrer
ersten Weissagung sah ich, daß sie mehr als Sterbliche wissen.  Da
ich vor Begierde brannte, mehr von ihnen zu erfahren, verschwanden
sie.  Ich stuhnd noch vor Erstaunen ausser mir, als Abgeordnete vom
König ankamen, die mich Than von Cawdor grüßten, mit dem nemlichen
Titel, womit zuvor diese Zauber-Schwestern mich begrüßt, und durch
einen dritten Gruß mir noch angezeigt hatten, daß ich dereinst
König seyn sollte.  Dieses hab ich nöthig erachtet, dir zu entdeken,
theureste Genoßin meiner Grösse, damit du deinen Antheil an meiner
Freude nicht verliehrest, wenn du länger unwissend wärest, was für
eine Grösse dir versprochen ist.  Leg' es an dein Herz, und lebe
wohl."--Glamis bist du und Cawdor--und sollst seyn, was dir
versprochen worden.  Und doch fürcht ich deine Gemüthsart, es ist
zuviel Milch, zuviel mildes Wesen darinn, um den nächsten Weg
einzuschlagen.  Du bist nicht ohne Ehrgeiz; du möchtest groß seyn;
aber nicht durch schlimme Mittel.  Du möchtest gewinnen was dir
nicht gehört, und doch nicht falsch spielen; du wünschest nicht daß
es ungethan bleibe, aber du scheuest dich es selbst zu thun.  Eile,
eile herbey, damit ich meinen Geist in dein Ohr giessen, und durch
die Tapferkeit meiner Zunge alle diese Gedanken von dir abtreiben
könne, die dich von dem goldnen Zirkel zurükscheuchen, womit das
Schiksal und übernatürliche Mächte dich gerne bekrönen möchten.
(Ein Courier tritt auf.) Was bringt ihr für Nachrichten?

Courier.
Der König kommt auf diese Nacht hieher.

Lady.
Du bist nicht klug, das zu sagen; ist dein Herr nicht bey ihm?  und
würd' er, wenn es so wäre, nicht, der Anstalten wegen, hieher
geschikt haben?

Courier.
Mit Euer Gnaden Erlaubniß, es ist wie ich sage; unser Than ist im
Anzug; er hat einen von meinen Cameraden vorausgeschikt, der,
beynahe athemloß, kaum noch soviel hatte, daß er seinen Auftrag
ausrichten konnte.

Lady.
Sorgt für ihn; er bringt eine grosse Zeitung.

(Der Courier geht ab.)

Der Rabe selbst würde mir lieblich singen, der mir Duncans fatale
Ankunft unter meine Zinnen krähen würde.  Kommt izt, ihr Geister
alle, deren Geschäft es ist tödliche Gedanken einzuhauchen, kommt
und entweibet mich hier; füllt mich vom Wirbel bis zum Zehen
Topfeben mit Grausamkeit an; macht mein Blut dik, verstopft die
Zugänge der Reue, daß keine Stiche der wiederkehrenden Natur mein
gräßliches Vorhaben erschüttern, noch zwischen den Gedanken und
seine Vollziehung treten!  Kommt in meine weiblichen Brüste, und
macht meine Milch zu Galle, ihr mördrischen Geister, wo ihr immer
in unsichtbaren Gestalten auf das Verderben der Menschen laurt--
Komm, dike Nacht!  und hülle dich in den schwärzesten Dampf der
Hölle, damit mein scharfer Dolch die Wunde nicht sehe, die er macht,
noch der Himmel durch den Vorhang der Finsterniß guke, und ruffe:
Halt, halt! --
(Macbeth tritt auf.) Grosser Glamis!  würdiger Cawdor!

(Sie umarmt ihn.)

Grösser als beydes durch den Gruß der auf diese folgte!  Dein
Schreiben hat mich aus dieser armseligen Zeit hinweggerükt, und ich
fühle im Gegenwärtigen schon das Künftige.

Macbeth.
Theurste Liebe, Duncan kommt diese Nacht hieher.

Lady.
Und wenn geht er wieder?

Macbeth.
Morgen, wie er sich vorgesezt hat.

Lady.
O nimmer soll die Sonne diesen Morgen sehn!  Euer Gesicht, mein
Than, ist wie ein Buch, worinn man gefährliche Dinge lesen könnte.
Heißt euer Gesicht aussehen, wie es die Zeit erfordert; traget
freundlichen Willkomm in euern Augen, auf eurer Zunge, in eurer
Hand; seht wie die unschuldige Blume, aber seyd die Schlange unter
ihr.  Geht, und sorget für die Aufnahme dessen der kommen soll, und
überlasset meiner Sorge das grosse Geschäfte dieser Nacht, welches
allen unsern künftigen Tagen und Nächten die ungetheilte und
unumschränkte Herrschaft geben soll.

Macbeth.
Wir wollen mehr davon reden.

Lady.
Seht nur heiter aus; Furcht ist immer ein Hinderniß des Glüks;
überlaßt alles andre mir.

(Sie gehen ab.)



Achte Scene.
(Vor Macbeths Schloß-Thor.)
(Hautbois und Fakeln.  Der König, Malcolm, Donalbain, Banquo,
 Lenox, Macduff, Rosse und Angus, samt Gefolge treten auf.)


König.
Dieses Schloß hat eine angenehme Lage, die Luft empfiehlt sich
durch ihre Feinheit und Milde unserm allgemeinen Sinn.

Banquo.
Dieser Gast des Sommers, die Tempel-bewohnende Mauer-Schwalbe,
beweist durch seine Liebe zu diesem Aufenthalt, daß des Himmels
Athem hier lieblich schmekt.  Ich sehe keine hervorragende Friesen,
keine Verzahnung und keinen Strebe-Pfeiler hier, wo dieser Vogel
nicht sein hangendes Bette, die Wiege für seine Jungen, gemacht
hätte; und ich habe bemerkt, daß an den Orten, wo sie sich am
liebsten aufhalten, die Luft allemal vorzüglich mild ist.  (Lady
Macbeth zu den Vorigen.)

König.
Seht hier unsre edle Wirthin!  Die Liebe die uns folgt, macht uns
zuweilen Unruh, aber wir danken ihr doch, weil es Liebe ist.  Laßt
euch dieses zum Beweggrund dienen, uns gerne zu haben, ob wir euch
gleich Unruhe machen.

Lady.
Alle unsre Dienste, in jedem Stük zweymal verdoppelt, wären noch
immer arm und unvermögend, die grosse Ehre zu erkennen, womit Eu.
Majestät unser Haus begnadigt.  Es bleibt uns nichts übrig, als für
die alten Gnaden-Bezeugungen sowol, als die neuen, die über jene
aufgehäuft worden, eure armen Fürbitter zu bleiben.

König.
Wo ist der Than von Cawdor?  Wir folgten ihm an den Fersen nach,
und nahmen uns vor, seinen Haus-Meister zu machen: Aber er reitet
gut, und seine Liebe zu uns hat ihm so schnelle Flügel angesezt,
daß er vor uns angekommen ist.  Schöne und edle Wirthin, wir sind
euer Gast auf diese Nacht.

Lady.
Eure Majestät hat über ihre Diener und alles was ihr ist, als über
ihr Eigenthum zu befehlen; wir können nichts geben, das wir nicht
von ihr empfangen hätten.

König.
Gebt mir eure Hand, und führt mich zu meinem Wirth; wir lieben ihn
höchlich, und was wir bisher für ihn gethan haben, ist nur ein
Anfang der Beweise unsrer Huld, die wir ihm vorbehalten.  Mit eurer
Erlaubniß, Wirthin--


(Sie gehen ab.)



Neunte Scene.
(Ein Zimmer in Macbeths Schloß.)
(Hautbois, Fakeln.  Verschiedene Bediente gehen mit Tellern und
Speisen über den Schauplaz.  Nach einer Weile erscheint Macbeth.)

Macbeth (allein.)
Wenn* alles vorbey wäre, wenn es gethan ist, so wär's gut, wenn's
schnell gethan würde; wenn der Meuchelmord zugleich die Folgen
auffischen könnte, und dieser einzige Streich hier alles enden
würde--so möchten wir Muth haben hier auf diesem Sandbank der Zeit
über das künftige Leben wegzuspringen.  Aber in solchen Fällen
empfangen wir gemeiniglich unser Urtheil schon hier, indem wir
andern einen blutigen Unterricht geben, der zulezt auf des
Erfinders eignen Kopf zurük fällt.  Die gleich-messende
Gerechtigkeit nöthigt uns, die Hefen unsers eignen Gift-Kelchs
auszutrinken--Er sollte gedoppelt sicher seyn; einmal weil ich sein
Verwandter und Vasall bin, beydes starke Beweggründe gegen die That:
Hernach als sein Wirth, der, anstatt den Streich selbst zu führen,
die Thüre vor seinem Mörder verschliessen sollte.  Überdem hat
dieser Duncan so milde regiert, hat sein grosses Amt so untadelich
verwaltet, daß seine Tugenden, wie Engel, mit Trompeten-Zungen
tiefe Verdammniß über seine Wegraffung ausruffen werden; und
Mitleiden, gleich einem nakten neugebohrnen Kind, oder wie des
Himmels Cherubim, auf den unsichtbaren Rossen der Luft reitend, die
entsezliche That in jedes Antliz blasen wird, bis Thränen den Wind
ersäuffen--Ich habe keinen Sporn, der den Lauf meines Vorhabens
treibt, als allein den Ehrgeiz, der sich selbst überspringt, und
auf einen andern einstürzt--

{ed.-* Der erste Theil dieser Rede ist auch nach einer Restauration,
die wir Popen zu danken haben, eine der dunkelsten in unserm Autor.}



Zehnte Scene.
(Lady Macbeth tritt auf.)


Macbeth.
Wie steht's?  Was giebt's Neues?

Lady.
Er hat beynahe abgespeist; warum habt ihr das Zimmer verlassen?

Macbeth.
Fragte er nach mir?

Lady.
Ich dachte, man hätt' es euch gesagt.

Macbeth.
Wir wollen nicht weiter in dieser Sache gehen.  Er hat mich
kürzlich mit Ehren-Zeichen überhäuft; und ich habe goldne Meynungen
von allen Arten von Leuten gekauft, die nun in ihrem neuesten Glanz
getragen, und nicht so früh bey Seite geworfen seyn wollen.

Lady.
War die Hoffnung trunken, die euch vor kurzem so entschlossen
machte?  Hat sie seitdem geschlaffen, und erwachte sie nun, um so
bleich und grün beym Anblik dessen, was sie vorher liebte
auszusehen?  Wie?  fürchtest du derjenige in der That zu seyn, der
du zu seyn wünschest?  Strebest du nach dem, was du für die Zierde
des Lebens ansiehst, und willst in deinen eignen Augen als eine
Memme leben?--Ich habe das Herz nicht, (armseliger Gedanke!) ob ich
gleich gerne wollte; gleich der armen Kaze im Sprüchwort, (die
gerne Fische fienge, wenn sie nur die Füsse nicht naß machen müßte.)

Macbeth.
Ich bitte dich, halt ein.  Ich habe zu allem Muth, was einem Mann
anständig ist; wer mehr hat, ist keiner.

Lady.
Was für ein Thier war denn das, das euch antrieb, mir die erste
Eröffnung von diesem Vorhaben zu thun?  Als ihr den Muth hattet es
auszuführen, da war't ihr ein Mann; und wenn ihr mehr wäret was ihr
waret, so würdet ihr um so viel mehr Mann seyn.  Damals bot sich
euch weder Zeit noch Ort an, und ihr wolltet beyde machen; sie
haben sich selbst gemacht, und ihre Bereitwilligkeit schrekt euch
ab--Ich habe Kinder gesäugt, und weiß wie zärtlich die Liebe zu dem
Säugling ist, der an meiner Brust trinkt; aber ich wollte--ja
Macbeth!  indem er mich liebkosend angelächelt hätte, wollt' ich
meine Warze aus seinem beinlosen Kiefer gezogen, und ihm das Hirn
ausgeschlagen haben, wenn ich es so geschworen hätte, wie ihr das
geschworen habt.

Macbeth.
Wenn es uns mißlünge--

Lady.
Mißlingen?  Führt es nur mit Standhaftigkeit aus, so kan es nicht
mißlingen.  Wenn Duncan schläft, (und die starke Tagreise wird
seinen Schlaf befördern;) so will ich seine beyden Kammer-Herren
mit Wein und Gesundheiten so zurichten, daß ihr Gedächtniß, der
Wächter des Gehirns, ein Dunst seyn soll, und ihre Vernunft ein
blosser Distillier-Kolbe; wenn in schweinischem Schlaf ihre
ertränkten Kräfte wie im Tode ligen, was können nicht ihr und ich
mit dem unbewachten Duncan anfangen?  Was können wir nicht seinen
vollen Bedienten thun, welche die Schuld unsrer That tragen sollen?

Macbeth.
Welch ein Weib!  bringe mir keine Töchter!  aus deinem Metall
müssen nur Männer gebildet werden!--Glaubst du nicht, sie werden
für die Thäter angesehen werden, wenn wir sie, indem sie schlafen,
mit Blute beschmieren, und ihre eigne Dolche zu der That gebrauchen?

Lady.
Wer wird, bey dem Geschrey und Wehklagen, das wir erheben wollen,
sich unterstehen anders zu denken?

Macbeth.
Ich bin entschlossen, Weib, und alle meine Sehnen strengen zu
dieser furchtbaren That sich an.  Komm, und laß uns unser Vorhaben
unter die schönste Larve verbergen!

(Sie gehen ab.)




Zweyter Aufzug.



Erste Scene.
(Ein Saal in Macbeths Schlosse.)
(Banquo und Fleance, der ihm eine Fakel vorträgt.)


Banquo.
Wie weit ists schon in der Nacht?  Junge?

Fleance.
Der Mond ist unter: ich habe die Gloke nicht gehört.

Banquo.
Sie geht auf Zwölfe.

Fleance.
Ich denk' es ist später, Gnädiger Herr.

Banquo.
Hier, nimm mein Schwert.  Man ist häuslich im Himmel; ihre Lichter
sind alle aus--Nimm das auch dazu.  Eine schwere Schläfrigkeit ligt
wie Bley auf mir, und doch möcht ich nicht gerne schlafen.  Ihr
wohlthätigen Mächte!  entfernt die bösen Gedanken von mir, denen
die schlummernde Natur wehrlos ausgesezt ist--
(Macbeth und ein Bedienter mit einer Fakel.) Gieb mir mein Schwert--
Wer ist hier?

Macbeth.
Ein Freund.

Banquo.
Wie, Sir, noch nicht zu Bette?  Der König ruht schon.  Er ist diese
Nacht ausserordentlich frölich gewesen, und hat euern Haus-
Officianten grosse Geschenke gemacht; diesen Diamant sandte er
eurer Gemalin, die er seine angenehmste Wirthin grüssen ließ, und
zog sich über die massen vergnügt in sein Schlafgemach zurük.

Macbeth.
Da wir keine Zeit hatten, Zubereitungen zu machen, so sind wir kaum
vermögend gewesen, unsern guten Willen zu zeigen--


Banquo.
Es war alles wohl.  Vergangne Nacht träumte mir von den drey Zauber-
Schwestern: Euch haben sie doch etwas Wahres gesagt.

Macbeth.
Ich denke nicht an sie; und doch, wenn wir eine gelegne Stunde
finden könnten, so möchte ich ein paar Worte von dieser Sache mit
euch reden.  Nennet nur die Zeit.

Banquo.
Nach eurer Gelegenheit.

Macbeth.
Wenn ihr meine Maaßnehmungen, nachdem ich sie bey mir selbst
festgesezt haben werde, unterstüzen wollt, so sollt ihr Ehre dabey
gewinnen.

Banquo.
In so fern ich sie nicht verliere, indem ich sie zu vermehren suche,
und mein Herz und meine Pflicht dabey frey behalte, so bin ich zu
euern Diensten.

Macbeth.
Gute Nacht indessen.

Banquo.
Ich danke euch, Sir; ebenmäßig--

(Banquo und Fleance gehen ab.)

Macbeth (zum Bedienten.)
Geh, sage deiner Gebieterin, wenn mein Trank fertig sey, solle sie
die Gloke ziehen lassen, und geh zu Bette--Ist diß ein Dolch was
ich vor mir seh, der Griff gegen meine Hand gekehrt?  Komm, laß
mich dich fassen.  Ich habe dich nicht, und sehe dich doch immer.
Bist du, fatales Gesichte, nicht eben so fühlbar wie du sichtbar
bist?  Oder bist du nur ein Dolch meiner Seele, ein täuschendes
Geschöpfe des fiebrisch-erhizten Gehirns?  Immer seh ich dich, in
eben so körperlicher Gestalt als dieser den ich hier ziehe.  Du
zeigst mir den Weg den ich gehen wollte, und ein solches Werkzeug
wie du bist, wollt' ich gebrauchen.  Entweder sind meine Augen die
Narren meiner übrigen Sinne, oder die andern alle werth--Ich seh
dich immer, und auf deiner Klinge Bluts-Tropfen, die zuvor noch
nicht waren--Es ist nichts würkliches--es ist das blutige Werk
meiner Seele, das sich so in meinen Augen mahlt--Izt scheint auf
der Hälfte der Welt die Natur todt, und schlimme Träume mißbrauchen
den eingehüllten Schlaf; izt begeht die Zauberey den furchtbaren
Dienst der blassen Hecate, und der gräßliche Mord, (von seinem
heulenden Wächter, dem Wolf, aufgewekt,) geht mit Tarquins
räuberischem Schritte, wie ein Gespenste, seinem Werk entgegen.  Du
feste, unbewegliche Erde, höre meine Tritte nicht, wohin sie gehen,
damit nicht deine Steine selbst dieses schrekliche Stillschweigen
unterbrechen, das sich so wol zu meinem Vorhaben schikt, und
verrathen, warum Macbeth wacht--Ich drohe hier, und er lebt
indessen--

(Die Gloke schlägt an.)

Ich gehe, und es ist gethan; die Gloke ruft mir.  Höre sie nicht,
Duncan, denn es ist die Gloke, die dich gen Himmel oder zur Hölle
citiert.

(Er geht ab.)



Dritte* Scene.
(Lady Macbeth tritt auf.)

{ed.-* Der Übersetzer hat die erste mit der zweiten Scene
zusammengefaßt.}


Lady.
Das, was sie trunken machte, hat mich kühn gemacht; was ihr Feuer
auslöschte, fachte das meinige an.  Horch!  Stille!  es war eine
Eule, die schrie, der fatale Nachtwächter, der uns die gräßlichste
gute Nacht giebt--Er hat es vollbracht--die Thüren sind offen, und
die überfüllten Kämmerer spotten ihres Amts mit Schnarchen.  Ich
habe ihnen einen so kräftigen Schlaftrunk zubereitet, daß Tod und
Natur sich um sie zanken, ob sie leben oder gestorben seyen.
(Macbeth tritt auf.)

Macbeth.
Wer ist hier?--he!

Lady.
O weh!  ich fürchte, sie sind aufgewacht, und es ist nicht gethan;
der Vorsaz, nicht die That wird uns zu Grunde richten--horch!  ich
legte ihre Dolche neben sie, er mußte sie finden--Hätte er nicht,
wie ich ihn schlaffen sah, meinem Vater gleich gesehen, ich hätt'
es selbst gethan--Mein Gemahl!

Macbeth.
Sie ist gethan, die That!--Hörtest du kein Getöse?

Lady.
Ich hörte die Eule heulen, und die Feldgrillen schreyen--Sagtet ihr
nicht was?

Macbeth.
Wenn?

Lady.
Eben izt.

Macbeth.
Wie ich herab kam?

Lady.
Ja.

Macbeth.
Horcht!  wer ligt im andern Zimmer?

Lady.
Donalbain.

Macbeth (sieht seine Hände an.)
Das ist ein trauriger Anblik!

Lady.
Ein närrischer Gedanke, es einen traurigen Anblik zu heissen.

Macbeth.
Der eine lachte in seinem Schlaf, und einer schrie: Mörder!  Sie
wekten einander auf; und ich stuhnd und hörte ihnen zu; aber sie
sagten ihr Nacht-Gebett her, und schlieffen wieder ein.

Lady.
Es sind zween, die beysammen ligen.

Macbeth.
Der eine schrie: Gott helf uns!  und Amen; der andre, wie sie mich
mit diesen Henkers-Händen sahen: Ich hörte zu, aber ich konnte
nicht Amen!  sagen, wie sie sagten: Gott helf uns!

Lady.
Denkt ihm nicht so tief nach.

Macbeth.
Aber warum konnt' ich nicht Amen!  sagen?  Es war als ob es mir im
Hals steken bliebe--

Lady.
Man muß solchen Thaten nicht auf eine solche Art nachdenken; das
würde uns unsinnig machen.

Macbeth.
Es war mir auch nicht anders, als hörte ich eine Stimme, die dem
Schlafenden zurief.  Schlafe nicht länger!  Macbeth ermordet den
Schlaf, den unschuldigen Schlaf; den Schlaf, der die Stirne des
Kummers entrunzelt, die Geburt von jedes folgenden Tages Leben, den
Balsam verwundeter Gemüther, die heilsamste Erquikung der Natur,
und die nahrhafteste Speise im Gastmahl des Lebens--

Lady.
Was wollt ihr mit allem dem?

Macbeth.
Es war immer als ob es im ganzen Hause schreye: Wacht auf, schlaft
nicht mehr; Glamis hat den Schlaf ermordet, und dafür soll Cawdor
nicht mehr schlafen; Macbeth soll nicht mehr schlaffen!

Lady.
Wer rief denn so?  Wie, mein edler Than, was für fieberhafte, euers
Helden-Muths unwürdige Einbildungen sind das?  Geht, nehmt ein
wenig Wasser, und waschet diese garstige Zeugschaft von euern
Händen.  Warum brachtet ihr diese Dolche mit euch; sie müssen dort
ligen bleiben.  Geht, tragt sie wieder hin, und beschmiert die
schlaffenden Kämmerer mit Blut.

Macbeth.
Ich gehe nicht; ich erschreke vor dem Gedanken was ich gethan habe;
seht ihr dazu, ich habe das Herz nicht.

Lady.
Schwache Seele!  Gebt mir die Dolche; Schlaffende und Todte sind
nur Gemählde; nur Kinder fürchten sich vor einem gemahlten Teufel.
Wenn er blutet, so will ich die Gesichter der Kämmerlinge damit
übergülden; denn sie müssen für die Thäter angesehen werden.

(Sie geht ab.)
(Man hört ein Klopfen hinter der Scene.)

Macbeth (auffahrend.)
Woher dieses Klopfen!--Was wird aus mir werden, wenn jeder Laut mir
zu ruffen scheint: Was für Hände sind das?  Ha!  Sie reissen mir
meine Augen aus!  Kan des grossen Neptuns ganzer Ocean dieses Blut
von meiner Hand waschen?  Nein, eh würde diese meine Hand deine
unermeßliche See zu Purpur machen--
(Lady Macbeth kommt zurük.)

Lady.
Meine Hände haben die Farbe der eurigen, aber ich schäme mich, ein
so weisses Herz zu tragen--

(Ein Klopfen.)

Ich hör' ein Klopfen, von der südlichen Pforte her.  Wir wollen
uns in unser Gemach zurük ziehn; ein wenig Wasser wird uns von
dieser That reinigen.  Wie leicht ist sie also?  Eure
Standhaftigkeit hat euch ganz verlassen--Horcht, es klopft schon
wieder!  Geht und hüllt euch in euern Schlafrok ein, sonst möcht'
uns die Gelegenheit ruffen, und zeigen daß wir gewacht haben;
verliehrt euch nicht so armselig in euern Gedanken.

Macbeth.
Wollte der Himmel, ich könnte das Bewußtseyn dieser That oder
meiner selbst verliehren!  Erwache, Duncan, von diesem Klopfen: Wie
wollt' ich, du könntest!

(Sie gehen ab.)



Vierte Scene.
(Ein Thürhüter tritt auf.)
(Man hört klopfen.)


Thürhüter.
Das heißt Klopfen, in der That: wenn einer Pförtner am Thor der
Hölle wäre, man könnt' ihm's nicht ärger machen--

(Man hört klopfen.)

Knak!  Knak!  Knak!  Wer ist da, in Beelzebubs Namen?--ein Pachter,
der sich vor Verdruß daß er nicht reicher werden konnte aufhieng--
Nur herein, aber es wird gut seyn, wenn ihr euch mit Handtüchern
versehen habt, denn hier werdet ihr dafür schwizen.

(Abermaliges Klopfen.)

Knak!  Knak!  Wer ist hier, ins T..  Namen?  Mein Treu!  ein
J*s**t, der vermittelst einer Distinction oder einer doppelten
Meynung Ja und Nein beschwören kan, der Verräthereyen genug um
Gottes willen begangen hat, und mit allen seinen Subtilitäten sich
doch nicht hat in den Himmel hineinlügen können.

(Ein Klopfen.)

Knak!  Knak!  Knak!  Wer ist da?--Sapperment, hier ist ein
Englischer Schneider, der hieher geschikt worden ist, weil er aus
einer Französischen Hose gestohlen hat: Nur herein Schneider, ihr
könnt hier eure Gänse braten--

(Ein Klopfen.)

Knak!  Knak!  wird das immer so fortmachen?  Aber für eine Hölle
ist es hier zu kalt; ich will nicht länger den Teufels-Pförtner
machen: ich dachte, ich wollte nach und nach alle Profeßionen
hereingelassen haben, die den breiten Rosen-Weg zum ewigen Freuden-
Feuer wandeln.

(Ein Klopfen.)

Noch einmal; noch einmal; ich bitte euch, vergeßt den Pförtner
nicht.

(Er macht auf.)

(Macduff und Lenox treten auf.)

Macduff.
Seyd ihr so spät zu Bette gegangen, daß ihr so lange liegt?

Pförtner.
In der That, Sir, wir zechten bis zum zweyten Hahnen-Ruf; und
Trinken, Sir, ist ein grosser Beförderer von drey Dingen.

Macduff.
Was für drey Dinge, zum Exempel, befördert das Trinken?

Pförtner.
Sapperment, Sir, rothe Nasen, Schlaf und Urin.  Was die Unzucht
betrift, Sir, diese befördert es und befördert es auch nicht; es
reizt die Begierde, aber es verhindert die Vollbringung.  Deßwegen
kan man sagen, daß ein Rausch in diesem Stük den Doppel-Sinner
mache; er spornt an, und schrekt ab; er überredet, und nimmt den
Muth; er wigelt auf, und schlägt nieder; bis sich das Spiel zulezt
damit endet, daß er einen zu Boden legt, für todt ligen läßt, und
davon geht.

(Hier muß man etliche Zeiten überhüpfen, die in Wortspielen
bestehen.)

Macduff.
Ist dein Herr schon auf?  Unser Klopfen hat ihn aufgewekt, hier
kommt er.  (Macbeth zu den Vorigen.)

Lenox.
Guten Morgen, edler Sir.

Macbeth.
Ich wünsche beyden einen guten Morgen.

Macduff.
Ist der König schon erwacht, edler Than?

Macbeth.
Noch nicht.

Macduff.
Er befahl mir, ich sollt' ihn frühzeitig weken lassen, und es ist
würklich fast um eine Stunde später.

Macbeth.
Ich will euch zu ihm führen.

Macduff.
Ich weiß, daß es euch eine angenehme Mühe wäre, aber es ist doch
eine Mühe.

Macbeth.
Eine Arbeit, die uns angenehm ist, heilt ihre Mühe; hier ist die
Thüre.

Macduff.
Ich will so frey seyn, und ruffen; denn das erlaubt mir mein Amt.

(Macduff geht ab.)

Lenox.
Reist der König heute wieder ab?

Macbeth.
So bestellte er's.

Lenox.
Diese Nacht war eine unruhige Nacht; in dem Gemach, wo wir lagen,
wurde das Camin herunter geweht; und, wie sie sagen, so hörte man
ein klägliches Geschrey in der Luft, und gräßliche Todes-Stimmen.
Fürchterliche Propheten (im Ohr des Aberglaubens) von Verwirrung,
Staats-Veränderungen, Fall, und Untergang.  Die Eule schrie die
ganze Nacht durch, und einige sagen, die Erde selbst habe in
fieberhaftem Schauer gezittert.

Macbeth.
Es war eine ungestüme Nacht.

Lenox.
Ich bin nicht alt genug, mich einer ähnlichen erinnern zu können.
(Macduff zu den Vorigen.)

Macduff.
O!  Entsezlich, Entsezlich!  Entsezlich!  Keine Zunge, kein Herz
kan es fassen noch aussprechen.

Macbeth und Lenox.
Was ist's dann?

Macduff.
Der Frevel hat sein Meisterstük gemacht; eine gottesvergessne
Mörder-Hand hat den geweyhten Tempel des Herrn aufgebrochen, und
das geheiligte Leben daraus gestohlen.

Macbeth.
Was wollt ihr damit sagen?  das Leben?

Lenox.
Meynt ihr seine Majestät?

Macduff.
Geht hinein, und erstarret vor einer neuen Gorgone--Verlangt nicht,
daß ich es aussprechen soll; seht, und dann redet selbst:

(Macbeth und Lenox gehen ab)

Erwacht!  Erwacht!  Schlagt die Sturmgloke!--Mord und Hochverrath!
Banquo!  Donalbain!  Malcolm!  Erwacht!  Schüttelt diesen
pflaumichten Schlaf ab, des Todes Ebenbild, und seht den Tod selbst--
Auf, auf, und seht das Vorspiel des grossen Gerichts!--Malcolm!
Banquo!  Steht wie aus euern Gräbern auf, und schreitet wie Geister
daher, die entsezliche Scene anzuschauen--



Fünfte Scene.
(Man läutet die Gloke.)
(Lady Macbeth tritt auf.)


Lady.
Was ist die Ursache, daß eine so fürchterliche Trompete die
Schläfer des Hauses auffordert?  Redet!

Macduff.
Schöne Lady, es taugt nicht für euch zu hören, was ich sagen kan.
Ein weibliches Ohr damit zu schreken, würde ein zweyter Mord seyn--
O Banquo!  Banquo!  (Banquo zu den Vorigen.) Unser König und Herr
ist ermordet.

Lady.
Hilf Himmel!  Was, in unserm Hause?

Banquo.
Entsezlich genug, wo es seyn möchte.  Macduff, ich bitte dich,
widersprich dir selbst, und sag, es sey nicht so.  (Macbeth, Rosse
und Lenox zu den Vorigen.)

Macbeth.
O!  wär ich nur eine Stunde vor diesem Unfall gestorben, so hätt
ich glüklich gelebt!  Denn, von diesem Augenblik an, ist nichts
schäzbares mehr in der Sterblichkeit; alles ist nur Puppen-Werk;
Ehre und Gnade sind todt; der Wein des Lebens ist abgezogen, und
die blosse Hefen ist in dieser Cloak der Welt zurükgeblieben--
(Malcolm und Donalbain treten auf.)

Donalbain.
Was für ein Unglük ist dann begegnet?

Macbeth.
Ihr seyd verlohren, und wißt es nicht; die Quelle euers Bluts ist
verstopft--

Macduff.
Euer Königlicher Vater ist ermordet.

Malcolm.
Oh!  von wem?

Lenox.
Seine Kämmerlinge, wie es scheint, sind die Thäter; ihre Hände und
Gesichter waren überall mit Blute beschmiert; so waren auch ihre
Dolche, die wir unabgewischt, auf ihren Küssen fanden, sie sahen
wild aus, und waren nicht bey sich selber, es getraute sich niemand
ihnen nahe zu kommen.

Macbeth.
O, izt reut es mich, daß ich sie in meiner ersten Wuth umgebracht
habe--

Macduff.
Warum thatet ihr das?

Macbeth.
Wer kan in dem nehmlichen Augenblike weise und verwirrt, ruhig und
rasend, getreu und gleichgültig seyn?  Niemand.  Die Würkung meiner
heftigen Liebe überrannte die zaudernde Vernunft.  Hier lag Duncan;
seine Silber-Haut mit seinem goldnen Blut verbrämt, und seine
weitofnen Wunden wie Lüken in der Natur, wodurch das Verderben
einbricht; hier, die Mörder, in die Farbe ihres Handwerks gekleidet,
ihre Messer unmännlich mit geronnenem Blute bemahlt--Welcher, der
ein Herz für seinen König hatte, und in diesem Herzen Muth, diese
Liebe zu beweisen, hätte sich da zurükhalten können?

Lady Macbeth.
Helft mir von hier, oh!--

(Sie thut als ob sie ohnmächtig werde.)

Macduff.
Habt auf die Lady acht--

Malcolm.
Warum schweigen wir, wir, die dieses Trauerspiel am nächsten angeht?

Donalbain.
Was läßt sich hier sagen, wo unser Verderben, in einem Bohrer-Loch
verborgen, alle Augenblike hervorstürmen und uns fassen kan.
Hinweg von hier, es ist izt keine Zeit zu Thränen.

Banquo.
Sorget für die Lady--

(Sie wird hinweggeführt.)

Und wenn wir erst unsre nakte Gebrechlichkeit verborgen haben,
dann laßt uns wieder zusammenkommen, und dieser gräßlichen
Blutschuld genauer nachfragen.  Furcht und Zweifel erschüttern uns.
Hier in Gottes grosser Hand steh ich, und erkläre mich von da den
unversöhnlichen Gegner des verhüllten Thäters dieser ungeheuern
That.

Macbeth.
Das thue ich auch.

Alle.
Das thun wir alle.

Macbeth.
Sobald wir angekleidet und bewafnet sind, wollen wir in der Halle
zusammenkommen.

Alle.
Wir sind's zufrieden.

(Sie gehen ab.)

Malcolm.
Was habt ihr im Sinn?  Ich halt' es nicht vor rathsam, uns ihnen
anzuvertrauen.  Einen Schmerz zu zeigen, den man nicht fühlt, ist
eine Pflicht, die dem Unredlichen nicht schwer ankommt.  Ich will
nach England.

Donalbain.
Ich, nach Irland.  Getrennt werden wir beyde sichrer seyn; wo wir
sind, seh ich lauter Dolche, unter freundlichem Lächeln verstekt,
in jedem Antliz; je näher am Blut, je gefährlicher.

Malcolm.
Dieser mördrische Wurfpfeil, der unsern Vater traf, wird noch immer
geschwungen; und das sicherste ist, ihm auszuweichen.  Also, zu
Pferde; laß uns keine Zeit mit Abschiednehmen verliehren; es ist
erlaubt sich selbst wegzustehlen, wo der kleinste Verzug den Tod
bringen kan.

(Sie gehen ab.)



Sechste Scene.
(Ein Plaz vor Macbeths Schlosse.)
(Rosse, mit einem alten Mann, tritt auf.)


Der alte Mann.
Von Siebenzig Jahren her kan ich mich noch wohl besinnen, und in
dieser langen Zeit hab ich fürchterliche Stunden gesehen, und
seltsame Dinge: aber diese schrekliche Nacht hat alles was ich
vormals gekannt habe, zu Kleinigkeiten gemacht.

Rosse.
Ach, guter Vater, du siehst, die Himmel hangen dräuend über diesen
blutigen Schauplaz herab; der Gloke nach ist's Tag, und doch dämpft
finstre Nacht die wandernde Lampe; Macht es die Übermacht der
Nacht, oder die Schaam des Tages, daß dieses nächtliche Dunkel das
Antliz der Erde begräbt, wann lebendes Licht es küssen sollte?

Alter Mann.
Es ist unnatürlich, wie die That, die gethan ist.  Lezten Dienstag
ward ein Falke, der im Stolz seines Geschlechts thurmhoch
daherschwebte, von einer mausenden Eule angefallen und getödtet.

Rosse.
Und Duncans Pferde, (die Sache ist so gewiß als sie wunderbar ist!)
diese schönen Thiere, die Zierde ihrer Gattung, wurden plözlich
wild, brachen aus ihren Ställen, schossen wütend umher, und
kämpften unbändig dem Gehorsam entgegen, als ob sie einen Krieg mit
dem Menschen fuhren wollten.

Alter Mann.
Man sagt, sie hätten einander ausgefressen.

Rosse.
Das thaten sie; kaum traute ich meinen eignen Augen, aber ich sah
es selbst.  (Macduff zu den Vorigen.) Hier kommt der wakere Macduff.
Wie geht die Welt, Sir?

Macduff.
Wie, seht ihr's nicht?

Rosse.
Weiß man, wer die That gethan hat?

Macduff.
Sie, die Macbeth erschlug.

Rosse.
Götter!  was für einen Vortheil konnten sie davon erwarten?

Macduff.
Sie waren bestochen; Malcolm und Donalbain, des Königs Söhne, sind
heimlich entflohen, und haben sich dadurch der That verdächtig
gemacht.

Rosse.
Immer wider die Natur--Unselige Herschsucht, daß du gegen den
Ursprung deines eignen Lebens dich empören kanst!--also wird
vermuthlich die Crone auf Macbeth fallen.

Macduff.
Er ist würklich ausgerufen, und zur Crönung nach Scone abgegangen.

Rosse.
Wo ist Duncans Leiche?

Macduff.
Nach Colmes-Hill gebracht, der geheiligten Gruft, wo die Gebeine
seiner Väter ruhen.

Rosse.
Geht ihr nach Scone?

Macduff.
Nein, Vetter, ich will nach Fife.

Rosse.
Gut, so will ich dahin.

Macduff.
Wohl, ich wünsche, daß ihr die Sachen dort nach Wunsch antreffet;
lebet wohl!  Leicht können uns unsre alten Röke bequemer gesessen
haben, als die neuen!

Rosse.
Lebet wohl, Vater.

Alter Mann.
Gottes Segen geh mit euch, und mit allen, die gern aus Bösem Gutes,
und aus Feinden Freunde machten!

(Sie gehen ab.)




Dritter Aufzug.



Erste Scene.
(Ein Zimmer im Palast.)
(Banquo tritt auf.)
                
Go to page: 123
 
 
Хостинг от uCoz